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Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Titel: Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rina Bachmann
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nickte.
    Scharta strich ihr mit dem Feuer nochmals über den Rücken und steckte die Fackel an ihren Platz zurück.
    „Danke“, seufzte sie. „Das tat gut. Jetzt geht es wieder besser.“ Sie stand auf und ging zu der Fackel, in sie die Drachenfigur beim letzten Besuch gelegt hatte und spähte hinein. „Ich wollte nur gucken, wie es ihm geht“, erklärte sie. Auf einmal drehte sie sich rasch zur Schlange um, ihre Augen weit aufgerissen. „Weißt du, wo er ist?“
    „Das kann ich dir nicht sagen. Ich bin auch nicht immer da“, erwiderte die Schlange. „Aber mache dir keine Sorgen“, fügte sie gelassen hinzu. „Das wird schon. Ich denke, er wird seinen Weg zu dir finden.“ Sie verteilte eine dünne Feuerschicht über die Wand mit ein paar gewohnten Bewegungen von links nach rechts. „Ich wollte dir etwas anderes zeigen.“ Das Feuer flimmerte, knackte, rollte eine Weile über die poröse Fläche hin und zurück, dann erschienen langsam die blassen Farben und Konturen. Kurze Zeit darauf wurden sie deutlicher und nahmen schließlich eine klare Gestalt an.
    Fröhliches Vogelgezwitscher erfüllte den niedrigen Raum. Die Gräser wiegten sich unter dem Wind, wie die langen, glänzenden Haare einer jungen Frau. Die Wiese, ein grüner Teppich, gesprenkelt vom Blau der Kornblumen, tiefem Rosa vom Klee, dem strahlenden Weiß und fröhlichem Gelb der Gänseblümchen, brachte Anna ins Schwärmen. Es duftet so herrlich, wie in den guten alten Zeiten! Ein Dutzend von Gänsen zupfte an den Grashalmen am Waldrand. Ian saß auf der Erde und schaute nachdenklich auf die Berge in der Ferne. Ich muss mal dorthin. Da ganz oben stehen . Es wäre bestimmt ein schönes Bild und ein tolles Gefühl.
    Die Jungmagierin wandte sich Scharta zu. „Er ist aber ein lockerer Vogel. Er schließt seine Gedanken grundsätzlich nicht. Das letzte Mal waren sie auch offen.“
    „Er hält es für einen Unsinn. Er glaubt nicht, dass jemand sie sehen und hören kann. Und dass sie jemanden interessieren könnten, käme er nicht unbedingt darauf. Das ist aber nichts Ungewöhnliches in der Menschenwelt.“
    Seine Gedanken zogen die beiden auf die Wiese zurück. Warum soll der eine Tag wie der andere sein, das eine Wochenende, wie das andere? Das Leben läuft nach einem alten ausgelatschten Muster. Öde Routine tagein, tagaus. Was macht es alles für einen Sinn? Er schüttelte den Kopf. Eine Windbö kam von hinten und blies seine rotblonden Locken ihm ins Gesicht. Er hielt die Haare zurück und machte sie fest mit einem Gummiring. Warum hat mir die Alte ständig eingeimpft, ich sollte unbedingt wie alle anderen sein? Es kommt mir vor, als ob ich ein Leben führe, das nicht meins ist. Und mein eigenes schwebt irgendwo, ich bin aber nicht da. Er schaute auf die Gänse, dann zum Häuschen der Alten. Es ist doch immer wieder das Gleiche: Job, essen, schlafen. Sich hin und wieder am Wochenende besaufen. Das war es dann auch. Und das soll schon alles sein? So sieht es das ganze Leben lang aus? Sein Blick schweifte auf den höchsten Berg der Gegend. Die untergehende Sonne färbte die kahle Kuppe rötlich. Es ist schon seltsam. Ich vermisse etwas, aber ich weiß nicht, was.
    Die Gänse, die dicht beieinander in einem Kreis Flügel an Flügel standen, als ob sie eine anrollende Gefahr witterten, gackerten plötzlich auf und brachen auseinander.
    Was die wohl für ein Problem haben? Muss ich gleich nachsehen. Er sah über die Schulter zum Sonnenuntergang, der die dünnen Schleierwolken im grenzenlosen, blauen Himmel in leichtes Violett färbte, und seufzte. Da hat die Alte schon recht. In dieser Welt gibt es nur die harten Tatsachen und die unliebsamen Wahrheiten. Naja, ich kann es wohl nicht ändern.
    Das Bild löste sich auf.
    Die junge Frau starrte immer noch auf die Wand, als ob sie eine Fortsetzung erhoffte.
    „Du weißt Bescheid“, hörte sie die verschwörerische Stimme der Hüterin des Wissens.
    „Ja, danke.“ Anna lächelte ihr zu. „Jetzt muss ich sehen, dass ich loskomme.“
    „Pass auf dich auf und mach keinen Unsinn.“
    Die Jungmagierin lief schweigend zum Ausgang.
    „Sei vorsichtig. Die Menschenwelt ist nicht so einfach und ordinär, wie du vielleicht denkst. Du kennst dich dort nicht so gut aus. Also schön aufpassen!“
    Anna kehrte zu ihr zurück, umarmte sie und streichelte leicht die hellen, schimmernden Schuppen an ihrem Hals. „Mache die keine Sorgen. Es wird schon.“
    „Ruhe dich etwas aus, bevor du gehst.“
    „Mache ich“,

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