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Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Titel: Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Neblin
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und ich hörte ihn nur noch lachend rufen „und zieh Dir Schuhe an, wenn Du durchs Haus läufst – sonst holst Du Dir noch den Tod.“
    Dann wachte ich auf.
    Ich öffnete die Augen. Eine goldene Morgensonne strahlte in das Schlafzimmer hinein und ließ es in warmen Tönen erstrahlen.
    Was für ein merkwürdiger Traum, es gewesen war. So lebendig. Ich brauchte, einige Minuten, um wieder in die Wirklichkeit zurückzufinden. Erst eine eiskalte Dusche brachte mich vollends wieder zu klarem Verstand. Es war ein schönes Märchen, das ich mir da zusammenfantasiert hatte und es hatte bestimmt damit zu tun, dass ich mit Annabell über das Leben im Jenseits spekuliert hatte. Vielleicht waren auch die Theorien des Reverends Schuld daran gewesen.
    Aber Annabell konnte sich für Märchen nichts kaufen. Für sie ging es um Leben und Tod.

63.      Kapitel

 
 
    Annabells Zustand verbesserte sich trotz Dr. Mercers intensiver Bemühungen auch in den kommenden Tagen nicht. Sie wurde zunehmend schwächer, schlief, wenn sie nicht an der künstlichen Niere oder anderen Vorrichtungen hing, die meiste Zeit des Tages. Wenn sie wach war, fühlte sie sich elend. Sie hatte kaum mehr die Kraft mehr als drei zusammenhängende Sätze zu sprechen. Es zerriss mir das Herz, sie so zu sehen. Dr. Mercer war ratlos. Er bereitete uns darauf vor, mit dem Schlimmsten zu rechnen.
    Es gab indes einen Lichtstreif am Horizont: Es war mir gelungen ein Ärzteteam bestehend aus den führenden Medizinern verschiedener Bostoner Kliniken dazu zu bewegen, ihre üblichen Verpflichtungen hinten anzustellen und gemeinsam den Weg in die Provinz zu erdulden, um ein krankes Mädchen zu untersuchen und gesund zu machen. Dr. Mercer hatte mich bei der Auswahl der Mitglieder unterstützt. Es hatte über eine Woche gedauert und einige von McCandle zur Verfügung gestellte Extra-Dollar gekostet. Zu den Ärzten vorzudringen, war zum Teil schwierig gewesen. Ihnen die Reise schmackhaft zu machen, noch schwieriger. Am schwierigsten aber war es gewesen, einige dieser Koryphäen dazu zu bewegen, zusammenzuarbeiten. Sie waren es gewohnt Teams zu leiten, nicht ihnen anzugehören, und hatten zum Teil persönliche Vorbehalte anderen Teammitgliedern gegenüber. Ein Professor von der Harvard Medical School ließ sich letztendlich nur mit VIP-Basketball-Karten für die kommende Saison zur Teilnahme überreden, die regulär praktisch nicht bekommen waren. Auch hier konnte ich mich glücklich schätzen, dass Westbury Hawthorne & Clarke die entsprechende Mannschaft steuerrechtlich betreute.
    Das Team bestand aus fünf Chefärzten - drei davon Professoren, einer medizinischer Direktor eines Hospitals - und ihren zwölf Assistenten. Eine solche Zusammenkunft hochqualifizierter auswärtiger Behandler hatte es in der Geschichte des Plymouth General noch nicht gegeben. Es wurde eigens ein Konferenzraum reserviert und die hiesige Ärzteschaft versuchte, die Gelegenheit zur Veranstaltung eines kleinen Symposiums mit Vorträgen und Diskussionsrunden zu nutzen. Ich erhob keine Einwände, solange das primäre Ziel des Besuchs nicht aus dem Blickwinkel geriet. Das eigentliche Problem war Zeit. Annabell hatte nach Dr. Mercers Einschätzung nicht mehr sehr viel davon.
    Wenn die Ärzte keine Lösung hatten, dann …
    Es war Montagabend. Die Ärzte sollten am kommenden Tag mit den Untersuchungen beginnen. Als ich das Krankenzimmer betrat, saß der Reverend an Annabells Bett. Wir begrüßten einander, ich berichtete kurz, wie der Ablauf des morgigen Tages geplant war, und dankte ihm zum wiederholten Male für seine Unterstützung.
    Annabell schlief, friedvoll diesmal, sodass nur die Anzeigen der Geräte verrieten, dass sie noch atmete. Wie leicht man sich vorstellen konnte, dass sie schon tot war. Der Gedanke brachte mich einmal mehr aus der Fassung, die ich den Tag über mit Mühe gewahrt hatte. Ich verbarg mein Gesicht in den auf die Knie gestützten Händen und kämpfte mit den Tränen. Auch McCandle war an diesem Tag entgegen seiner sonstigen Art nicht sehr gesprächig. Also saßen wir eine lange Weile schweigend nebeneinander und lauschten Annabells schwachem Atmen und dem Signalton der Herzkreislaufüberwachung.
    Auf einmal fing McCandle an, leise vor sich hinzusummen. Es war eine angenehme Melodie, aber sie erschien mir so fehl am Platze. Annabell lag fast im Sterben und er summte munter vor sich hin. Meine Nerven lagen blank. Ich würde die Last, die auf meinen Schultern ruhte, nicht mehr

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