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Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Titel: Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Neblin
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versuchte, ich konnte mich an kein Detail erinnern. Alle waren in schallendes Gelächter ausgebrochen. Ich hatte an mir heruntergesehen und festgestellt, dass ich in meinen Shorts vom vergangenen Abend steckte. Hawthorne war rot angelaufen und hat mich mit Stockschlägen aus dem Raum getrieben. Annabell, die DeVere an Janets Stelle begleitete, hatte beschämt über meine schlechte Leistung den Kopf geschüttelt. Bei einem letzten Blick in den Konferenzraum hatte ich gesehen, wie DeVere seine Finger über Annabells Schultern wandern ließ. Ich war schweißnass und mit Herzrasen aufgewacht und hatte Mühe gehabt, wieder einzuschlafen.
    Doch der irreale Schrecken der Nacht lag nun hinter mir. Ich stand auf und ging hinaus auf meinen Balkon. Es war schon wunderbar warm und am Himmel zeigte sich keine Wolke. Perfektes Strandwetter. Und was trug ein junges Mädchen am Strand? Die Chancen standen gut, Annabell im Bikini zu sehen. Diese Vorstellung war der Zuckerguss auf meinem Morgen …
    … bis mir Jason wieder einfiel. Auch er würde Annabell im Bikini sehen. Der kleine Lüstling.
    Ich ging ins Bad, war Annabell dankbar, dass sie in Erwartung meiner Ankunft Rasierzeug gekauft hatte, richtete mich einigermaßen her, denn ich war eitel genug, ihr nicht verschlafen unter die Augen zu treten, und ging leise nach unten.
    Eine Frage der vergangenen Nacht wurde beantwortet: Annabell trug immer noch ihre Nachtwäsche. Sie war aus einem seidig glänzenden Stoff gefertigt und bestand aus einer kurzen Hose und einem Oberteil mit schmalen Trägern. Es war köstlich. Was für schlanke Beine Annabell hatte. Wundervolle nackte Beine. Ich blieb einen Moment in der Tür stehen und betrachtete sie von hinten, bevor ich mich bemerkbar machte.
    „Guten Morgen!“
    Annabell zuckte leicht zusammen und drehte sich um.
    „Guten Morgen. Du bist ja schon wach. Ich wollte gleich hochkommen und Dich wecken.“
    Also war mir ihr Besuch in meinem Schlafzimmer entgangen. Wie schade. Aber was hätte ich machen sollen? Sie wie im Spaß auf mein Bett ziehen? Und dann? Vielleicht würde ich morgen auf sie warten.
    „Hast Du gut geschlafen?“, fragte sie.
    „Oh ja“, erwiderte ich, „ganz hervorragend. Wie ein Stein. Es schläft sich gut in dem Bett Deiner Großmutter. Und wie hast Du geschlafen?“
    „Ich habe gestern Abend noch eine ganze Weile wach gelegen und konnte nicht einschlafen.“
    „Vielleicht lag’s am Vollmond?“, schlug ich vor.
    „Ja, vielleicht.“
    Das klang nicht sehr überzeugt. Hatte sie etwa auch daran gedacht, zu mir zu kommen?
    „Aber dann“, fuhr sie fort, „habe ich bis um halb neun durchgeschlafen. Es fühlt sich gut an, wenn man in diesem großen Haus nachts nicht allein ist.“
    „Das kann ich mir gut vorstellen.“
    „Was trinkst Du zum Frühstück?“, erkundigte sie sich. „Tee oder Kaffee?“
    „Ein Tee wäre toll. Darjeeling?“
    „Ja, den haben wir. Geh nur schon raus. Ich habe alles vorbereitet.“
    Perfekt. Das war ja wie im Hotel.
    Ich ging nach draußen auf die Terrasse. Annabell hatte den Tisch gedeckt und eine Vase mit frisch geschnittenen Blumen aus dem Garten darauf platziert. Es gab Brötchen, Croissants, Pfannkuchen, italienische Salami, Schinken, Käse. Es war erstaunlich, an was Sie alles gedacht hatte. Rutherford musste Ihr meine Ankunft angekündigt haben. Kurz darauf kam sie mit einer Pfanne Rührei und Speck heraus. Wer sollte das alles essen?
    Das Ei war vorzüglich. Wenn ich ehrlich war, hatte ich den Eindruck, dass Samuel es nicht so gut hinbekam. Und Rosa war nichts im Vergleich mit Annabell.
    Ich langte ordentlich zu und war angesichts ihrer zierlichen Figur erstaunt, wie viel Annabell essen konnte. „Das Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages, hat Oma immer gesagt“, entgegnete sie, als ich eine entsprechende Bemerkung machte.
    „Deine Oma wird mir immer sympathischer.“
    Als wir fast mit dem Frühstück fertig und bei einem Obstsalat aus Blaubeeren, roten und weißen Trauben, Erdbeeren und Melone angelangt waren, störte ein Besucher die herrliche Zweisamkeit.
    „Na, Mr. Meyers? Ich sehe, Sie werden hier gut verpflegt.“ Rutherford kam von der Seite durch den Garten auf uns zu. „Guten Morgen Annabell.“
    Hier musste man also immer mit ungebetenen Besuchern rechnen, die nicht einmal den Anstand hatten, anzuschellen und an der Tür zu warten, bis man sie einließ. Der Ärger vom Tag zuvor brodelte in mir auf.
    „Guten Morgen, Onkel Charlton“, sagte Annabell

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