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Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne

Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne

Titel: Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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bald dort mit einem Stückchen zu versehen, einer Scheibe köstlichsten Schinkens, einem Kosthappen von einem verführerischen Salat.
    Jetzt segnete sie das kalte Büfett, aber aus einem anderen Grund: Solange die Gäste damit beschäftigt waren, hatte das Servierpersonal Ruhe. Wenn aber das Mittagessen einsetzte, mit Suppe, Fisch, Fleischgang und Nachtisch, und wenn es darum ging, jedem einzelnen Gast das Essen so warm und verlockend wie möglich darzubieten, wenn Bestellungen auf Wein, Bier und Mineralwasser entgegengenommen, auseinandergehalten und notiert werden sollten
    - ja, dann galt es, alle Kräfte des Körpers und des Kopfes anzustrengen.
    Es war selbstverständlich, daß sie zu Anfang hin und wieder einen Bock schoß. Als eine schwedische Dame »glass« verlangte, brachte Anne ihr ein leeres Glas, und es dauerte eine Weile, bevor ihr aufging, daß die Dame eine Portion Eis gemeint hatte. Wie sollte Anne aber auch wissen, daß Eiskreme auf Schwedisch »glass« hieß? Dieser Fehler ertrank immerhin in einem gutmütigen Gelächter.
    Schlimmer war es, als ein Franzose Wein bestellte und nur »quatorze« verlangte - Nummer vierzehn. Auf dem Wege vom Tisch zum Büfett wurde »Quatorze« in Annes überanstrengtem Gehirn zu »quarante« - und der verblüffte Franzose, der einen Weißwein zum Fisch hatte haben wollen, bekam statt dessen die Nummer vierzig der Weinkarte, einen süßen Südwein, vor die Nase gesetzt. Um den Irrtum erklären zu können, hätte Anne einen entschieden größeren Wortschatz nötig gehabt, als ihr zur Verfügung stand. Blutrot und unglücklich brachte sie die aufgezogene Flasche wieder zurück und erhielt den Weißwein - und hinterdrein eine Strafrede. Was sollte man nun mit dem teuren Südwein machen, da die Flasche jetzt entkorkt war?
    Der Küfermeister ließ Gnade vor Recht ergehen. Er strich Annes Bon, für den sie verantwortlich war, und nahm die Flasche an sich. Der Südwein wurde glasweise an Gäste serviert, die es höchst rühmenswert fanden, daß man auf Aurestua eine so gute Sorte führte - an anderen Plätzen waren es nicht gerade die besten Weine, die man bekam, wenn man ein offenes Glas bestellte.
    Ach ja, mit Weinkarte und französischen Weinmarken zu jonglieren, war nicht Annes starke Seite. Zu Hause auf dem Dorfe lehnten sie alle den Alkohol ab - und auf Möwenfjord hatte man nie etwas Stärkeres getrunken als ein Glas dünnes Bier zu den geräucherten Hammelrippchen am Christabend. Das bißchen, was sie wußte, kannte sie von Aspedals her.
    Es war nicht zu leugnen, daß sie in dieser Zeit oft mit Dankbarkeit an Frau Aspedal zurückdenken mußte. Erst jetzt wurde es Anne eigentlich klar, wie viel an nützlichen kleinen Dingen, die nun einmal zum Leben der Stadtleute gehören, sie in diesem Hause gelernt hatte. Sie konnte einen Tisch richtig decken, sie wußte, wo und wie Gabel und Löffel liegen mußten und für welche Gerichte sie verwendet wurden. Sie wußte, daß man von links die Speisen reicht und von rechts einschenkt, sie wußte, daß Krümel weggefegt werden mußten, bevor der Nachtisch gereicht wurde. Sie kannte den Unterschied zwischen einem Bier- und einem Rotweinglas, und sie wußte, daß Sprudel und Mineralwasser in einem kleinen Glas ohne Fuß serviert wurden. Und daß man unter gar keinen Umständen das Messer gebrauchen durfte, wenn man Fisch aß - es sei denn, man hatte ein besonderes Fischmesser.
    Annes Gedanken wanderten oft zu dem Eßtisch daheim auf Möwenfjord. Nicht etwa, daß sie mit den dortigen Tischsitten unzufrieden gewesen wäre. Aber sie mußte sich eingestehen, daß ein schimmernd weißes Tischtuch auf einem hübsch gedeckten Tisch einladender aussieht. Gleichzeitig sagte sie sich jedoch auch, daß Mannsleute, die zum Mittagessen hereinkamen, müde und abgespannt von der Heumahd, vom Dungstreuen, vom Ausbessern der Boote, in ein lautes Gelächter ausbrechen würden über ein weißes Tischtuch, über Fischbestecke und Damastservietten.
    Jedes Ding zu seiner Zeit, dachte Anne, während sie die Suppe mit dem französischen Namen in weißen, zweihenkeligen Porzellansuppentassen herumreichte. Und ihr fiel eines von Evas goldenen Worten ein, das sie hatte fallen lassen, als Anne eines Tages in strömendem Regen heraufkam, in einem alten, abgetragenen Regenmantel, und sich dafür entschuldigte. »Das Zweckmäßige ist immer das Feinste«, hatte Eva gesagt. »Der scheinbar ,Feine’ kann oft ordinär werden, aber das Richtige und Vernünftige ist

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