Anlass
Information zusätzlich eine Prämie von 5000 Lire zu bezahlen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
J. L. Venezetti
Zaleshoff krähte vor Vergnügen, als ich ihm das zeigte.
»Was habe ich Ihnen gesagt?« fragte er triumphierend.
»Ich verstehe das nicht.«
»Es ist ganz einfach. Um die Sache geheimzuhalten, hat das italienische Luftfahrtministerium seine Order für die Ausrüstung der drei Flugfelder über diese Gemeinde gehen lassen. Offiziell wird die Gemeinde die Lieferung übernehmen. In Wirklichkeit wird es das Ministerium sein. Dieser Bochini ist ihr erster Mann für die Anlage unterirdischer Flugfelder. Vagas hat das gleich begriffen. Ich wußte, daß er das tun würde. Aber die Sache ist zu wichtig für ihn, um Fehler zu riskieren. Er braucht eine Bestätigung.«
»Aber wie soll ich ihm die Informationen verschaffen?«
»Darum brauchen Sie sich nicht zu kümmern. Die hab ich schon. Wir werden ein paar Wochen warten, ehe wir sie ihm liefern, damit es besser aussieht. Dann sind wir fein raus.«
Vier Tage vorher hatte ich mit großer Erleichterung entdeckt, daß ich nicht länger beschattet wurde und die Detektive abgezogen worden waren. Jetzt tat Zaleshoff in seinem Enthusiasmus ein übriges. Diesen Abend aßen wir zu dritt in einem teureren Restaurant als gewöhnlich. Ich bestellte eine Flasche Asti Spumante. Wir tranken auf die Verwirrung Vagas’, und Zaleshoff und ich tanzten abwechselnd mit Tamara. Wenn ich an den Abend zurückdenke, kann ich mich noch in das Gefühl versetzen, das ich damals hatte: als ob ich nach einem besonders scheußlichen Gewitter wieder in der Sonne säße. Wir waren sehr vergnügt. Aber jetzt erscheint mir unsere Fröhlichkeit geradezu mitleiderregend. Heute habe ich ein Mißtrauen gegen Feiern, das sich zu einem förmlichen Aberglauben entwickelt hat. Ich kann nie das grimmige Gespenst der Ernüchterung vergessen, das schon im Vorzimmer lauert.
Am nächsten Tag beantwortete ich Vagas’ Brief, versicherte ihm, daß ich mein Möglichstes tun würde, um die gewünschten Informationen zu erlangen, und setzte mich dann im Büro an die Arbeit.
Es war hauptsächlich Umberto zu danken, daß die Arbeit jetzt ein vernünftiges Ausmaß annahm. Bellinetti verbrachte, wie ich fast mit Erleichterung feststellte, immer weniger Zeit an seinem Schreibtisch und immer mehr im caffè . Sein Benehmen gegen mich war von munterer Herzlichkeit. Vermutlich dachte er, der neue Besen sei schon etwas abgenützt, und nun könne sich in den Ecken wieder Staub ansammeln. Ich nahm mir nicht die Mühe, ihm diese Illusion zu rauben. Alles ging glatt, Fitch hatte in einem seiner wöchentlichen Memoranden eine scherzhafte Anspielung auf die wachsende Leistung des Mailänder Büros gemacht. Beinahe bereute ich meinen Entschluß, am Ende des Monats zu kündigen – beinahe, aber nicht ganz.
Diese Woche schrieb ich Claire und erhielt eine Antwort von ihr. Ich schrieb auch an Hallett und fragte ihn, ob er vielleicht von einer Stellung gehört hätte, die für mich in Frage käme. Ich wollte gern nach England zurückkehren, wie ich ihm wahrheitsgemäß mitteilte. In Erinnerung an die Episode mit den geöffneten Briefen bat ich ihn, seine Antwort an Claire zu adressieren.
Ich machte meinen üblichen wöchentlichen Besuch auf dem Konsulat, um nach meinem Paß zu fragen, und zur Amministrazione , um meine Aufenthaltsbewilligung abstempeln zu lassen. Die Konsulatsbeamten waren, wie immer, reizend und voll Mitgefühl und der Polizist vor der Amministrazione grüßte mich mit Namen. Wir sprachen über das Wetter. Die Abende verbrachte ich im Kino oder mit Zaleshoff und Tamara. Wenn es warm war, wie jetzt tagsüber meistens, gingen wir im neuen Park spazieren. Jenen Samstag sah ich mit Zaleshoff ein erbittertes Fußballspiel zwischen einer Mailänder und einer Veroneser Mannschaft an. Verona siegte; der Schiedsrichter wurde von der Menge verprügelt und nicht unerheblich verletzt. Drei Tage später fuhr ich nach Rom.
Die Aufforderung, nach Rom zu kommen, erhielt ich am späten Nachmittag des Dienstag. In den Werken eines unserer Kunden außerhalb der Stadt hatte es gebrannt. Das Feuer hatte von den Lagerhäusern auf die Halle übergegriffen, in der eine Reihe von S 2-Maschinen stand. Es war gelöscht worden, aber fünf Maschinen waren beschädigt. Die Maschinen arbeiteten an einem befristeten Regierungsauftrag, für dessen Nichterfüllung eine Geldbuße vorgesehen war. Man wollte meine Meinung darüber, wie bald
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