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Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Titel: Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Neblin
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sie war „temporär nicht erreichbar“.
    Wenn ihr nun etwas zugestoßen war. Wenn sie mit Jason irgendwo im Straßengraben lag. Wenn ich sie nie mehr wieder sehen würde. Nicht auszudenken.
    Um 20.48 Uhr hatte ich mich beinahe dazu durchgerungen, die Polizei anzurufen, als ich ein Auto auf der Auffahrt hörte.
    Na warte. Dieser kleine Hurensohn konnte was erleben, sie so spät nach Hause zu bringen! Ich hatte ohnehin noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen, weil er Annabell mit dem Glatzkopf allein gelassen hatte.
    Und Annabell konnte auch etwas erleben! Mir nicht zu sagen, wann sie zurück sein wollte und wo sie überhaupt hin wollte.
    Ich stürmte zur Tür und öffnete sie …
    … für Annabell und einen älteren Herren mit weißem Haar und Priesterkragen.
    „Hallo, Ethan. Danke, dass Du uns aufmachst.“
    Annabell strahlte mich an und die Sonne ging auf.
    „Hallo Annabell. Reverend.“
    „Guten Abend, mein Sohn. Ich bringe Ihnen Ihre Schwester wohlbehalten zurück.“
    „Ich verstehe nicht.“ Ich wandte mich an Annabell. „Wo ist Jason? Was ist mit ihm?“
    „Jason? Der wollte heute mit Eric und den anderen nach Providence fahren.“
    „Dann wart ihr beide gar nicht …“
    Langsam dämmerte es mir. Jason war gar nicht ihr Date für heute gewesen. Ich hatte mir vollkommen unnötig Sorgen gemacht.
    „Annabell und ich waren in Plymouth“, antwortete der Reverend. „Im Plymouth General haben sie eine Kinderstation, auf der leider auch einige sehr, sehr kranke Kinder behandelt werden müssen, für die es vermutlich keine Heilung geben wird.“
    „Ja, der Reverend und ich besuchen diese Station schon seit fast zwei Jahren und kümmern uns ein wenig um die kleinen Patienten. Wir spielen mit ihnen oder lesen ihnen etwas vor. Einige Kinder haben wenig Besuch. Die Eltern müssen arbeiten oder haben sonst keine Zeit oder es gibt keine Eltern mehr.“
    „Sie sollten sehen, mein Sohn, wie sehr sich die Kleinen freuen, wenn Annabell sie besucht. Sie freuen sich auch, wenn ich zu ihnen komme. Das will ich nicht abstreiten. Aber bei Ihrer Schwester ist das noch etwas ganz anderes. Sie hat eine so liebevolle Art mit ihnen umzugehen und die Kinder haben ein solches Zutrauen zu ihr. Das ist bemerkenswert.“
    Und ich hatte angenommen, Annabell vergnüge sich mit Jason in einem dunklen Kinosaal oder auf einem ruhigen Plätzchen in seinem Wagen. Ich fühlte mich wie ein Idiot.
    „Das kann ich mir gut vorstellen, Reverend, sehr gut sogar.“ Ich betrachtete Annabell. „Sie ist ein wundervolles Mädchen.“
    Annabell errötete leicht, schien sich aber über die Bemerkung zu freuen.
    „Und dann hat der Reverend mich noch zum Abendessen eingeladen. Da fällt mir ein: Hattest Du einen schönen Tag oder hast Du mich vermisst? Wie war der Nudelauflauf?“
    „Ach, der Tag war ganz in Ordnung. Ich war am Strand. Hab gelesen. Mal so richtig ausgespannt. Es war herrlich, einmal so viel Zeit zu haben. Der Nudelauflauf war sehr lecker.“
    Kurz darauf verabschiedete sich McCandle. Annabell ging nach oben, um sich umzuziehen.
    Als wieder herunterkam, fragte sie: „Warst Du zufällig in meinem Zimmer?“
    Verdammt! Ich hatte Spuren hinterlassen.
    „Ich? In Deinem Zimmer. Nein, was hätte ich da verloren?“
    „Also ich hätte schwören können, dass ich heute Morgen das Bett gemacht und Anthony auf die Decke gesetzt habe – so wie jeden Morgen.“
    „Vielleicht warst Du heute in Eile und hast es vergessen?“ bot ich ihr an.
    „Ja, das wird es sein.“
    Ein zufriedenes Lächeln lag auf ihrem Gesicht.

35.      Kapitel

 
 
    Die beiden kommenden Tage vergingen wie im Flug. Am Mittwoch trafen wir uns mit Cathy und Jen in der Stadt. Den Donnerstag verbrachten wir mit den anderen am Strand. Ich begann, mich an Annabells Freunde nicht nur zu gewöhnen, sondern mich selbst ein wenig mit ihnen anzufreunden. Es war fast so, als wäre ich noch einmal im High School-Alter und Schüler einer öffentlichen High School. Es war anders als meine Zeit an der Prep-School – irgendwie erfrischend. Mehrere unvermeidliche Telefonate mit Westbury, Hawthorne & Clarke sorgten allerdings dafür, dass ich die Realität nicht aus den Augen verlor.
    Dann kam der Freitag. Meine Woche in South Port neigte sich dem Ende zu. Am Samstag würde ich wieder frei sein. Ich würde nach Boston zurückkehren und mein gewohntes Leben wieder aufnehmen. Noch am vergangenen Freitag, als ich Verwünschungen murmelnd aus Rutherfords Büro gestürmt war, hatte

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