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Anita Blake 12 - Nacht der Schatten

Anita Blake 12 - Nacht der Schatten

Titel: Anita Blake 12 - Nacht der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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legen. Ich blickte ihm aus nächster Nähe in die Augen, und sie waren voller Versprechungen, Wünsche und Hoffnungen.
     
    »Polizei!«, brüllte jemand.
     
    Ich schrie: »Nicht schießen, die Einbrecher sind weg. Wir haben Verletzte.« Ich schob Micah neben mich, damit er sich auf die Arbeitsplatte stützen konnte, dann hob ich die Hände über den Kopf und ging vorsichtig auf den Durchgang zum Wohnzimmer zu. Ich musste über die Leichen hinweg steigen, um mich den beiden Polizisten zu zeigen, die in der offenen Haustür in die Hocke gegangen waren. Wäre ich ein großer, breitschultriger Mann gewesen, hätten sie vielleicht geschossen, nicht unbedingt überlegt - schließlich sah man in Jefferson County nicht jeden Tag drei Leichen auf einem Haufen. Doch ich war eine kleine, einigermaßen freundlich aussehende,
     
    unbewaffnete Frau. Und ich redete ununterbrochen, während ich auf sie zuging. Dinge wie: »Sie haben uns überfallen. Wir haben Verletzte. Wir brauchen einen Notarzt. Gott sei Dank, dass Sie gekommen sind. Die Sirenen haben sie verjagt.« Ich plapperte, bis ich mir sicher war, dass sie nicht schießen würden, doch dann begann erst das eigentlich Schwierige. Wie sollte ich die fünf Leichen in meiner Küche erklären, zumal einige nicht mal menschlich aussahen? Ich hatte keinen blassen Schimmer.
     

41
     
    Zwei Stunden später saß ich auf meiner Couch und redete mit Zerbrowski. Er sah aus wie immer, als hätte er sich hastig im Dunkeln angezogen, sodass nichts zusammenpasste. Obendrein hatte er den Schlips mit dem Fleck erwischt anstatt den, den er eigentlich umbinden wollte. Katie, seine Frau, war eine saubere, ordnungsliebende Person, und mir war schon lange schleierhaft, wie sie Zerbrowski erlauben konnte, so aus dem Haus zu gehen. Na gut, vielleicht war das keine Frage des Erlaubens; vielleicht war es eher eine dieser Schlachten, die man nach ein paar Jahren aufgibt, weil sie nicht zu gewinnen sind.
     
    Caleb saß am anderen Ende der Couch in eine Decke gewickelt, die wir vorn Bett geholt hatten. Laut der Sanitäter, die Claudia mitgenommen hatten, hatte er einen Schock. Jede Wette, dass er zum ersten Mal in die Mündung einer Schrotflinte geblickt hatte. Nur sein Haarschopf und die braunen Augen guckten noch aus der Decke heraus. Er sah aus wie ein Zehnjähriger. Ich hätte ihn getröstet, aber Zerbrowski wollte mich nicht mit ihm reden lassen, auch mit niemand anderem. Merle lehnte neben der Couch an der Wand und beobachtete alles mit undurchdringlicher Miene. Die Polizisten schossen ihm immer wieder Blicke zu, während sie im Zimmer ihren Job machten. Sie fanden seine Gegenwart beunruhigend, genau wie ich; sein Gewaltpotenzial umwehte ihn wie ein teures Rasierwasser.
     
    Zerbrowski rückte energisch seine Brille zurecht, schob die Hände in die Hosentaschen und blickte auf mich herab. Er stand, ich saß; da war das Herabsehen leicht. »Wenn ich recht verstehe, sind diese Kerle also ins Haus gestürmt, und Sie haben nicht die leiseste Ahnung, warum.«
     
    »So ist es«, sagte ich.
     
    Er starrte mich an. Ich starrte zurück. Wenn er glaubte, ich würde unter seinem stählernen Blick einknicken, dann lag er falsch. Es half allerdings, dass ich wirklich nicht wusste, was der Vorfall zu bedeuten hatte. Ich saß da. Er stand. Wir starrten uns an. Caleb schüttelte sich. Merle beobachtete das Ermittlungsteam.
     
    Eine Menge Leute waren sehr beschäftigt an diesem Tatort. Sie bewegten sich durchs ganze Haus, gingen in die Küche und kamen wieder heraus wie fleißige Ameisen. An einem Tatort laufen immer zu viele Leute herum, selbst wenn keine Schaulustigen da sind. Es sind immer zu viele Polizisten dabei, viel mehr als man braucht. Andererseits weiß man nie, welche Augen, welche Hand das entscheidende Indiz entdeckt. Ich dachte allerdings immer, dass bei dem vielen Hin und Her mehr Spuren vernichtet als gefunden wurden, aber eben nur ich. Ich bin einfach nicht der Team-Typ.
     
    Wir befanden uns in unserer kleinen Oase der Ruhe. Hinter uns ging die Schlafzimmertür auf, und Micah kam heraus. Er trug eine meiner Trainingshosen. Da es sowieso Männerhosen und wir beide gleich groß waren, passten sie perfekt. Er war mein erster Freund, mit dem ich Klamotten tauschen konnte. Es gibt einfach wenige Männer in meiner Größe.
     
    Die Polizei hatte ihn nicht duschen lassen. Seine langen Haare waren zerzaust und verklebt. Von seiner Haut blätterte flockenweise getrockneter Schleim ab. Er warf mir

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