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Anna Marx 9: Feuer bitte

Anna Marx 9: Feuer bitte

Titel: Anna Marx 9: Feuer bitte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Grän
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sieht glücklich aus. Das beunruhigt Liebling. Zwar weiß er Geheimnisse zu wahren, doch das eine oder andere lässt sich vor einem Assistenten nicht verbergen. Er wird ihn warnen müssen, ihr zu viel zu erzählen. Wenn es nicht schon zu spät ist.
    Während sie ihm den Rücken zuwendet und etwas zu Bruno sagt, legt Liebling den Zeigefinger auf seine Lippen. Schweigen ist Gold, und Bruno ist ein Idiot, denn er grinst wie ein Honigkuchenpferd. Liebling spürt einen stechenden Schmerz in der Brust, den er als Angst identifiziert. Er sollte aufhören zu rauchen, und gesünder leben. Weit weg von Brüssel und mit einer Frau, die er beinahe lieben könnte …

12. Kapitel
    Krankenhäuser sind das Fegefeuer auf dem Weg zur Hölle. Dass Anna ihm dreimal lebend entkommen ist, liegt an der Geringfügigkeit der Eingriffe. Eine Mandeloperation ist ein Bagatellfall. Natürlich kann man auch daran sterben – oder an der Rohheit des medizinischen Personals. Ärzte, die sich über Betten hinweg zu Patienten äußern, als wären diese längst tot. Krankenschwestern, die um fünf Uhr morgens Fieber messen. Fraß, der Todessehnsüchte auslöst. Überall Rauchverbot. In den weißen Fluren riecht es wie Pest und Schwefel. Nie und nimmer wird sie in ein Krankenhaus gehen, Anna will zu Hause sterben, umgeben von Freunden, schmerzfrei natürlich, jeder will so sterben oder besser überhaupt nicht.
    Sie findet Sibylle in der Kinderstation an Jonathans Gitterbett, den Kopf auf die Quersprosse gelegt, schlafend. Die Stellung ist so absurd, dass Anna gar nicht erst den Versuch macht, die Freundin aufzuwecken. Mit jedem Atemzug fällt Sibylles Kopf tiefer, und es ist eine Frage von Sekunden, bis sie abrutscht, vom Stuhl fällt und aufwacht. Anna stützt sie ab, als es geschieht. Beinahe fallen sie beide zu Boden, doch Anna ist vorbereitet und hält die Balance. Sibylle stöhnt, als sie aufwacht, und ihre geöffneten Augen sind vom Weinen gerötet. »Wo bin ich?«
    »Im Krankenhaus. Du hast mich angerufen. Jonathan schläft.« Anna lässt die Freundin los. »Er sieht doch gut aus, ganz friedlich.«
    Sibylle streichelt das winzige Wesen mit ihren Fingerspitzen: »Er hat eine Beule am Hinterkopf und eine Schürfwunde am Arm. Sie haben ihn untersucht: keine inneren Verletzungen.«
    Ihre Stimme klingt so gequält, dass Anna die Freundin in die Arme nimmt. »Das ist großes Glück«, murmelt sie und hofft inständig, dass Sibylle nichts weiter sagt, sondern einfach nur an ihrer Schulter weint. Sie tut es leise, um ihr Kind nicht zu wecken. Weil sie dessen Schlaf braucht. Anna nimmt sich vor, Nachtwache zu halten, wenn Jonathan aus dem Krankenhaus nach Hause kommt. Ein Freundschaftsdienst, denn sie kann sein Geschrei nur schwer ertragen. Sie sind Monster, schon vom ersten Atemzug an, und sie bedingungslos zu lieben kostet mehr Kraft, als manche aufbringen können.
    »Lass uns rausgehen und Kaffee trinken. Eine rauchen, zumindest vor der Tür.«
    »Und wenn er aufwacht?«
    »Wird er schreien, dann kommt schon jemand. An Beulen und Schürfwunden stirbt man nicht.« Anna steht schon an der Tür.
    »Gott, bist du herzlos.«
    Sie hat den Taxifahrer angeschrien, schneller zu fahren. Ist mit ihren Schuhen in Händen durchs Krankenhauslabyrinth gelaufen, Bilder von Särgen und Polizisten vor Augen. Sie ist herzlos, manchmal. Anna öffnet die Tür: »Wenn du mit mir reden willst, musst du schon mitkommen. Ich brauche meine Krücken – und du solltest dir auch wieder welche zulegen. Du lahmst, und Mutterschaft ist keine Heiligsprechung.«
    Sie stehen mit Pappbechern und Zigaretten vor der Glastür, nachdem Sibylle ihr schweigend gefolgt ist. Sie sieht erbarmungswürdig aus. »Du könntest mal zum Friseur gehen«, sagt Anna.
    Sibylle wirft ihren leeren Becher in den Mülleimer und dreht sich zu Anna um: »Ich glaube, ich habe ihn vom Wickeltisch gestoßen.«
    Sie hat laut gesprochen, beinahe geschrien. Ein Priester, der die beiden Frauen passierte, bleibt abrupt stehen. Er hat mitgehört, und einen Augenblick erwägt er, die Letzte Ölung zu vergessen und sich einer Lebenden zuzuwenden. Doch der abweisende Blick der Rothaarigen lässt ihn diesen Gedanken verwerfen. Vielleicht hat die andere Person es nur so dahingesagt. Frauen neigen zu Hysterie und Männer zum Weghören. Er geht durch die Drehtür und bereitet sich auf seine Sterbende vor. Gott ist der einzige Trost, den er zu bieten hat. Doch manchmal ist der Tod zu groß, selbst für die gläubige

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