Anne - 03 - Anne - 03 - Anne, der beste Lebenskamerad
den haben wir - diese kosten zweisechzig - hier ist ein einfacherer zu einsachtzig - Himbeerdrops kosten die Tüte fünfundsiebzig, mein Junge.“ Anne zählte Geld und strickte, verkaufte Zeitschriften und Ansichtskarten und strickte, gab Auskunft und strickte - strickte - strickte.
„Brief für dich, Anne!“
„Von Jess?“
„Jess? I bewahre, der hat dich längst vergessen, es gibt so reizende Mädchen in Paris, mein Herzchen! Es ist doch schon mindestens vierundzwanzig Stunden her, seit du zuletzt von ihm gehört hast - o nein, dies ist ein Geschäftsbrief.“
Anne sah sich den Briefumschlag an. Unten in der linken Ecke trug er den Firmenaufdruck „Wochenblatt der Dame“.
Mit einemmal schlug ihr das Herz hoch hinauf, so daß sie es beinahe hören konnte.
Wenn das nun.!
Und das war es tatsächlich:
Frau Anne Daell,
Lyngby bei Kopenhagen, las Anne.
Sehr geehrte Frau Daell.
Wir haben das Vergnügen, Ihnen mitzuteilen, daß Sie den 1. Preis von zweitausend Kronen in unserem Strickpreisausschreiben gewonnen haben.
Das Urteil der Jury war einstimmig. Ihre außergewöhnlich schöne Arbeit wird am 1. Oktober zusammen mit den übrigen preisgekrönten Arbeiten im Fenster unserer Geschäftsstelle ausgestellt.
Wir wären Ihnen zu Dank verpflichtet, wenn wir in Ihrer Wohnung ein Interview mit Ihnen machen könnten und möchten Sie bitten, unserer Schriftleitung telefonisch einen Zeitpunkt anzugeben, wann es Ihnen paßt, daß eine unserer Mitarbeiterinnen Sie aufsucht.
Ein Scheck über zweitausend Kronen liegt bei.
Mit Hochachtung
„Eva - Eva - mir bleibt die Sprache weg!“ Evas Augen überflogen den Brief.
„Ach Annelein - wie freue ich mich, wie bin ich froh!“
„Aber ich erst, Eva! Ich erst!“
„Wir müssen Hausputz halten. Hier muß es blitzen, wenn diese Journalistin kommt!“ Anne lachte.
„Ja, und neue Gardinen aufhängen und die Betten frisch beziehen und die Kartoffelkiste innen ausscheuern! Du bist mir schon die Rechte, Eva!“
„Junge Dame, bitte deiner grauhaarigen Schwiegermutter allen nötigen Respekt zu zollen!“
„Wo sind deine grauen Haare? Nein, Eva, es gibt nur eins, was wir tun müssen, und das müssen wir gründlich tun. Wir müssen alles, was es in diesem Haus an Strickarbeiten von meiner Hand gibt, zusammensuchen, wir müssen sie waschen und dämpfen, so daß sie was hermachen, und dann eine private Ausstellung veranstalten.“ „Sieh mal einer an - ist das die bescheidene kleine Anne?“
„Geh mir ab mit der Bescheidenheit. Begreifst du nicht, daß dies die beste Gelegenheit für mich ist, eine blendende Reklame und noch dazu kostenlos zu bekommen? Die Dame muß mich von vorn und von hinten fotografieren und in der Küche und im Bett und.“
„. in der Badewanne“, schlug Eva vor.
„Nein, vor allen Dingen mit dem Strickzeug. Und wir müssen beide zugleich reden, du und ich, sie muß alles über mich erfahren, von der Schuhnummer angefangen bis zu meinem Abiturzeugnis!“ „Ich kenne dich gar nicht wieder, Anne“, sagte Eva. „Wo drückt denn der Schuh?“
„Nirgendwo“, lachte Anne. „Aber verstehst du, ich möchte mit meinem Stricken Geld verdienen. Ich will verkaufen - ich will alles verkaufen, was ich stricken kann, und alles stricken, was ich verkaufen kann! Das ist immerhin eine Sache, die ich wirklich kann - und wer weiß, was mir dieses Können noch eines Tages einbringt!“ Die Vertreterin des „Wochenblatts der Dame“ wollte am Sonntagvormittag kommen.
„Das bedeutet, daß wir beim ersten Hahnenschrei aufstehen müssen“, sagte Eva. „Das Haus muß einwandfrei in Ordnung sein, und wir haben Samstag Besuch.“
„Wen denn?“
„Tante Modesta und Tante Adethe. Ach, richtig, du kennst sie ja noch gar nicht - es sind nämlich meine Tanten, die eine ist achtundsechzig, die andere siebzig - zwei furchtbar nette alte Damen übrigens. Sie waren lange nicht hier, und nun möchte ich es ihnen richtig gemütlich machen.“ Samstag nachmittag war Anne frei und konnte Eva bei den Vorbereitungen zur Hand gehen. Es machte immer riesig viel Spaß zuzusehen, wie Eva eine Gesellschaft vorbereitete, und wenn diese noch so klein war. Sie hatte so flinke, geschickte Hände und einen guten Geschmack. Der Tisch sah reizend aus mit Herbstblumen und Kerzen, und das Essen war so wohlschmeckend wie immer bei Eva.
Und die Tanten waren sanftmütig und rührend, lebhaft und interessiert. Sie wirkten viel jünger, als sie waren.
Tante Modesta war Witwe, Tante
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