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Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne

Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne

Titel: Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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vor Hunger, Eva. Was hast du denn in deiner Speisekammer?«
    »Geh und schau selber nach! Aber du darfst nicht die kalte Gans nehmen. Die sollen meine Männer haben, wenn sie nach Hause kommen.«
    »Was deine Männer betrifft - Jess hat großartig zu meinem Lied im zweiten Akt gespielt. Ich mußte ihn hinterher ans Herz drücken. Hast du etwas dagegen?«
    »Nicht, wenn du ihn nicht mit deiner Schminke schmutzig machst. So, Anne, jetzt ist dein Rock tipptopp. Hast du die Bluse mitgebracht? Dann können wir die ganze Pracht mal anprobieren.«
    Lotti rumorte in der Speisekammer und kam mit einem Butterbrot in jeder Hand wieder herein. Sie setzte sich ohne Scheu auf den Rand des Eßtisches und musterte Anne.
    »Schick. Du hast aber auch eine großartige Figur. Und Eva ist eine Meisterin im Nähen. Wart mal eben - du müßtest einen breiten Gürtel umhaben. Halt mal.« Sie sprang vom Tisch herunter, lief ins Badezimmer und kam mit einem breiten schwarzen Gürtel aus Wildleder wieder zurück. Den schnallte sie um Annes schlanke Mitte.
    »Könnt ihr sehen, wie gut das paßt? Bitte, den kannst du behalten. Ich hab fast den gleichen zu Haus.«
    »Ja, aber - nein, das geht doch nicht.«
    »Alles geht in diesem Hause, nicht wahr, Mama Eva? Hallo, jetzt klingelt es wieder, das ist sicher Timm.« Lotti lief hinaus, um zu öffnen.
    Ein kahlköpfiger, etwas untersetzter Mann mit einem breiten Lächeln erschien in der Tür. »Tag, Eva. Hallo, ein neues Gesicht?« Er blickte fragend auf Anne.
    Frau Daell stellte vor: »Anne, dies ist der Schauspieler Timm Jervig. Und das ist meine neueste kleine Freundin, Timm. Anne Viken, eine Klassengefährtin von Jess. Was willst du übrigens hier, Timm? Essen oder baden?«
    »Ich brauche eine Aufmunterung, nachdem ich den ganzen Nachmittag im Froschgewand herumgehüpft bin«, stöhnte Timm. »Märchenspiele sind keineswegs das Schlechteste. Aber warum zum Kuckuck muß man immer Frösche dabei haben oder Katzen oder Hasen? Ich habe nichts gegen Tiere, außer wenn ich in eine Plüschhaut schlüpfen und selber Tier sein soll.«
    Anne lauschte mit offenem Munde. Hätte Timm Jervig chinesisch geredet, so hätte sie kaum weniger verstanden. »Ich -muß jetzt wohl gehen«, sagte sie. »Ich will mich nur umziehen.«
    »Geh rüber ins Zimmer von Jess und zieh dich um!« sagte Frau Daell. »Aber weggehen ist Unsinn! Du mußt jetzt warten, bis Jess und mein Mann zurückkommen. Und dann machen wir uns einen gemütlichen Abend. Glaub ja nicht, daß ich Timm und Lotti so bald los werde! Erste Tür rechts, Anne - das ist Jess’ Stube.«
    Anne raffte ihre Sachen zusammen und verschwand höchst verwirrt. Und während sie langsam und vorsichtig den Ballstaat auszog, dachte sie nach und staunte - und wie sie staunte! Sich vorzustellen, daß sie selbst so in ein Zimmer träte wie Lotti eben! So hereinzuplatzen und einfach zu sagen, man wolle baden! Sich vorzustellen, daß sie sagen könnte, sie habe Jess ans Herz gedrückt!
    Anne preßte den schwarzen Gürtel fest in ihrer Hand zusammen. Warum mußte Lotti Jess ans Herz drücken? Aber vielleicht drückte sie viele Menschen ans Herz. Das könnte man fast glauben, so offen wie sie darüber redete.
    Ihr Griff um den Gürtel lockerte sich. Riesig nett war es von Lotti, ihr diesen Gürtel zu schenken, obwohl sie sich erst fünf Minuten kannten.
    Sie mußte wieder und wieder den Kopf schütteln. Sich vorzustellen, daß man sagen konnte, man würde seine Gäste doch nicht los! Sich vorzustellen, daß man einem Gast sagte, er solle in die Speisekammer gehen und selber nachsehen. Nein, so war es nicht einmal bei Aspedals!
    Wenn Mutter das gehört hätte, wenn Marthild und Liv und Tore und Magnus das gehört hätten. Aber Mutter und Marthild und Liv und Tore und Magnus waren weit, weit weg von hier. Sie waren in einem fernen Winkel, in einer fernen Welt.
    Anne richtete sich unwillkürlich auf, als sie an die Ihren zu Hause dachte. Wohl waren die Menschen hier heiterer, freier, vielleicht glücklicher. Aber ob sie einen Stoß vertragen konnten, das wußte die Anne nicht. Ob sie das Leben auf Möwenfjord zur Winterszeit durchstehen würden, wenn der Sturm vom Meer hereinbrauste? Ob sie aushalten könnten auf einem kleinen Stück karger Erde, wie Annes Familie es Generationen hindurch ausgehalten hatte? Was würden sie wohl sagen, wenn sie die Kinder an der Hauswand anseilen müßten, damit sie nicht über den Steilhang in die See hinunterkullerten? Anne konnte sich noch sehr

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