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Anlass

Anlass

Titel: Anlass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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fühlte, daß ich nichts zu sagen hatte. Ich starrte vor mich hin. Zwei Autos rasten an uns vorüber. Der Klang ihrer Motoren verebbte. Ich fragte mich, ob die Insassen uns bemerkt hatten. Aber was war da Bemerkenswertes an zwei Herren, die rauchend in einem Auto am Straßenrand saßen. Nichts. Ich hatte das Gefühl, irgendwelche äußeren Anzeichen müßten den phantastischen Charakter dessen andeuten, was im Wagen gesagt wurde. Was ich schließlich sagte, war eine der kümmerlichsten Bemerkungen, die ich je gemacht habe.
    »Aber dann«, sagte ich, »wäre ich ja ein Spion.«
    Seine Antwort erfolgte in einem Ton unendlicher Verachtung.
    »Mein lieber Marlow«, sagte er rund heraus, »Sie sind schon ein Spion.« Einen Augenblick schwieg er. Dann fügte er hinzu: »Ich erwarte Ihren nächsten Bericht innerhalb von vierzehn Tagen.«
    Er tat, als wollte er den Wagen verlassen. Plötzlich kam ich zur Besinnung. Meine Wut war beinahe echt.
    »Sie sind verrückt, General?«
    Mit der Hand auf der Klinke sah er sich um. »Ich möchte Sie daran erinnern, daß Sie mit einem Vorgesetzten sprechen.«
    »Vorgesetzter, daß ich nicht lache!« fauchte ich. »Wie Sie eben so gütig waren, zu bemerken, Signor Vagas, ist eine Abmachung nur solange eine Abmachung, als sie beiden Parteien dienlich ist. Ausgezeichnet! Was ich jetzt tun werde, Signor Vagas, ist folgendes: Ich kehre jetzt in mein Hotel zurück, stecke Ihre fünftausend Lire in ein Kuvert und schicke sie Ihnen heute abend noch zurück. Und was Ihren kostbaren Bericht betrifft, um den können Sie Mussolini bitten. Sie werden ihn mit ebensoviel Wahrscheinlichkeit von ihm bekommen als von mir. Und Ihren Vorgesetzten richten Sie aus, sie können mir den Buckel runterrutschen.«
    »Ich fürchte, Sie benehmen sich ein wenig kindisch.« Seine Stimme hätte nicht gefährlicher klingen können. Sie machte mich beinahe verstummen, aber doch nicht ganz.
    »Kindisch?« wiederholte ich ironisch. »Hören Sie. Wenn Sie nicht in dreißig Sekunden aus diesem Wagen sind, werden Sie kopfüber hinausfliegen.«
    Er klemmte sorgsam sein Monokel ein. »Ich denke, ich sollte Ihnen mitteilen, daß ich einen Revolver in der Tasche habe, den ich ohne Zögern benutzen werde, wenn es mir ratsam erscheint.«
    Ich tat mein Möglichstes, um etwas eingeschüchtert auszusehen. Es war nicht schwer. Als er fortfuhr, war sein Ton versöhnlich. »Hören Sie mir jetzt einen Augenblick zu, Marlow. Ich kann Ihren Ärger bis zu einem gewissen Grade verstehen, aber ich versichere Ihnen, daß ich nur meine Instruktionen ausführe.«
    Ich tat, als ob diese Behauptung mich etwas besänftigte.
    »Das kann sein. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie auch nur einen Augenblick annehmen, daß ich diesem – Vorschlag zustimmen würde.«
    »Das ist kein Vorschlag«, erwiderte er ruhig, »es ist ein Befehl.«
    Und als ich etwas erwidern wollte, sagte er: »Bitte hören Sie mich an, ehe Sie noch etwas sagen. Sie scheinen anzunehmen, daß die Aufrechterhaltung freundschaftlicher Beziehungen zwischen uns für Sie nicht länger von Interesse ist. Gestatten Sie mir, das richtigzustellen.«
    »Wenn Sie denken, daß ein paar schmutzige Lire …«
    Er hob die Hand. »Bitte! Was ich sagen wollte, hat nichts mit Ihrem Gehalt zu tun. Trotzdem ist es von Interesse für Sie , diese Verbindung aufrechtzuerhalten. Aus einem sehr triftigen Grund. Meine Vorgesetzten in Belgrad haben angedeutet, daß sie nötigenfalls , wenn Sie widerspenstig sein sollten, Mr. Pelcher in England einen Brief senden müßten mit Fotokopien Ihrer Beilagen an mich. Ich kann nicht umhin, anzunehmen, daß das für Sie etwas peinlich wäre.«
    Ich schöpfte tief Atem. »Also das ist es! Erpressung!«
    »Keineswegs«, bemerkte er obenhin, »nur eine Erinnerung an das gegenseitige Vertrauen, das zwischen Geschäftspartnern bestehen muß. Wir beabsichtigen nicht, mehr von Ihnen zu verlangen, als Sie ohne Mühe und Risiko beschaffen können. Als Gegenleistung halten wir unser Versprechen, Ihnen dreitausend Lire monatlich zu zahlen. Es ist ganz einfach und vernünftig.«
    Ich schwieg einen Augenblick. Als ich schließlich sprach, geschah es mit der unverhüllten Absicht, den Rest meiner Würde zu retten.
    »Gut«, sagte ich. »Ich sehe, ich habe keine andere Wahl als zuzustimmen. Aber ich sage Ihnen eins, General. Wenn ich Ihnen nicht glaubte, daß Sie selbst auf Befehl handeln und an alledem keinen Anteil haben, würde mich nicht einmal ein Revolver davon abhalten,

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