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Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Titel: Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rina Bachmann
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Leben ist im Jetzt. Und das musst du akzeptieren und das Beste daraus machen. Vergiss all die Mätzchen! Du kommst deshalb noch in Teufels Küche. Die sperren dich noch ein und es ist nicht so einfach dort rauszukommen! Also vergiss es und mache etwas aus dem, was du hast. Es gibt ein anständiges Leben auch auf dieser Welt!“
    Ian starrte sie an, sein Mund leicht geöffnet und stammelte: „Ich … ich.“
    Die Alte schob den Becher vor seine Nase: „Trink! Eine gute Mischung ist das. Sie wird dir helfen, all den Unsinn aus deinem Kopf weg zu bekommen. Ab jetzt nimmst du es jeden Tag!“, verkündete sie. „Diese Kräuter halten, was sie versprechen.“ Sie wartete, bis er den Becher leerte.
    „Vergiss, alles, was früher war. Deine Familie ist bei einem schweren Unfall ums Leben gekommen. Es gibt keine andere Verwandtschaft, es gibt nur dich und mich. Und ich sorge dafür, dass du gesund und wie ein normaler Mensch aufwächst. Ist das klar?“
    Er blinzelte, seine Augen voll mit Tränen, und nickte kaum merklich.
    Sie nahm den Becher mit und ging. An der Türschwelle drehte sie sich um, sah ihn mit ihrem bohrenden Blick, der bis zu dem letzten Winkel seiner Seele zu gehen schien und raunte: „Noch etwas. Wage es nie, zu dem Alten Haus zu gehen. Egal was. Egal, wer was sagt oder es von dir verlangt. Du weißt, welches ich meine.“
    Er zeigte keine Reaktion.
    „Du hast dort nichts zu suchen“, setze sie hinzu. „Das Haus ist für Besucher gesperrt. Keiner soll den Fuß da rein setzen. Und du erst recht nicht.“ Sie schritt hinaus und ließ die Tür hinter sich fallen.
     
    Sein Leben in der Schule wurde nach dem Vorfall mit dem Direktor erst recht kompliziert. Keiner wollte mit ihm reden. Er saß allein am Tisch im Unterricht und in den Pausen machten alle einen großen Bogen um ihn. Die Jungs tuschelten hinter seinem Rücken, dass er ein Hexer wäre. Woher wollte er sonst wissen, dass der Direktor an dem Tag bereits unterwegs war und die Raucher gleich erwischen würde? Seine Mutter war wohl eine Hexe, wurde von einem Ohr ins nächste geflüstert. Obwohl keiner je seine Eltern gesehen hatte, galt es als eine beschlossene Tatsache. Dann kam der großmaulige Jakob mit seiner Idee dazu, Ian besäße übersinnliche Kräfte, deshalb wisse er mehr als die anderen. Und das Wissen, wie das ging, hatte er von der Alten, bei der er wohnte, abgeguckt, erzählte der Bengel. Jakobs ältere Schwester wäre immer zu ihr gegangen. Sie wusste Bescheid. Jedes Mal, nachdem sie die Alte besucht hatte, war jene seltsame Krankheit weg, die mit Übelkeit und Essstörungen einherging.
    Seine Schwester, die nicht einmal als hübsch bezeichnet werden konnte, war für ihren ungezwungenen Umgang mit Männern weit hinaus über die Grenzen der Siedlung bekannt.
     
    Ian floh vom dummen Gerede auf seine Wiese und schaute stundenlang in die Ferne. Sein Blick schweifte über die Wälder und Felder zu den Bergen, die hinter der großen Wiese in den Himmel ragten. Es war für ihn die wahre Erholung vom nervigen Getuschel in der Schule, einfach auf der Wiese zu sein und auf den höchsten Berg der Gegend zu schauen. Es gab noch andere, etwas niedrigere Gipfel links und rechts, die von dem Wald bis an die Spitzen bewachsen waren. Aber der Belchen, der oben rund und kahl war, und dadurch an die Tonsur eines Mönchs erinnerte, zog ihn immer aufs Neue, bei jedem Wetter an. Im Winter war er manchmal tagelang hinter den dicken Wolken oder im Nebel verschwunden. Ian scherzte insgeheim: „Er ist weg. Spazieren gegangen.“ Oder, wenn er länger nicht zu sehen war, dachte er: „Er ist im Urlaub, in die wärmeren Länder geflogen“, und freute sich jedes Mal, wenn er wieder frei wurde.
     
    Obwohl die Alte es ihm verboten hatte, erinnerte er sich gerne an die alten, guten Zeiten: an das weiche, schöne bläuliche Feuer, an die Oma, an das Flüstern ihrer Blumen, an den Geruch vom frischen Gebäck aus der Küche und an seine Mutter und ihre schöne Stimme. Er fand das frühere Leben immer noch aufregender und echter, als dieses hier. Die Alte sprach nie wieder mit ihm darüber. Den Tee aus ihrer speziellen Kräutermischung fand er aber jeden Tag auf dem Nachttisch. Oft kippte er den aus dem Fenster, dann lief er ins Freie, schaute auf die Berge und schwelgte wieder in seinen Erinnerungen.
    Eines Tages im Frühling passte er auf die Gänse auf und blickte hin und wieder verträumt in der Ferne. Die Lerchen sangen hoch im Himmel ihre fröhlichen

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