Anne Gracie
anerkennt.“ Sie schüttelte den Kopf.
„Deine Sturheit ist auch eine typische Renfrew-Eigenschaft.“
„Er ist ein
gefühlloser Klotz, genau wie sein Vater.“
Sein Vater, fiel Nell auf, nicht unser Vater.
„Er wird
bald Nells Schwager sein. Ich bin mir sicher, in dieser schweren Zeit wird es
für deine Verlobte ein Trost sein zu wissen, dass die ganze Familie auf sie
wartet und sie in ihr Herz schließen will.“
Harry warf
ihr einen verhaltenen Blick zu. „Woher weißt du, dass sie Nell willkommen
heißen werden?“, fragte er in etwas milderem Tonfall.
„Weil
Marcus mir das gesagt hat, als er angeboten hat, die Trauung in der
Familienkapelle der Alverleighs vornehmen zu lassen.“
Harry
runzelte die Stirn. „Aber warum dort? Warum nicht in London?“
„Weil Nell,
obwohl sie nicht Schwarz trägt, immer noch um ihren Vater trauert und nun
natürlich auch um die kleine Torie.“
Nell kamen
die Tränen. Sie drehte sich rasch um und presste ihre bebenden Lippen
aufeinander, bis sie sich wieder gefasst hatte. Harry legte sofort tröstend den
Arm um sie, doch sie nickte nur zum Dank und trat dann einen Schritt zur Seite.
Sie musste lernen, allein damit fertigzuwerden. Sie konnte ihn nicht ewig damit
belasten.
„Daher
würde es sich für sie nicht ganz schicken in St. George's am Hanover Square
getraut zu werden“, fügte Lady Gosforth ruhig hinzu.
„Ihre
eigene Dorfkirche von Firmin Court wäre am besten geeignet“, erwiderte
Harry bestimmt.
Einen
Moment lang war die Versuchung für Nell groß. Nach Hause zurückzugehen und in
der Kirche zu heiraten, in der sie getauft worden war ... In den Kirchenbänken
all die lieb gewonnenen, vertrauten Gesichter zu sehen, mit denen sie
aufgewachsen war ... Sie würden alle zu ihrer Hochzeit kommen wollen, das
wusste sie.
Aber sie
hatte Torie dort taufen lassen wollen, an dem uralten Steinbecken, an dem sie
selbst schon die Taufe empfangen hatte, genau wie ihre Mutter, ihre Großmutter
und all die vielen Generationen davor. Und irgendwie konnte sie den Anblick
dieses Taufbeckens nicht mehr ertragen, nicht, nachdem sie Torie verloren
hatte.
Lady
Gosforth versuchte eindeutig, eine Aussöhnung zwischen den zerstrittenen
Halbbrüdern herbeizuführen. Harry war den beiden älteren gegenüber ablehnend
und feindselig eingestellt. Nell hatte keine Ahnung, warum das so war, und
wollte sich auch nicht einmischen. Allerdings wusste sie, wie es war, gar keine
Familie zu haben.
„Ich würde
gern in Alverleigh heiraten, falls du nichts dagegen hast“, sagte sie.
„Warum
solltest du das wollen? Du kennst doch keinen von ihnen“, gab Harry zu
bedenken.
„Nein, aber
mir wäre es trotzdem recht“, erklärte sie schlicht. „Ich selbst habe keine
Familie und würde deine gern kennenlernen. Wenn du jedoch nicht möchtest, dass
sie mich kennenlernen, dann natürlich nicht.“
Harry
starrte sie an. „Unsinn! Es wäre eine Ehre für sie, dich kennenlernen zu
dürfen. Nein, das ist es nicht, es ist nur ... Ach, vergiss es. Nell, willst du
wirklich dort heiraten?“
„Nur, wenn
du das auch willst.“ Sie wartete ab.
Er hob die
Hände. „Dann heiraten wir eben in Alverleigh, aber mach mir hinterher keine
Vorwürfe, wenn du dich dort nicht wohlfühlst.“ Er sah seine Tante an,
deren Augen belustigt funkelten. „Und macht mir keinen Vorwurf, wenn ich Marcus
ins Gesicht schlage.“
„Nein, mein
lieber Junge, das tun wir nicht, wir würden uns wahrscheinlich sogar darüber
freuen“, versicherte Lady Gosforth.
„Wie
bitte?“, riefen Nell und Harry wie aus einem Mund.
Seine Tante
zuckte mit den Schultern. „Männer prügeln sich am Anfang immer und enden dann
irgendwann als beste Freunde.“ Sie wandte sich Nell zu. „Als Harry und
Gabriel sich
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