Anne Gracie
verzweigende
Flure, bis der Mann endlich an eine Tür klopfte und sie für Nell aufhielt. „Der
Frühstückssalon, Mylady.“
Gabriel
wollte sich gerade mit einem Teller Roastbeef zu Tisch setzen, seine Brüder
Nash und Marcus hatten bereits angefangen zu frühstücken. Als Nell eintrat,
erhoben sich alle höflich. Sie war völlig außer Atem.
„Lady
Helen, was ist passiert?“, fragte der Earl.
Nell sah
ihn an und wusste nicht recht, wie sie anfangen sollte. Eine absurde Idee hatte
sich in ihrem Kopf festgesetzt und immer größere Ausmaße angenommen. „Harry ist
nach London geritten.“
Der Earl
nickte. „Ich weiß, geschäftlich.“
Sie wandte
sich an Gabriel. „Das glaube ich nicht. Ich glaube, er ... er will eventuell
einen Mann umbringen.“ Es klang so dra matisch, wenn sie es laut
aussprach, und doch wusste sie instinktiv, dass Harry hinter Sir Irwin her war.
„Wie, um
alles in der Welt, kommen Sie auf den Gedanken?“, fragte Gabriel. „Kommen
Sie, setzen Sie sich zu uns. Trinken Sie eine Tasse Tee.“
Sie
gestattete ihm, ihr einen Stuhl zurechtzurücken, und nahm auch den Tee dankend
an, trank ihn aber nicht. „Er ist schon eine ganze Weile hinter diesem Mann
her. Er ... er ist sehr wütend auf ihn.“
„Ja, aber
man bringt doch nicht einfach Leute um, nur weil man auf sie wütend ist.“
„Nein, aber
ich vermute, Harry will ihn zum Duell fordern.“ Einen Moment lang
schwiegen alle. „Ein Duell?“ Gabriel sah sie scharf an. „Aus welchem
Grund?“
Nell
schluckte. „Meinetwegen.“ Sie zwang sich, seinem Blick standzuhalten. „Das
ist der Mann, der ... der mir Gewalt ...“
„Wir haben
Sie schon verstanden“, unterbrach Nash sie mitfühlend und taktvoll.
„Wenn Sie
mit Ihrer Vermutung recht haben, warum hat Harry ihn dann nicht schon längst
zum Duell gefordert?“, wollte Gabriel wissen. „Warum hat er damit bis
jetzt gewartet?“
„Weil er
bislang den Namen des Mannes nicht kannte. Ich habe mich geweigert, ihn ihm zu
nennen. Ich glaube jedoch, die Information stand in dem Brief, den er gestern
erhalten hat. Das würde seine plötzliche Anspannung danach erklären.“
Die Männer
tauschten Blicke. „Sie könnten recht haben“, sagte Gabriel. „Es sieht ihm
nicht ähnlich, jemanden zum Duell zu fordern, aber diesen Mann würde er wohl
fordern.“
„Ich möchte
nicht, dass er sich mit Sir Irwin duelliert“, rief Nell. „Bitte, Sie
müssen ihm nachreiten und ihn daran hindern!“
„Das werden
wir auch“, versicherte Gabriel. „Aber falls es schon zum Duell gekommen
ist, kann ich nur sagen, dass Harry ein sehr guter Schütze und meisterhafter
Fechter ist. Gegen ihn hätte fast niemand hier im Land eine Chance.“
„Duelle
sind gesetzlich verboten“, gab der Earl zu bedenken. „Ich bin
Magistrat.“
„Genau!“
Nell rang verzweifelt die Hände. „Was passiert, wenn Harry Sir Irwin umbringt?
Ich will nicht, dass er gehängt oder deportiert
wird oder fliehen muss.“ Sie liebte ihn doch. Sie wollte ihn heiraten, mit
ihm in Firmin Court leben, Kinder bekommen und Pferde züchten.
„Wir
kümmern uns um ihn, seien Sie unbesorgt“, versprach Gabriel. „Wie lautet
der vollständige Name des Schurken?“
„Sir Irwin
Clendinning.“
„Und wo
wohnt er?“
Sie sah ihn
verwirrt an. „Oh nein!“, klagte sie. „Ich habe keine Ahnung, wo er
wohnt!“
Wieder
kehrte Stille ein, als alle über dieses Problem nachdachten.
„Sir Irwin?“, meinte Nash plötzlich.
„Dann ist er ein Baronet.“
„Mag sein, aber was spielt das für eine
Rolle?“
„Das
Adelsregister“, erklärte Nash. „Da wird er eingetragen sein.“ Sie
eilten alle in die Bibliothek.
Das Buch
lag aufgeschlagen auf dem Tisch. „Hier steht er schon“, stellte der Earl
fest. „Das Buch ist genau an der Stelle mit seinem Eintrag aufgeschlagen. Harry
muss
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