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Anna und Anna (German Edition)

Anna und Anna (German Edition)

Titel: Anna und Anna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Inden
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Bedarf, sie ist bereits vergeben«, und mich weggezogen. Und meine Hand erst wieder losgelassen, als wir unsere Grillwürstchen bekamen und die Hände zum Essen brauchten.
    Es war die beste Grillwurst meines Lebens …
     
    Liebe Oma,
     
    gestern sind wir abgehauen. Sag das nicht Mama! Es klingt schlimmer, als es ist.
    Als ich auf meinem Bett saß und versuchte, den Brief an dich fertig zu schreiben, kam Sarah herein. Sie guckte genauso missmutig wie immer. Und sie klang auch ziemlich widerwillig, als sie sagte: »Dein Scheich steht draußen.« Aber immerhin hat sie es mir gesagt.
    Draußen heißt im Treppenhaus. Die Jungs dürfen ja nicht auf unseren Flur und wir nicht auf ihren. Also muss man immer einen Boten finden, wenn man jemanden sprechen will. Dass Jan es gewagt hat, ausgerechnet Sarah zu fragen, sieht ihm irgendwie ähnlich.
    Ich bin jedenfalls in meine Chucks geschlüpft und sofort rausgelaufen. Aber ein »Danke!« habe ich Sarah noch zugerufen, bevor ich zur Tür hinaus bin.
    Im Treppenhaus lehnte Jan ganz entspannt neben dem Fenster, das auf den Garten hinaus geht. Er grinste, als ich die Stufen hinuntersprang.
    Und ich dachte: Vielleicht hätte ich mich bemühen sollen, ihm nicht ganz so eifrig entgegenzujagen.
    Zwei Stufen über ihm bremste ich ab. Plötzlich war ich verlegen. Das war ich vorher noch nie bei ihm!
    Er aber grinste immer noch. Sagte: »Bloom.« Und hielt mir seine Hand hin.
    Einfach so habe ich sie genommen.
    Hand in Hand sind wir die Treppen hinunter, aus der Hintertür, am Kräutergarten vorbei, zwischen den Tischen und Bänken auf der Terrasse hindurch, über den Rasen bis hinüber zu den Obstbäumen. So weit dürfen wir. Aber Jan ist weitergegangen. Und ich bin mit. Ohne zu fragen. Ohne etwas zu sagen.
    Hinter dem Garten beginnen schon die Felder. Gelb sind sie, rot leuchten zwischendrin die Mohnblumen. So viele Mohnblumen habe ich noch nie gesehen. Ich wusste gar nicht, wie schön sie sind. Mit ihren hauchdünnen Blütenblättern und wie sie so auf und ab nicken auf ihren dünnen Stängeln, sehen sie aus wie Schmetterlinge.
    Wir sprachen nicht, während wir am Feldrand entlanggingen, unter mächtigen Baumkronen hindurch. Ich hörte auf das Knirschen der kleinen Steine unter unseren Gummisohlen, auf das Blätterrauschen über unseren Köpfen – und ich hörte mein Herz in mir drin laut klopfen. Irgendwann zog Jan wortlos an meiner Hand und mich ins Feld hinein. Wir wateten durch das Korn wie durch Wasser. Vorsichtig. Ich weiß gar nicht, ob man das darf. Ich denke mir, geknickte Halme lassen sich schwer mähen. Aber ich habe mich vorgesehen und wir haben nur wenige Halme geknickt.
    Schließlich ließ Jan sich zu Boden sinken. Meine Hand lag immer noch fest in seiner, also konnte ich gar nicht anders, als neben ihm ins Feld zu plumpsen. Er streckte sich auf dem Rücken aus, ich rollte mich auf die Seite. So konnte ich ihn ansehen, während er hinauf in den blauen Himmel starrte, über den ein paar weiße Wolken zogen.
    Seine freie Hand schob er sich in den Nacken, unsere verschränkten Hände hob er an und legte sie auf seinem Bauch ab, so in Hüfthöhe. Mit dem Zeigefinger strich er über meinen Handrücken. Und obwohl die Sonne so schön auf mich herunterschien und mein Scheitel schon ganz heiß war, bekam ich eine Gänsehaut.
    »Noch eine Woche, Bloom«, sagte er.
    »Ja«, sagte ich. »Noch eine Woche, Jan.«
    Und dann schwiegen wir wieder. Die Wolken zogen weiter und die Mohnblumen nickten ungerührt mit den Köpfen.
    Ich denke mir jetzt, ich hätte vielleicht mehr sagen sollen. Oder tun. Ich denke mir, das war wieder so ein Augenblick. Ein wichtiger. Aber ich habe nicht daran gedacht, etwas zu sagen oder zu tun. Ich war in diesem Moment einfach damit beschäftigt, glücklich zu sein.
     
    Anna
     

     
    Liebe Mama,
     
    ich muss dich etwas fragen. Wenn Jan mich mal besuchen kommen wollte, dann dürfte er doch bei uns schlafen, oder? Also dann müsste er nicht unbedingt zu seinem Vater, nicht wahr?
    Ich weiß, sie sollten sich vertragen. Ich weiß, das wäre besser. Aber Jan redet nicht mit seinem Vater. Da kann ich auch nichts machen. Und es wäre doch wirklich ungerecht, wenn wir darunter leiden müssten, dass die beiden nicht klarkommen. Denn wenn Jan mich nicht besuchen kommen darf, wie sollen wir uns dann wiedersehen?
    Er sagt, ich kann immer nach Amsterdam. Aber wenn ich ständig nach Amsterdam fahren will, wird das ja ziemlich teuer. Deshalb dachte ich, wir wechseln uns

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