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Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne

Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne

Titel: Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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hängengeblieben war, als die Schublade herausgezogen wurde?
    Wieder fühlte sie mit der Hand am inneren Rande des Schubfachs entlang - und plötzlich schrie sie laut auf vor Freude. Ganz zu innerst links stieß die Hand gegen Papier. Und da - ganz richtig: Ein offener Bankumschlag mit Geldscheinen darin - Anne zählte sie nicht, wollte sie nicht anrühren - sie sah nur, daß dies der vermißte Brief sein müsse.
    Sie stand noch über den Schreibtisch gebeugt, als sich die Tür auftat. Sie drehte sich um und - stand Frau Sönderbye gegenüber.
    »Aha«, sagte Frau Sönderbye. »Wollen Sie immer weiter behaupten, daß Sie niemals die Schubladen der Gäste öffnen?«
    »Diesmal habe ich es getan«, erwiderte Anne. »Und es hat sich gelohnt. Denn hier ist Ihr Briefumschlag. Bitte sehr!«
    Frau Sönderbye sah weder erleichtert noch beschämt aus, wie Anne erwartet hatte. Sie sah Anne mit merkwürdig zusammengekniffenen Augen an.
    »Aha! Den Trick kennen wir. Sie haben es gerade noch geschafft, den Briefumschlag wieder zurückzulegen. Und jetzt tun Sie so, als hätten Sie ihn gerade gefunden, nicht wahr?«
    Da richtete Anne sich auf und stand wie eine flammende Kerze vor Frau Sönderbye: »Nein, jetzt ist es aber, so wahr ich hier stehe, genug damit«, brach es aus ihr heraus. »Der Himmel soll mich davor bewahren, Hausmädchen in einem Hotel zu sein, wenn alle Gäste so wären wie Sie!«
    Und damit flog Anne auf die Tür zu und hinaus, geradewegs zum Direktor, den sie durch einen glücklichen Zufall auch antraf - er war sonst nur sehr schwer zu erwischen. Der Direktor ahnte nicht das geringste davon, daß Anne überhaupt im Hotel angestellt war. Er war ein vielbeschäftigter Mann, der Wichtigeres zu tun hatte als einem zornigen und unglücklichen und tränenblinden Hausmädchen zuzuhören.
    »Darüber müssen Sie schon mit der Hausdame sprechen«, schnitt er ihr nach ein paar Sätzen die Rede ab.
    »Das habe ich ja getan - aber sie glaubt mir nicht.«
    »Und dann wollen Sie, daß ich Ihnen glaube? Wenn Frau Legard, die Sie doch offenbar kennt, Ihnen nicht glaubt, dann soll ich, der ich...«
    »Das Geld hat sich doch aber angefunden!«
    »Ja, weshalb heulen Sie denn noch?« Endlich konnte Anne ihm den Sachverhalt erklären. Der Direktor zuckte mit den Schultern.
    »Tja. Sie haben den Schein gegen sich. Sie können Frau Sönderbyes Behauptung nicht widerlegen. Das beste, was Sie tun können, wird wohl sein, daß Sie sie um Entschuldigung bitten und damit die Geschichte aus der Welt schaffen.«
    »Ich? Ich soll sie um Entschuldigung bitten? Nein, dann.« Anne hielt plötzlich inne. Sie hätte beinahe Timm Jervigs Lieblingsausdruck gebraucht: »Lieber wollte ich in der Hölle schmoren!«
    Der Direktor schaute ungeduldig auf die Uhr. »Diese Angelegenheit muß zwischen Ihnen und Frau Legard geregelt werden. Ich habe keine Zeit, mich um die Sorgen des Personals zu kümmern.«
    Die Unterhaltung mit Frau Legard verlief ebenso nutzlos. Anne fror unter ihren kühlen Augen und stand zuletzt wie versteinert da. Sie machte noch einen Versuch:
    »Wollen Sie bitte so freundlich sein und auf eine Sache achten«, sagte sie. »Ich fand den Umschlag ganz drinnen links in der Schublade. Dort hatte er sich festgehakt. Lassen Sie doch bei Gelegenheit diese Schublade untersuchen, ob vielleicht ein Splitter oder eine Unebenheit oder irgend etwas andres schuld daran sein könnte, daß sich das Papier da festhakte!«
    Frau Legard seufzte ergeben. »Sie sind unverzeihlich dumm gewesen, Fräulein Viken. Wenn es so ist, daß Sie unschuldig sind, wie konnten Sie es sich dann einfallen lassen, wieder hineinzugehen und in der Schublade zu kramen, ohne einen Zeugen mitzunehmen?«
    »Zeugen?« sagte Anne. Sie heftete ein Paar große Augen auf die Hausdame. »Ich bin es gewohnt, daß man mir aufs Wort glaubt.«
    »Ich muß es wiederholen: Sie sind entweder unverzeihlich durchtrieben oder unverzeihlich dumm«, sagte Frau Legard. Sie hatte jetzt endgültig die Geduld verloren. »Eins noch: Sie haben heute abend frei. Inger Ottesen übernimmt Ihren Flurdienst. Sie können morgen den ihren machen.«
    Anne drehte sich um und ging. Ging auf ihr Zimmer, tauschte die Hausmädchentracht gegen ihre eigene aus. Und dann ging sie hinaus. Ging und ging. Denselben Weg, den sie und Jess Ostern zusammen gegangen waren. Am zweiten Ostertag. An ihrem achtzehnten Geburtstag.
    Der Lärm der Hüttengrammophone verlor sich immer mehr, je weiter sie ging. Zuletzt war es ganz

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