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Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne

Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne

Titel: Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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wollte sie für nützlichere Sachen gebrauchen. Sie konnte leicht mit Brot und Butter und mit einem Spiegelei zu Mittag durchkommen.
    Dann strickte sie drauflos, Stunde auf und Stunde ab. Am ersten Weihnachtstag zu stricken, wäre auf Möwenfjord etwas ganz Unerhörtes gewesen. Aber sie hoffte, der liebe Gott würde sie verstehen und ihr vergeben. Es geschah ja zu einem guten Zweck.
    Indessen - ein wenig leer und einsam war es doch. Annes Gedanken kreisten unaufhörlich um den gestrigen Abend. Nie in ihrem Leben hatte sie etwas so Wunderbares erlebt wie diesen Heiligabend.
    Nach einer Weile legte sie das Strickzeug weg und setzte sich hin, um einen Brief nach Hause zu schreiben. Als sie damit fertig war, empfand sie aber die Einsamkeit noch stärker.
    Plötzlich fiel ihr etwas ein. Wenn Frau Aspedal irgendwo zu Besuch gewesen war, pflegte sie am folgenden Tage immer bei den Gastgebern anzuläuten und sich für den Abend zu bedanken. Und umgekehrt pflegten die Gäste, die sie selbst gehabt hatte, auch anzuläuten. So war es offenbar Sitte. Anne ging zum Telefon. Sie wollte nur einen Augenblick eine menschliche Stimme hören - denn es war doch so leer und still um sie her.
    Frau Daell war selbst am Telefon. »Bist du es, Anne?« rief sie erfreut. »Was tust du jetzt? Ach, es ist wahr; ich darf eigentlich gar nicht du zu dir sagen - aber es geht mir alles ein bißchen im Kopf durcheinander. - Darf ich doch? Oh, das ist nett! Bist du wieder fleißig? Ja, so ist es hier bei uns auch. Meine beiden Männer sind in der Probe. Ja, stell dir vor, der Pianist hat sich plötzlich krank gemeldet, und Jess muß ihn vertreten. Nun haben sie am Nachmittag des ersten Weihnachtstages Proben über Proben. Morgen ist nämlich Premiere. - Übrigens, Anne, wie ist das mit dem Rock? Ich wollte dir doch helfen, nicht wahr? Komm übermorgen nachmittag zu mir herauf. Meine Mannsbilder gehen um halb fünf in die Nachmittagsvorstellung. Dann machen wir uns mit Nadel und Faden eine gemütliche Stunde. So, jetzt klingelt es an der Wohnungstür. Mindestens schon zum achtenmal heute. Nett, daß du angeläutet hast, Anne! Soll ich meine Männer grüßen?«
    Anne legte lächelnd den Hörer auf. Frau Daells heitere dänische Stimme klang in ihrem Ohre nach. Frau Daell mühte sich zwar redlich, deutlich zu sprechen, damit Anne sie verstünde, sie wandte norwegische Wörter und Wendungen an - aber ihr Tonfall war und blieb dänisch. Jess dagegen sprach schon so gut norwegisch, daß man fast nichts mehr von seiner dänischen Herkunft merkte. Nur wenn er sehr lebhaft wurde, vergaß er sich und redete im unverfälschtesten Kopenhagener Dialekt.
    Daß es Leute gab, die das Dänische weich und unschön fanden, begriff Anne nicht. Ihr erschien es als die hübscheste Sprache, die sie jemals gehört hatte.
    Sie hatte den neuen blauen Pullover an, den Mutter zu Weihnachten für sie gestrickt hatte, Frau Daells weißen Kragen daraufgeheftet. Dazu trug sie Nylonstrümpfe und die neuen hübschen Schuhe. Sie genoß es, daß sie besser gekleidet war als je in ihrem Leben. So erschien sie am dritten Weihnachtstag bei Daells.
    »Wie gut dir die blaue Farbe steht!« sagte Frau Daell. »Jetzt bin ich gespannt, was für einen Stoff du gefunden hast. Aber erst wollen wir doch ein wenig zu Mittag essen.«
    »Mittag - jetzt?« fragte Anne. Sie hatte Eier und Butterbrot gegessen, aber aus irgendeinem Grunde war ihr Appetit nicht so wie sonst gewesen. Sie hatte nur dagesessen und sich mit Herzklopfen auf den Besuch bei Frau Daell gefreut.
    »Ich hoffe, du bist nicht allzu satt«, fuhr Frau Daell fort. »Wir Dänen essen immer spät zu Mittag, weißt du - eigentlich erst gegen Abend. Aber heute mußte ich ja meinen Männern etwas in den Mund stopfen, bevor sie gingen. Und wir dürfen jetzt die kümmerlichen Reste aufessen, ehe sie kalt werden.«
    Was Frau Daell »kümmerliche Reste« nannte, stellte sich als die köstlichsten Frikadellen heraus. Dazu gab es einen Nachtisch, wie Anne ihn nie gekostet hatte. Sie merkte, daß er schwach nach Kaffee schmeckte und fand ihn herrlich.
    »Mokkakreme ist Jess’ Lieblingsnachtisch«, sagte Frau Daell. »Ich wollte ihm heute etwas Gutes antun, dem armen Jungen. Ihm sind die Weihnachtsferien durch diese Geschichte ganz und gar verdorben. Ich hatte mich so darauf gefreut, ihm jetzt in der Weihnachtszeit ein bißchen aufzutischen. Und ich war so froh, daß er ein bißchen faulenzen könnte. Er hat es nötig - denn er arbeitet wirklich

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