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Ankunft

Ankunft

Titel: Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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Zeigefinger vor ihrer Nase herum – »gab es damals noch keine Delphine.«
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    »Stimmt nicht! Delphine hat es schon immer gegeben!«
    »Nicht solche, wie wir sie kennen, Theo. Moment
    mal, wo war ich stehengeblieben?«
    Theo kauerte sich auf dem Sitz in der Plicht zusammen und lächelte über den versteckten Tadel. Jims Gesicht war von Sonnenfältchen durchzogen, die ihn älter aussehen ließen, doch der mit einem ärmellosen Hemd und Shorts bekleidete Körper war schlank, durchtrai-niert und gebräunt. An Bord eines Schiffs ging er nur barfuß. Seine Zehen waren lang und gelenkig, und einige Male hatte sie gesehen, wie er mit den Zehen ein Tau festhielt.
    »Ach ja, die Deutschen hatten dreihunderttausend
    britische Soldaten am Strand von Dünkirchen festgenagelt. Der Ort lag auf dem europäischen Festland, und da die Briten sich nicht einfach abschlachten lassen oder in einem Kriegsgefangenenlager verrotten wollten, mußten sie einen Weg finden, über den Ärmelkanal in ihre Heimat, England, zu gelangen.«
    »Wie waren sie überhaupt über die Meerenge gekommen?«
    Jim zuckte die Achseln. Er hatte breite, knochige
    Schultern und nur wenige Haare auf der Brust, doch
    Theo mochte das lieber als den dichten Pelz, den sie bei manchen Männern gesehen hatte. »Bei Ausbruch der
    Feindseligkeiten brachten Kriegsschiffe sie zum Kontinent, doch die Häfen in dieser Gegend waren bereits alle von den Deutschen besetzt. In Dünkirchen war das größte Problem, daß der Strand über eine weite Strecke 74
    hinweg sehr flach war, ehe das tiefe Wasser begann.
    Schiffe mit Tiefgang konnten nicht annähernd in die Nähe des Landes gelangen. Es gab lediglich einen
    langen hölzernen Anlegesteg, den die Deutschen im
    Tiefflug mit Bordwaffen beschossen.
    »In ihrer Verzweiflung wateten ein paar Männer hinaus und schwammen zu Schiffen, wo sie dann an Netzen die Bordwände hochkletterten. Dann hatte jemand den Geistesblitz, von England sämtliche verfügbaren kleinen Boote zu holen, hauptsächlich Kähne für Vergnügungsfahrten, die kaum Tiefgang haben. Damit konnte man den Strand erreichen und die Soldaten aufnehmen. Selbst drei Meter lange Segeljollen wurden für die Passage herangezogen. Diese Nußschalen überquerten den Kanal sogar mehrere Male, bis zur völligen Erschöpfung der Mannschaften. Aber alle dreihunderttausend Männer wurden evakuiert. Das nenne ich ein Vorbild an nautischem Geschick und Mut.«
    »Wir müssen keine vierunddreißig Klicks hinter uns
    bringen, sondern beinahe um die halbe Welt segeln«, hielt Theo ihm temperamentvoll entgegen.
    »Richtig, aber dafür befinden wir uns nicht im
    Kriegszustand«, konterte Jim fröhlich.
    »Nein?« mokierte sich Theo und deutete über ihre
    Schulter gen Osten, wo demnächst die todbringenden
    Fäden abzuregnen drohten.
    »Da hast du nicht ganz unrecht«, gab Jim zu. »Obwohl es kein Krieg ist, in dem Menschen aufeinander schießen. Aber ich finde, man sollte jede Reise zuversichtlich und frohen Mutes antreten – und schick doch 75
    bitte mal Dart zu dieser dämlichen Schaluppe mit dem bunten Segel. Wo wollen die denn hin? Sie müssen unverzüglich wieder auf Kurs gehen.«
    Das Ende des Satzes hörte niemand mehr, denn Theo
    war genauso geschmeidig wie ein Delphin über die
    Reling gesprungen und ins Wasser getaucht, wo Dart sie blitzschnell zu dem auf Abwege geratenen Boot brachte.
    Es war erstaunlich, zu welchen Höhen sich der
    menschliche Geist aufschwingen konnte, dachte Jim, als er den Vorgang durch sein Fernglas beobachtete. Theo und Dart erreichten ihr Ziel, und er konnte beinahe die geharnischten Vorwürfe hören, die die Delphineurin austeilte. Wild mit den Armen gestikulierend, zeigte Theo dem jungen Skipper, was er alles falsch gemacht hatte. Wassertretend, eine Hand leicht auf Darts Kopf gestützt, sah sie dann zu, wie der kleine Kahn kreuzte und wieder seine korrekte Position im Konvoi einnahm.
    Erst als Theo, begleitet von Dart, zur Southern Cross zurückschwamm, legte Jim das Fernglas beiseite.
    Als er dann den Blick nach vorn richtete, entdeckte er den Wimpel am Mast der Fünf-Meter-Yawl*, mit der
    Ezra Keroon den Konvoi anführte. Als Seemann hatte
    Ezra nicht viel Erfahrung, doch er war ein erstklassiger Navigator in jedem Medium.
    Jim selbst hatte Seekarten dieser Küstenlinie erstellt und besaß ausgezeichnete Kenntnisse der Gewässer. Es gab weder Riffe noch anderes Gefahrenpotential, das ungeübten Seeleuten zum Verhängnis werden konnte.
    So lange

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