Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
starb.
»Ich bin froh, euch wieder zusehen, Freunde, doch der Anlass ist kein schöner.« Langsam fand Theodus seinen Atem wieder.
»Ankwin hat mir einen Brief gesandt. Er wollte keine große Bestattung. Niemand hätte wissen dürfen, wo er begraben wird. Ich verstand es zuerst auch nicht, doch dann habe ich mich noch einmal in jene schicksalhaften Tage von damals begeben. Und ich muss euch sagen, es ist furchtbar.«
Garock und Lavielle schwiegen besorgt und auch Bermeer hielt die Worte, die ihm auf der Zunge lagen, zurück. Irgendwie war ihnen allen klar, dass so etwas hatte kommen müssen. Ein Geschwür, das jahrelang vor sich hinschwelte, musste irgendwann aufplatzen. Am Ende forderte die Wahrheit immer ihren rechtmäßigen Platz auf dem Thron der Erkenntnis.
»Damals im Keller. Es hätte nicht Ankwin sein dürfen. Nicht er. Warum, ist mir noch nicht klar, doch er hätte es nicht sein dürfen!«
»Von was sprichst du? Theodus, komm zu dir. Deine Worte sind aneinandergereihte Rätsel.«, Lavielle nahm einen dampfenden Becher von einem der Umstehenden entgegen und hielt ihn Theodus hin. »Trink, dass du zu Kräften kommst.«
Nach einem flüchtigen Schluck begann Theodus sofort wieder zu reden. »Ankwin hat mich in seinem Brief in einem versteckten Hinweis auf den Schinderkult gebracht. Und in den Gerichtsunterlagen war die Rede von einer Truhe. Der Gerichtsschreiber von damals hat mir das bestätigt. Diese Truhe hat Ankwin vor uns geheim gehalten.«
Besorgt tauschten Garock und Lavielle Blicke aus. Bermeer wies auf die Spitze des lodernden Scheiterhaufens.
»Zu Ankwins letzter Ruhe
da oben steht die Truhe
und brennt und brennt.«
Wie auf Stichwort brach ein Teil des Scheiterhaufens in sich ein, sodass alles, was zu oberst platziert worden war, nun genau inmitten der Glut lag.
Ratlos standen die Drei um ihren zusammengesackten Freund, dessen Augen dem Arm Bermeers gefolgt waren. Sein Kinn zitterte, als wollte sein Mund etwas sagen, doch sein Verstand verwehrte ihm die Worte. Nur Wortfetzen, Gemurmel und Stöhnen drangen daraus hervor.
Theodus war völlig in sich gekehrt. Die vielen Erinnerungen und Informationen lagen wie tausende bunte Mosaiksteinchen vor ihm, doch es wollte ihm nicht gelingen, ein Bild daraus zusammen zusetzten. Halblaut sprach er vor sich hin. »Ankwin ging damals alleine in den Raum, wir konnten ihm nicht folgen. Wir haben keine Truhe gesehen.« Er schluckte trocken. »Als wir zu ihm vordrangen, war alles vorbei. Er schrieb mir einen Brief mit einer Verheißung aus der Drachenbibel.« Und mit schicksalhaftem Ton begann Theodus die Stelle wieder zu zitieren.
»Höre, Ungläubiger, der Menschenschinder ist auf dem Weg. Seine Ankunft ist nah. Gordobir wird herrschen auf der Welt, wie es bestimmt ist von Anbeginn. Seine Diener bereiten seinen Weg. Seine Feinde werden zertreten im Staub und der König seiner Feinde wird blind sein und nur der, der unberührt ist, wird schadlos kosten können von der Frucht des Drachen. Jeder Berührte, der der Frucht nahe kommt, wird verderbt sein und der Menschenschinder wird weiter leben in ihm. Das ist das Schicksal der Menschheit. Verzweifle, denn es gibt kein Entrinnen.«
»Doch wir haben den Schindern ein Ende gesetzt,
wir haben die Brut doch zu Tode gehetzt?«, Bermeer blickte seine Gefährten fragend und beinahe wütend an.
Lavielle blickte ebenfalls zu Theodus. »Was bedeutet die ‚Frucht des Drachen‘? Die Kinder des Kultes sind wieder da?«
Theodus dämmerte ein furchtbarer Gedanke und seine Augen weiteten sich. »Dracheneier. Die Frucht des Drachen, es sind Dracheneier!« Hektisch erhob er sich.
»Die Truhe ist im Feuer.«, Garocks knochige Worte wurden vom Rauschen des Feuers unterstrichen. Die Flammen hatten längst die gesamten Grabbeigaben verschlungen und was davon noch übrig sein mochte, verbarg sich in einem gelbroten Chaos.
Theodus hatte sich nie intensiv mit den alten Drachensagen befasst. Sie hatten inhaltlich nie wirklich etwas mit dem Schinderkult zu tun und waren viel, viel älter, doch er wusste, dass Drachen im Feuer geboren wurden.
»Schickt die Leute weg. Sie sollen sich in Sicherheit bringen.«, Lavielle hatte ihren Arm auf Theodus Schultern gelegt, während sie zu den anderen sprach.
Ohne zu zögern, drehten sich Garock und Bermeer um und sie begannen, die Leute fortzuschicken. Sie hoben die Armen. Garock sagte nur immer wieder: »Geht!« und Bermeer rief immerzu.
»Gute Menschen, seid nicht dumm,
heut‘
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