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Anne Frasier

Anne Frasier

Titel: Anne Frasier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marinchen
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sie von mittlerer Größe war, und kompakt gebaut wie eine Balletttänzerin. Sie trug einen hellen Rock, der über geschwungene Hüften und einen flachen Bauch fiel und auf Höhe ihrer Knie in einem Farbausbruch aus Rot, Schwarz und Weinrot endete. Dazu kombinierte sie ein schwarzes, leicht tailliertes T-Shirt und Turnschuhe. Auf der Schulter einen grünen Leinenrucksack.
    Er wusste nicht warum, aber aus irgendeinem Grunde hatte er erwartet, dass sie weit älter wäre, fast schon in Rente. Aber sie war vermutlich etwa in seinem Alter. Na ja, glaubte man manchen - Ethan zum Beispiel - konnte man auch das als alt ansehen. Eigenartig, wie die Wahrnehmung des Alters sich im Laufe des Lebens wandelte.
    Er schüttelte ihre Hand und betrachtete sie. Ihr Haar war rot und glatt, und sie hatte diese kurzen Audrey-Hepburn-Ponyfransen. Ihre Wangenknochen waren vom selben Rosa wie ihre Nase, sodass sie aussah, als hätte sie den ganzen Tag im Garten gearbeitet. Sie erinnerte ihn an irgendjemand ... an wen? Dann fiel es ihm ein. Ethan. Die Farbe. Die blauen Augen. Die Wangenknochen, die Gesichtsform.
    Er schüttelte ihre Hand, behielt die Kontrolle. Das tat er immer so. Wenn er einen Mann traf, packte er energisch zu, gerade lange genug, um höflich zu wirken, nicht unterkühlt. Bei einer Frau war sein Griff fest, aber nicht bedrohlich.
    Er ließ ihre Hand los.
    Als er ihr in die Augen schaute, verspürte er ein eigenartiges Gefühl der Überraschung, vielleicht des Wiedererkennens, obwohl er sicher war, sie noch nie zuvor gesehen zu haben. Ihre Augen ... waren alt. Nicht alt wie in dem Alter, das er erwartet hatte, sondern traurig. Wenn sie ihn ansah, wich sie nicht zurück, sie schloss auch nicht langsam die Lider, gab nichts vor. Da war bloß diese starke, geradlinige Trauer. Und zugleich war es mehr als Trauer, als hätte sie den Schmerz überstanden und könnte jetzt alles ertragen. In seinem Job als Detective hatte er solche Augen schon gesehen. Es war der Blick von KZ-Überlebenden, er gehörte immer jemandem, der etwas Furchtbares durchlebt hatte.
    Aus irgendeinem Grunde, den er nicht erklären konnte, machte ihr Anblick ihn noch wütender. Teufel, er würde babysitten müssen. Für so einen Scheiß hatte er keine Zeit.
    Er wollte sie packen und schütteln und fragen, was zum Teufel sie hier zu suchen hatte. Stattdessen gelang es ihm, diese Reaktion zu unterlassen, seine aufsteigende Wut zu unterdrücken. Statt sie direkt anzugreifen, sagte er: »Wissen Sie, da draußen werden Leute ermordet.« Er wollte, dass sie verstand, dass es kein Spiel war.
    Er erwartete, dass sie seiner Direktheit auswich, der Feindseligkeit in seiner Stimme.
    Sie hob die Augenbrauen ein wenig. »Ich weiß«, war alles, was sie sagte.
    Ich weiß! Kapierte sie es denn nicht? Sie war im Weg! Sie war verdammt noch mal im Weg!
    Sie zog eine Akte aus ihrem Rucksack und reichte sie ihm.
    »Was ist das?«
    »Ein Profil.«
    »Das habe ich schon gesehen.«
    »Nicht dieses hier.«
    Er hob die Akte und musste sich noch mehr bemühen, seine Wut im Zaum zu halten. »Das ist Ihr Profil?«, fragte er ungläubig. Die Frau war unglaublich dreist. Dass sie ein Profil zusammenstellte und erwartete, dass er sich ernsthaft damit beschäftigte, war, als erklärte sie ihm, dass sie als Gehirnchirurgin arbeiten wollte, obwohl sie keine Ausbildung darin hatte und noch nie in einem OP-Saal gewesen war.
    »Und was, wenn wir es mit einem Nachahmer zu tun haben? Dann ist Ihr Profil einen Dreck wert.« »Glauben Sie, es ist ein Nachahmer?« »Vielleicht.« Er verspürte kein Bedürfnis, seine Theorien mit ihr zu teilen.
    »Sie sollten mein Profil lesen. Ich bin gespannt, was Sie dazu sagen.«
    Er hielt ihr die Akte hin, bis sie gezwungen war, sie zurückzunehmen. Er musste das alles sofort unterbinden, bevor es noch weiter führte. Und er musste sie wissen lassen, wer der Chef war. »Ich will ganz ehrlich mit Ihnen sein«, sagte er. »Denn ich habe keine Zeit für Blödsinn. Sie können mitkommen. Es nervt, aber ich habe meine Anweisungen. Sie können mir Kaffee holen, Zeitungen, was zu essen. Sie können Nachforschungen durchführen, wenn ich Sie darum bitte. Aber niemand hat gesagt, dass ich Sie den Bullen spielen lassen muss.« »Sie werden es nicht lesen?« »Teufel, nein, ich werde es nicht lesen.« »Dann erzähle ich Ihnen, was drin steht.« Sie begann, ihr Profil vorzutragen. Sie konnte das verdammte Ding auswendig.
    »Der Mörder ist männlich, höchstwahrscheinlich

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