Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
gesessen hatte. Wenige verließen das Wirtshaus. Und nur eine Handvoll begab sich unter der Führung des mit einer schwachen Lampe bewaffneten Wirtes ins Obergeschoss, um die teuren Gästezimmer zu beziehen.
Während dieser allgemeinen Unruhe kam einer der Pelzhändler auf ihn zu. Er war gut gekleidet und schon die vielen Fellbesätze verrieten seinen Beruf. Der Mann war grobschlächtig, schlecht rasiert und atmete schwer. Sein säuerlicher Schweißgeruch kündigte schon mehrere Schritte vorher seine Ankunft an. Er hatte ein gutmütiges Gesicht.
Die korpulente Gestalt setzte sich geräuschvoll auf die Bank neben Bermeer und begann umständlich, seine Stiefel auszuziehen. Dem Keuchen nach zu urteilen strengte ihn das sehr an. Immer wieder musste er sich aufrichten, um zu atmen, da sein Gürtel und sein Bauch darum rangen, wer der Lunge die Luft abschnüren sollte.
Zwischen dem vielen Seufzen und Ächzen und einigen Flüchen hörte Bermeer plötzlich ganz deutliche Worte, die halblaut nur an ihn gerichtet waren.
»Ah...hmpf... Alter ...oh...bei allen Göttern...hrrh... geh jetzt ...oochh...verdammt...hmpf... ins Hinterzimmer .«
Schließlich stellte der ächzende Mann seine Stiefel zum Trocknen in die Nähe der Glut an den Kamin und stand genauso geräuschvoll wieder auf.
Bermeer klopfte seine Pfeife, die mittlerweile kalt geworden war, an der Bank aus, stopfte sie wieder und entzündete sie mit einem Span. Genüsslich paffte er ein paar Züge und warf noch einmal einen prüfenden Blick in die Runde.
Jeder war mit sich beschäftigt. Er erhob sich und verschwand scheinbar gebrechlich aber völlig lautlos in der Tür, die auf der anderen Seite des Kamins in das vermeintliche Hinterzimmer führte.
Genauso lautlos konnte er die Tür auch wieder schließen.
Der Raum, der sich vor ihm auftat, war sonderbar zweigeteilt. Die rechte Seite war mithilfe einer schlecht brennenden Öllampe schwach beleuchtet. An der Lampe war ein Stück Leder angebracht, sodass die andere Hälfte des Raumes völlig dunkel war. Entgegen seinem Impuls, auf die dunkle Seite zu gehen, schritt er, ohne auf Schatten und Deckung zu achten, in die Mitte der rechten Raumhälfte und blickte in das Dunkel der anderen Seite.
Die Anwesenheit mindestens einer Person spürte er ganz deutlich.
Bermeer war sich auch sicher, zwei unterschiedliche Atemrhythmen zu hören, also der Auftraggeber und ein Leibwächter. Dieser stand anscheinend rechts hinter seinem Herrn.
»Ich sehe Euren Ruf in Euren Taten bestätigt.« Die Stimme klang ungewöhnlich hoch, beinahe unmännlich, und trotz des ruhigen Plaudertons trug sie eine ungeduldige Schwingung in sich.
Bermeer pflegte bei solchen Gesprächen nur zu antwortet, wenn es auch etwas Wichtiges zu sagen gab. Lobhudeleien und andere Oberflächlichkeiten verlängerten nur die Zeiten solcher Zusammenkünfte und erhöhten das Risiko einer Entdeckung.
Sein Gegenüber schien aber auch keine Antwort zu erwarten, denn er sprach nach einer nur kurzen Pause weiter. »Es wurde entschieden, dass Ihr Euch weiteren Personen annehmen müsst. Da es sich um den Großteil einer Gruppe handelt, muss das Ganze auf jeden Fall sehr zufällig aussehen.« Nach einer Pause fügte Bermeers Gegenüber noch hinzu. »Man wünscht, dass es in aller Öffentlichkeit und mit einer gewissen Dramatik geschieht.«
Bermeer stand ungerührt da, stockte aber innerlich. Er hatte schon oft heikle Aufträge erhalten, oft auch endgültige Aufträge, wie er sie nannte. Sich Gedanken über die betroffenen Personen zu machen, war im Sinne des Auftrages nützlich, alles andere behinderte ihn bloß. So war er jahrelang erzogen worden.
Ein Auftrag mit so vielen Vorgaben allerdings, der das genaue Gegenteil zu seiner üblichen Arbeitsweise darstellte, bereiteten ihm allerdings doch Unbehagen.
Die unangenehme Stimme sprach weiter. »Hier ...«, vor Bermeers Füßen landete eine dreiteilige Wachstafel, die zusammengeklappt nicht größer war, als eine Handfläche. »... die Namen. Auf der dritten Seite stehen ein paar nützliche Informationen. Ich erwarte die unangenehme Zufälligkeit binnen vier Wochen. Ein Klopfen an der Tür wird euch zum Gehen auffordern.«
Bermeer neigte kurz sein Haupt und blieb weiterhin regungslos. Nach etwas Stoffgeraschel, woraus er äußerst vornehme Kleidung schloss, kehrte Stille ein.
Zielstrebig ging der Blutbote zu der Lampe und drehte sie. Auf der anderen Seite des Raumes war nur ein Stuhl, ein Tisch und eine kleine Tür zu
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