Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
die Tür nachgab. Sein Kopf schlug auf und es wurde dunkel.
***
In der ewigen Nacht flammte ein winziger Punkt auf. Er war blau und schien weit weg zu sein. Doch schnell wurde er größer und kam näher. Es war ein herrlich leuchtendes Wasser, das sich im Nu zu einer Flut auswuchs und Theodus fortspülte zu einem weiteren Lichtpunkt. Dieser wuchs ebenfalls sehr schnell.
Mit einem lauten Keuchen riss der alte Mann die Augen auf und krümmte sich vor Schmerzen. Dann verebbten die Schmerzen. Er lag neben dem Waschzuber in seiner Küche und blickte in Mirettas besorgtes Gesicht.
»Herr, was hat man Euch nur angetan?« Sie stellte die leere Phiole zur Seite. Sie leuchtete noch schwach blau.
Theodus spürte die Lebensgeister zurückkehren und richtete sich auf. Er sah an sich herab und war entsetzt.
Er trug noch einen Stiefel. Seine Hosen starrten vor Dreck und hatten Löcher. Sein Hemd hing ihm in Fetzen vom Leib. Überall war Blut.
Seine Unterarme waren zerschnitten, teilweise glitzerten noch Scherben in dem geronnen Blut. Seine Fingernägel waren abgebrochen und die Finger zerschunden. Er stank nach Gassendreck und Erbrochenem.
»Ach, Miretta ... Ich glaube, ich muss die Stadt verlassen.« Die Stimme des alten Mannes brach. Er war den Tränen nahe.
Die Haushälterin kniete sich zu ihm herab und nahm in den Arm. Theodus begann, bitterlich zu weinen. Er schluchzte an ihrer Brust. Sie schloss ihn fester in den Arm, beide bebten. Beruhigend strich sie ihm übers Haar. Lange Momente wimmerte Theodus halb erstickt in ihren Armen.
Plötzlich spürte Miretta etwas zwischen ihren Fingern.
Auf irgendeine wundersame Weise hatte sich etwas im langen Haar des alten Magiers verfangen.
Langsam entwirrte sie die struppigen, schmutzigen Strähnen und hielt am Ende einen kleinen, länglichen, hellgelben Pilz in Händen.
Theodus bemerkte, dass Miretta ihr Streicheln abgebrochen hatte. Noch schluchzend hob er den Kopf und Miretta hielt ihm den Pilz fragend vors Gesicht. Er konnte erst nicht erkennen, was es war, und kniff die Augen zusammen.
Als er den Pilz erkannte, griff er schnell nach Mirettas Hand, hielt sie fest und schaute noch einmal genauer hin. Langsam machte sich ein Lächeln auf dem Gesicht des alten Mannes breit. Die Haushälterin schaute umso verwirrter.
»Die Götter sind mir gewogen.« Die Situation war ein Bild für eben diese. Ein völlig abgerissener, schmutziger, kranker, süchtiger, verheulter alter Mann voller Zuversicht in den Armen einer völlig ratlos dreinblickenden Haushälterin. Beide starrten auf einen kleinen gelben Pilz, den sie gemeinsam hielten.
Schließlich erhob sich Theodus ächzend. »Ich habe noch einiges zu tun. Hol mir bitte die kleine Truhe unter meinem Bett und bring sie auf den Dachboden.«
Miretta sah ihn ängstlich an. »Die Kiste? ... Oh, bitte nicht.«
***
Der Wind ließ das Gebälk knarren und der Regen peitschte gegen die alten Ziegel, sodass sie klapperten. Es hatte Theodus einige Mühe gekostet, das Pentagramm und die vielen Zeichen auf den Boden zu malen. Sein Rücken schmerzte ihn trotz des Heiltrunkes furchtbar und auch sein rechtes Knie hatte wohl in der letzten Nacht schwer gelitten. Kopfschmerzen hatten sich hinzugesellt und bestätigten nur die Richtigkeit seines Vorhabens.
Die Übelkeit war inzwischen sowieso sein ständiger Begleiter. Sein Körper zeigte mehr und mehr deutliche Anzeichen einer schweren Vergiftung. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn und seine geschwollene Zunge klebte ihm am Gaumen. Das Trinken hatte er völlig vergessen. Das musste jetzt warten.
Seine Hand krampfte so sehr, dass er beinahe die fettige gelblichweiße Kreide fallen ließ. Doch es gelang ihm, auch das letzte Zeichen zu malen. Erschöpft lehnte er sich zurück und setzte sich auf sein untergeschlagenes Bein. Das andere mit dem schmerzenden Knie hatte er von sich gestreckt.
Prüfend sah er sich noch einmal um. Die Falltür nach unten war verriegelt. Miretta war bei der Nachbarin. Die kleine Kiste stand geöffnet neben ihm. Die Kerzen brannten. Alles war bereit. Er konnte nur hoffen, dass er die Beschwörungsformel fehlerfrei herausbrachte. Es war seine einzige Chance, Ankwins Letzten Willen umzusetzen.
Theodus war zwar kein Heiler und doch wusste er genau, dass die unkontrollierte Mischung der Rauschkräuter ihn tödlich vergiftet hatte. Es war wahrscheinlich nur eine Frage von wenigen Tagen, bis er sterben, den Verstand verlieren oder so hoffnungslos süchtig würde, dass
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