Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
Miretta.«, er winkte dem Kutscher kurz und betrat den Hausflur.
Im gleichen Augenblick, als die Tür wieder von ihr verriegelt wurde, setze Miretta einen Wortschwall frei, der Theodus schier überflutete. Eine Welle aus Vorwürfen, Klagen, Befürchtungen und Verwunderungen brandete um Theodus. Ihm wurde schlagartig wieder bewusst, warum er sich in seinen frühen Jahren so intensiv in der Geduld geschult, was er die ganze Zeit vermisst und dass Miretta niemanden zum Reden hatte, außer ein paar Marktfrauen und eine Nachbarin.
Trotz der vielen Worte tat es Theodus irgendwie gut, dass sich überhaupt jemand um ihn scherte. Als sich die Haushälterin, deren restlicher Körper genauso zierlich wie ihr Kopf war, endlich einigermaßen beruhigt hatte, war der Meister schon seinen Mantel und seine Stiefel los geworden und hatte unter dem großen Kessel in der Küche ein heißes Feuer gezaubert und ihn mit Wasser gefüllt.
Schließlich sah er auch seine Gelegenheit, zu Wort zu kommen, entschuldigte und bedankte sich kurz bei der kleinen Frau, gab ihr einen Kuss auf die Stirn und wies sie an, ihm Tücher, ein Stück Seife und frische Ausgehkleider herauszulegen.
Miretta verstummte augenblicklich, ließ den Mund offen stehen und wollte sich an die Stirn fassen. Kurz vorher ließ sie die Hand wieder sinken. Für einen Moment sah es so aus, als ob sie gleich strahlen würde, doch dann bildete sich eine kleine Falte zwischen ihren Augenbrauen und die beiden funkelnden Lichter darunter verfinsterten sich zusehends. Mit einem hohen Schnauben drehte sie sich auf den Hacken um und verließ rasch das Zimmer.
Theodus hätte beinahe laut herausgelacht. Er war bester Laune und entledigte sich summend seiner Kleider. Als er schon beinahe fertig war, klopfte die Haushälterin an den Türrahmen und betrat mit den Augen am Boden die Küche. Wortlos legte sie das Bündel mit den benötigten Sachen auf den Tisch und zog sich auch gleich wieder zurück.
Erst durch den Dampf des warmen Seifenwassers über der Oberfläche merkte Theodus, wie furchtbar er die ganze Zeit gestunken hatte. Er schämte sich.
Frisch gewaschen und in duftender Garderobe stieg seine Laune dann aber weiter. Theodus überlegte sogar, ob er Miretta nicht zum Essen mitnehmen sollte.
Er verwarf diese Idee allerdings schnell wieder, denn schließlich untersuchte er eine mögliche Unterschlagung im Zuge eines alten Gerichtsprozesses und die Person, der er zu begegnen gedachte, war keine Gesellschaft für Miretta.
Als der herausgeputzte Magier in den Flur trat, legte ihm die Haushälterin den Überwurf auf die Schultern und hielt ihm seinen Hut hin.
»Wie seh‘ ich aus?«, Theodus breitete die Arme aus und deutete eine Drehung an.
»Irgendwie ... verzeiht Herr ... irgendwie anders.«, Miretta sah recht ratlos aus.
»Perfekt.«, der Meister prüfte seine Barschaft, nahm ihr den Hut aus der Hand und setzte ihn auf. Dann griff er nach dem Stock mit dem silbernen Greifenkopf, der in der Ecke lehnte, und öffnete die Tür.
»Geh zu Bett, Miretta, es wird spät.«, er konnte ihr Gesicht nicht mehr sehen, aber wusste ganz genau, dass Miretta Tränen in den Augen hatte, weil sie schon so oft auf ihn gewartet hatte und er so oft nicht gekommen war. Ein kleiner Wehrmutstropfen aus reiner Reue mengte sich zu seiner guten Laune, als er wieder vor das Haus trat.
Die Laune des Kutschers hob sich mit der goldenen Entschädigung für das Warten schlagartig und er ließ das Pferd mit einem leisen Pfiff durch die gelben Zähne antraben.
Theodus lehnte sich zurück und rief sich die Fakten noch einmal ins Gedächtnis. Auf der Suche nach einem Grund für Ankwins unerwartetes Gehen vor ungefähr zwanzig Jahren hatte er die Akten des Prozesses durchgesehen. Bei diesem Prozess hatte er Ankwin vor ungefähr dreißig Jahren kennengelernt.
Er war auf eine Liste von sichergestellten Gegenständen gestoßen, auf der das getarnte Wort ‚Truhe‘ stand. Der Schreiber der Unterlagen hieß Maritmon Wagos.
Die Kutsche, in der er saß, rollte auf ein Gasthaus zu, das in der Stadt einen äußerst guten Ruf hatte. Es hieß ‚Zur Gänsefeder‘ und sein Besitzer hieß ebenfalls Maritmon Wagos.
Der Magier kannte das Gasthaus deshalb, weil er es schon sehr oft besucht hatte. Es war so etwas wie der inoffizielle Treffpunkt der Magier. Hier trafen sie sich, wenn sie sich einmal außerhalb des Universitätsgeländes sprechen wollten. Der Besitzer war früher ein sehr zuverlässiger Adept gewesen, der
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