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Anlass

Anlass

Titel: Anlass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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der Ovra unterstehen, die Gegenspionage ist. Sie haben hier etwas, was sich ›Auslandsabteilung‹ nennt und sich mit nichts anderm beschäftigt. Die Leute dort sind tüchtig. Sie brauchten nicht lange, bis sie alles über Ferning wußten.«
    »Wie haben sie das gemacht?«
    »Bellinetti kann darüber Auskunft geben.«
    »Bellinetti?«
    »Gewiß. Er ist ein Ovra-Agent. Jemand hat einmal geschätzt, daß mindestens einer unter zehn Menschen in den großen italienischen Städten direkt oder indirekt für die Ovra arbeitet. Sie werben ihre Agenten zwangsweise an und machen daraus ein System, dessen Glieder ineinandergreifen. Agent A bewacht den Agenten B, der wieder den Agenten C beobachtet und so weiter. Der Mann, der neben Ihnen wohnt, kann ein Agent der Ovra sein. Er denkt wiederum, daß Sie einer sein könnten. Was ist das Ergebnis? Wenn sie an der Straßenecke von Politik reden, sucht jeder den andern an Begeisterung für die Regierung zu übertreffen. ›Mussolini hat immer recht‹, das ist das achte der faschistischen Zehn Gebote. Man braucht schon einen sehr guten Polizeiapparat, daß die Leute das alles schlucken und nicht ausspucken.«
    »Aber was ist mit Ferning?«
    »Ferning war, wie gesagt, schon zur Behandlung vorgemerkt. Die Frage war nur noch, zu welcher Behandlung. Das Weitere kann ich nur erraten, aber ich nehme an, daß es sich ungefähr so abspielte. Ferning war gefährlich. Er mußte gestoppt werden. Aber er war auch britischer Staatsangehöriger und Angestellter einer Firma, mit der die Regierung auf gutem Fuß bleiben wollte. Sie brauchte diese S 2-Maschinen; so viele davon, als sie nur irgend beschaffen konnte. Ferning zu verhaften, hätte zu viel Aufsehen gemacht. Es gab nur eines – ihn zu liquidieren. Das Mordkommando trat in Aktion.«
    »Wollen Sie sagen, daß er absichtlich überfahren wurde?«
    »Eben das. Sie haben das schon öfter getan. Zweimal in Neapel und einmal in Cremona. Der Mann in Cremona war Gewerkschaftsführer gewesen und wollte nicht nachgeben. Er war bei den Arbeitern beliebt und deshalb arrangierte man das Ganze als Unfall. Das funktioniert tadellos. Ein Mensch wird überfahren. Pech! Kommt aber jeden Tag vor. Und das Leben geht weiter.«
    Er lehnte sich auf den Diwan zurück und trank sein Glas aus. Ich dachte einen Augenblick nach und zog dann Fernings Notizen aus der Brieftasche.
    »Ich fand dies in Fernings Schreibtisch. Die ersten beiden Zeilen beziehen sich auf Spartacus-Transaktionen mit den Braganzetta-Werken in Turin. Soviel konnte ich entziffern. Können Sie mir sagen, was das übrige bedeutet?«
    Er nahm den Zettel und zog einen Augenblick die Stirn in Falten. Dann klärte sich sein Gesicht auf.
    »Ja, ich kann Ihnen sagen, was das bedeutet. Wie Sie sagen, beziehen sich die beiden obersten Zeilen auf drei Spezial-S 2-Maschinen zur Herstellung von Flakgranaten und auf eine Standardmaschine, beides für die Braganzetta-Werke. Was dann kommt …«
    »Warten Sie eine Minute!« warf ich mißtrauisch ein. » Ich habe nichts über die Spezial-S 2-Maschine gesagt. Woher wußten Sie das?«
    Er sah überrascht auf. »Das ist doch klar. Man braucht nur diese Notizen anzusehen, um das zu wissen.«
    Ich fand sein Benehmen und seine Erklärung wenig überzeugend, sagte aber nichts. Er fuhr fort.
    »Das übrige bezieht sich auf ein Vierzigtausend-Tonnen-Schlachtschiff, das in La Spezia gebaut wird und in vierzehn Monaten fertig sein soll. Er schreibt, es wird berichtet, daß es einen sechs Meter breiten Panzergürtel aus Manganstahl erhalten soll, der einen Meter zwanzig dick sein wird. Sechs 55 cm-Schiffsgeschütze mit einem Elevationswinkel von 30° werden offenbar von den Braganzetta-Werken geliefert. Eine Genueser Firma übernimmt die Montagen. Das sind vermutlich die Grigori-Sforza-Werke.« Er gab mir das Blatt zurück. »Es stehen noch weitere Einzelheiten darauf.«
    »Und das alles sehen Sie mit einem Blick?« fragte ich sarkastisch.
    Er zuckte die Achseln. »Es ist ganz klar, wenn man weiß, wonach man sucht. Das ist wahrscheinlich der Entwurf für seinen letzten Bericht an Vagas.«
    »Ich verstehe.« Ich verstand es zwar nicht, aber es hatte offenbar keinen Zweck, zu argumentieren. »Nun, das ist alles sehr aufregend, aber ich verstehe immer noch nicht, was das alles mit mir zu tun haben soll.«
    »Sie verstehen es nicht!« Er machte eine gereizte Geste. »Tamara, er versteht es nicht.«
    »Nein, ich verstehe es nicht«, sagte ich kurz. »Sie wissen genau, daß

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