Anna Strong Chronicles 04 - Der Kuss der Vampirin
Hummer auf dem Weg zur Ausfahrt, das Handy am Ohr. Ich zweifle nicht daran, dass er seinen eigenen Anwalt anruft und ihm befiehlt, auf der Stelle ins Polizeipräsidium zu rasen und Gloria zu beschützen.
Ich drehe mich um und will wieder hineingehen. Als ich vorhin ankam, war der Parkplatz voll. Ich musste draußen auf der Straße parken, am Broadway. Der Weg durch die Bar ist der kürzeste.
Es war ein verdammt langer Tag. Sowohl die Blutlust, die mich zu Culebra getrieben hat, als auch die Sexgier, die mich hierher zurückgebracht hat, sind weg – versickert wie Regen, der auf trockenen Wüstenboden fällt. Ich will nur noch nach Hause und schlafen.
He, meine Schöne. Ich habe auf dich gewartet.
Die fremde Vampirstimme in meinem Kopf lässt mich abrupt innehalten. Die Bar ist immer noch voll, aber der Happy-Hour-Ansturm auf gepflegte Martinis ist vorbei. Jetzt ist die Menge der Gäste jung und ausgelassen. Der Geruch nach Bier und Gras ist nicht so stark wie in Beso de la Muerte, aber wahrnehmbar. Wenn Detective Harris die Na-se eines Vampirs hätte, stünde der Laden schon auf der Liste für die nächsten Razzien der Drogenfahndung.
Ich sehe mich um. Wo bist du?
Hier drüben. In der Ecke.
Ich folge der Richtung der Stimme. Da ist ein Mann, ein junger Mann, der allein im Schatten steht. Er hat schulterlanges, welliges braunes Haar, so glänzend und weich, dass es mir in den Fingern juckt, darin herumzuwühlen. Sein Gesicht kann ich kaum erkennen, aber er trägt eine Jeans und ein offenes Polohemd. Ich lasse den Blick von breiten Schultern zu einer schmalen Taille gleiten. Und weiter abwärts.
Jeder Nerv in meinem Körper beginnt zu vibrieren.
Wer bist du? Arbeitest du für Williams?
Er lächelt und tritt ins Licht. Ein Gesicht wie ein Engel. Wer ist Williams? Culebra hat mich hergeschickt. Er meinte, du könntest heute Nacht ein bisschen .... Ablenkung gebrauchen.
Holla. Erschöpfung und Lethargie sind wie weggeblasen. Mein Herz beginnt zu pochen, und mit dem Blut schießt ein so starkes Begehren durch meine Adern, dass mir die Knie weich werden.
Der Engel spürt meine Reaktion . Hatte Culebra recht?
Dem Himmel sei Dank für Culebra, entgegne ich. Zu dir oder zu mir?
Kapitel 13
Der Morgen im Strandhaus ist meine liebste Tageszeit. Auf dem Balkon vor meinem Schlafzimmer eine Tasse frisch gekochten Kaffee zu trinken, ist meine liebste Art, diese Zeit zu verbringen – sogar an einem trüben Wintermorgen wie diesem.
Es schadet auch nicht, dass ich himmlisch befriedigt bin nach einer Nacht voll Blut und Sex. Draußen könnte es stürmen und regnen, und ich würde immer noch schnurren.
Widerwillig habe ich Lance, Culebras »Ablenkung«, vor ein paar Minuten verabschiedet. Er hat sich als Unterwäsche-Model für Jockeys entpuppt und hat heute Vormittag ein Foto-Shooting am Strand von Malibu. Ihn gestern Nacht in und ohne Unterwäsche zu sehen, hat für mich eine der großen Fragen des Lebens beantwortet: Sind diese Beulen auf den Werbefotos in Zeitschriften echt?
Es freut mich, das jetzt mit einem Ja beantworten zu können – zumindest in Lances Fall. Der Kerl braucht wirklich keinen ausgepolsterten Tiefschutz.
Außerdem hat sich herausgestellt, dass Lance auch einen Nachnamen hat, nämlich Turner, und einen Verstand, der ebenso flink ist wie sein schlanker, athletischer Körper. Er hat mich zum Lachen gebracht und zum Schwitzen. Ich würde ihn gern wiedersehen.
Ich muss eine Möglichkeit finden, mich angemessen bei Culebra zu bedanken.
Glühend von der Portion gesunden Vampir-Blutes, das fast so viel Leben spendet wie das eines Menschen, fühle ich mich zum ersten Mal so richtig wohl in meiner Haut, seit dieses Fiasko mit Gloria angefangen hat. Ich lasse mich in einem Liegestuhl nieder und genieße die Aussicht.
Ich wohne in Mission Beach, nur ein paar Schritte von der Strandpromenade entfernt. Ich war im zweiten College-Jahr, als meine Großmutter gestorben ist und mir ihr fünfzig Jahre altes Häuschen hinterlassen hat. Seitdem wohne ich hier – allerdings musste ich das Haus erst wieder aufbauen lassen, nachdem Avery es vor einer Weile niedergebrannt hatte.
Ich finde es herrlich hier. Manchmal im Sommer ist es lästig, wenn halb betrunkene Gäste irgendwelcher Strandpartys Sturm klingeln, weil sie meine Toilette benutzen möchten. Als ich noch ein Mensch war, habe ich immer damit gedroht, die Polizei zu holen. Als Vampir brauche ich nur mein wahres Gesicht zu zeigen, um meine Ruhe zu haben.
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