Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)
Staub zu zerfallen, arbeiten sie lieber weiter.“
„Und sie haben ihre Köpfe behalten. Wie kommt’s?“
„Sie haben ihren Weg früh genug gefunden, sind ihm gefolgt und Meister ihres Fachs geworden. Als die Grausame ihre Siedlungen eroberte und sie gefangen nahm, erklärten sie sich einverstanden, ihr zu dienen.“
„Zu ihr rüber gelaufen? So ganz aus freien Stücken?“
„Es war eher Zwang, der unter dem Deckmantel des freien Willens getarnt wurde. Dafür erlaubte ihnen die Herrscherin der Unterwelt, das weiter zu tun, was sie schon immer getan hatten, statt zu Staub und Asche zu zerfallen, oder als Untote für die Aufgaben besonderer Art eingesetzt zu werden. Ähnlich wie die Zwerge, haben sie sich mit ihrem Schicksal abgefunden.“
„Sie wollen also nicht wirklich ihr dienen.“
„Sie tun das, was sie tun müssen, um zu überleben. Die Alternative ist nicht besonders vielversprechend.“
Die Luft vor der Wand flimmerte auf und ein anderes Bild erschien. Es war so düster, dass Anna erst einige Sekunden brauchte, bevor sie dunkle Gestalten erkennen konnte. Sie schritten im Kreis. Acht Männer zählte die Jungmagierin zusammen. Jeder schob einen dicken, hölzernen Balken vor sich, der in einem massiven Mühlstein mit einem Ende befestigt war. Sie kamen eher mühsam voran. Ihre Füße versanken im dicken Schlamm. Er spritzte hoch und bedeckte die Lumpen an den Beinen, Armen und Schultern. Auf ihren vor Erschöpfung und Schmerz verzerrten Gesichtern las Anna stumme Resignation.
Einige Schritte entfernt beobachteten das Ganze zwei mit langen Schwertern bewaffnete Aufseher in schwarzen Uniformen. Ihre strengen Blicke richteten sich auf die schwitzenden, sich langsam bewegenden Arbeiter. Plötzlich stöhnte einer auf und fiel in den Matsch. Die beiden sprangen sofort zu ihm und zogen ihn rasch aus dem Kreis, bevor der Kumpel, der hinter ihm ging, über seinen Körper stolperte. Der schwere Stein verlangsamte seine Drehungen.
„Weiter machen!“, schrie einer der Aufseher. „Schneller!“
Die beiden schleppten den kraftlosen Arbeiter, der wie eine Stoffpuppe auf ihren Händen hing, rasch an den Rand der matschigen Fläche.
„Ich gehe Nachschub holen“, raunte der Erste.
„Und was mache ich mit dem hier?“ Sein Kumpel verpasste mit der Spitze seines Stiefels einen Kick in die Rippen des liegenden Mannes.
„Wenn der bis morgen nicht aufsteht, weißt du schon, was du machst“, warf der Erste über die Schulter und schritt in die Dunkelheit. Vor ihm erhob sich in einiger Entfernung der Gefängnisturm.
Der zweite Wächter nickte, grinste breit und fuhr mit der Hand über die scharfe Klinge seines Schwertes.
Das Bild flimmerte auf und verschwand sogleich von der Wandfläche.
Anna wandte ihr von Entsetzen erstarrtes Gesicht zur Schlage: „Macht er mit dem das, was ich denke?“
Scharta schloss die Augen für einen Moment, dann sagte: „Wenn er morgen seine Arbeit nicht aufnimmt, muss er vor die Grausame. Sie wird entscheiden, was zu tun ist.“
„Ich habe bereits gesehen, wie die Entscheidung ausfällt“, seufzte die Jungmagierin.
„Manchmal ersparen sie den Weg zu ihrer Herrin und erledigen es auf eigene Faust.“ Die Schlange ordnete ihren langen Körper in weite Ringe.
„So macht sie es also, wenn ein Sklave nicht mehr für sie arbeiten kann. In der Oberwelt war es früher ganz anders.“
„In der Unterwelt auch. Und jetzt ist jeder damit beschäftigt, der Grausamen und ihrer Gier zu dienen.“
„Und wenn sie keine Kraft mehr haben, werden sie einfach entsorgt!“ Die junge Frau schnappte nach Luft. „Grausam. Vor allem, dass diese Hölle die Oberwelt ersetzen soll!“ Sie verzog angewidert das Gesicht. „Es riecht hier schon fast wie im Toten Wald, nach Schwefel und faulen Eiern.“
„Das ist ihr Geruch.“
„Mir kommt die Galle hoch.“
„Du musst dich dran gewöhnen.“
„Nein. Auf gar keinen Fall! Bevor es so weit ist … Ich muss los. Ich kann nicht da sitzen und zusehen, wie alles vor die Hunde geht!“, sagte sie entschlossen und marschierte zum Ausgang.
„Du glaubst doch nicht, dass du allein gegen sie antreten kannst, oder?“ Die Schlange musterte die junge Frau missbilligend.
„Es ist sonst keiner da.“
„Höre mir gut zu, Mädchen. Was du gesehen hast, ist noch nicht alles. Es waren lediglich ein paar Szenen aus dem Alltag. Die Grausame hat nicht nur Unmengen von Dienern und Untoten, die ihr jeden Befehl jederzeit erfüllen. Ihr Wissen und Können
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