Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
Tisch zu und, ohne das Lesen zu unterbrechen, setzte er sich an seinen Platz.
Der Absatz war nicht sonderlich spannend, doch der junge Magier hatte im Augenblick wirklich nichts Besseres zu tun und irgendwie passte der Titel zu dem Prozess.
Da stand mehr oder weniger nur, dass sich kein Soldat durch sein Amt am Volk bereichern durfte. Das war keine Neuigkeit für Theodus, doch der darauf folgende Abschnitt weckte sein Interesse:
‚... darf kein Soldat dem Volke die Früchte seiner Arbeit entreißen zum eigenen Vorteil und zur Bereicherung. Dies gelte in vollem Umfang nicht nur für die Stadtwache, sondern auch für die Gefängniswärter, die Landpatrouillen, den Stadtkommandanten, den ihm vorstehenden Ratsherrn und den gesamten Hohen Rat einschließlich dessen sämtlich unterstellte Beamte. Das Steuerrecht und die Erhebung von Zöllen sind einzig und allein Recht des Königs (nachzulesen in Zölle, Prägerecht und Steuer)‘
Theodus war nicht sonderlich überrascht und doch hörte es sich ungewohnt an, wenn man in einem Atemzug vom Hohen Rat und Bereicherung sprach. Korruption und Bestechung waren für ihn bei Weitem keine Fremdworte, aber es war etwas anderes, wenn man darüber sprach oder vielleicht direkt danebenstand.
Der Magier kniff die Augen zusammen und sah zur Decke. Angestrengt rekapitulierte er die vergangenen Tage. Angefangen hatte alles mit dem alten Uharan, der keine Zweifel daran gelassen hatte, dass Theodus gewinne müsse. Verwunderlich, wenn ein Prozess der Wahrheitsfindung und nicht der ein oder anderen Seite zum Vorteil gereichen sollte. Ihm war das damals in seinem Hochmut und seiner ehrgeizigen Verblendung nicht aufgefallen.
Was ihn im Nachhinein verwunderte, war die hohe Beweislast und die Zeugenaussagen der Soldaten, mit denen er ins Feld gezogen war. Keiner hatte wohl am Ausgang dieses Prozesses gezweifelt, keiner – außer dieser Lavielle.
Garock würde ohne den Erzherzog mit Sicherheit schon seit zwei Tagen an der Straße vor den Toren der Stadt baumeln und die Krähen täten sich an seinem mächtigen Leib gütlich. Doch was war geschehen?
Auf unerfindliche Weise hatte der Erzherzog die Bühne betreten, ein paar Sätze verloren und ein fast abgeurteilter Mehrfachmörder war frei gesprochen worden. Nun baumelte niemand vor der Stadt und doch waren diese Menschen tot, dahin geschlachtet in einem götterverlassenen Wald. Auf der Stirn des Magiers schwoll eine Ader und zeugte von der Wut, die in ihm aufstieg.
Der verantwortliche Hauptmann der Patrouille und der verantwortliche Kommandant waren ebenfalls tot. Also könnte man meinen, die Gerechtigkeit sei wieder hergestellt, doch Theodus war das zu einfach. Dieser Hauptmann Bakon war zwar durch Garock getötet worden, aber der plötzliche Tod Schiwetts schien ihm auf einmal sehr verdächtig. Was vor allem fehlte, war der Grund für diesen Mord.
Es gab keine Durchsuchungen, bei denen das Diebesgut der Schausteller zutage gefördert wurde, es gab keinen durch einen fahrenden Gaukler gehörnten Ehemann, da war nichts. Hinzu kam, dass der plötzliche Tod Brinthardts jetzt auf eine ganz andere Weise ins Bild passte. Hatte er womöglich zu viel gewusst?
Theodus hatte das Gesetzbuch mittlerweile auf den Tisch sinken lassen und starrte vor sich hin. Einem plötzlichen Impuls folgend stand er hastig auf und riss die Tür auf. Wieder wurde der nächst beste Adept herzitiert und Theodus war völlig egal, ob dieser dringend zu einer Vorlesung musste oder nicht. In Windeseile ließ er sich direkt vom Gerichtsschreiber die Prozessunterlagen bringen.
Während der junge Magier mit den Händen auf dem Rücken voller Ungeduld durchs Fenster auf die Straße blickte, spürte er eine kleine Besserung seiner Laune und die Hoffnung, am Ende der Wahrheit vielleicht doch zum Sieg zu verhelfen.
Ungeduldig starrte er aus dem Fenster, bis er den Adepten sich mit einem Arm voller Unterlagen durch die Menge drängeln sah. Auf den Straßen war die Hölle los.
Auch er selbst würde heute noch offiziell an den Festlichkeiten teilnehmen müssen.
Achtlos entließ er den Adepten wieder ohne ein Wort des Dankes und vertiefte sich sofort in die Mitschriften. Dann fand er schließlich die Stelle, die er gesucht hatte. Der hohe Richter Bungad selbst hatte gesagt, die Schuldigen wären tot und somit hätte das mit der Stadtwache nichts mehr zutun. Er überflog sicherheitshalber noch einmal den letzten Prozesstag, doch seine Meinung änderte sich nicht.
Hier lag noch
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