Anne Gracie
Damen der Londoner Gesellschaft umgarnt worden. Er
hatte gründlich und schmerzhaft gelernt, was die eleganten Damen von Harry
Morant wollten – ein lüsternes Abenteuer, mehr nicht.
Der junge
Harry Morant hatte zunächst nicht verstanden ... nicht begriffen, dass
er im Bett einer hochwohlgeborenen Dame zwar willkommen war, sie ihn aber
niemals heiraten würde ...
Doch er
hatte seine Lektion gelernt, im zarten Alter von dreiundzwanzig Jahren, als er
jung, naiv und zum ersten Mal Hals über Kopf wirklich verliebt gewesen war.
Harry war
schon seit Jahren nicht mehr naiv. Er wusste inzwischen genau, was er von
vornehmen Damen zu erwarten hatte.
An der
Küchentür blieb sie noch einmal stehen und drehte sich zu ihm um.
Wieder
durchzuckte ihn ein heftiges Begehren. Sie war weder schön im klassischen Sinne
noch sinnlich gebaut, und sie spielte ganz sicher nicht ihre Reize aus, um sich
attraktiver zu machen, dennoch konnte er die Augen nicht von ihr lassen. Sobald
sie in der Nähe war, reagierte sein ganzer Körper auf sie. Ob Milchmädchen
oder Bauerntochter, das war ihm völlig gleichgültig gewesen.
Aber die
Tochter eines Earls ... Das war nun wirklich eine unerwartete Ironie des
Schicksals.
3. Kapitel
ell
füllte einen großen
Krug mit Wasser und trug ihn vorsichtig
die Treppe hinauf. Sie stellte ihn auf einen Beistelltisch
und zog einen Schlüssel aus ihrer Tasche. Selbst in ihrem eigenen Haus, in dem
alle Türen nach draußen sicher verriegelt waren, hatte sie stets die Gewissheit
gebraucht, dass ihre eigene Tür abgeschlossen war. Sie drehte den Schlüssel im
Schloss und betrat zum wahrscheinlich letzten Mal ihr Zimmer.
Zum letzten
Mal.
Unter der
Wucht dieser Erkenntnis ließ sie sich auf ihr Bett fallen. Es gab keinen
Grund, noch länger hier zu bleiben. Sie musste Firmin Court verlassen. Das
einzige Zuhause, das sie je gekannt hatte.
Sie hatte
davon geträumt, Torie hierhin zurückzubringen ... Torie ... Noch schaffte sie
es nicht, an sie zu denken.
Sie sah
sich in ihrem Zimmer um; dem Zimmer, in dem sie ihren Mädchenträumen
nachgehangen hatte. Dem Zimmer, in dem ihre Kindheit und ihre Träume ein
abruptes Ende gefunden hatten.
Sie hatte
damit gerechnet, ihr ganzes Leben hier zu verbringen. Das war ihre einzige
Sicherheit gewesen – das Wissen, dass das Haus auf ihren Namen überschrieben
war und dass Papa mit seiner Spielsucht keinen Zugriff darauf hatte.
Wie sehr
sie sich geirrt hatte! Wahrscheinlich hatte er fest vorgehabt, sie als
Eigentümerin eintragen zu lassen – schließlich hatte er es immer gut mit ihr
gemeint, der arme Papa, aber Versäumnisse hatte er noch nie eingestehen können.
Lügen,
immer wieder Lügen. Obwohl er sie aufrichtig geliebt hatte – und daran zweifelte
sie nicht –, hatte er sie selbst in den wichtigsten Dingen immer belogen. Immer
hatte er das Gefühl gehabt, sie vor der Wirklichkeit beschützen zu müssen,
stets gegen alle Vernunft hoffend, er könnte die Situation ändern, das sprich
wörtliche Kaninchen aus dem Hut zaubern und alles wieder gutmachen. Nein, mehr
als nur gut; Papa hatte immer darauf gebaut, alles wunderbar machen zu können.
Nur war ihm
das nie gelungen, es war schlimmer und schlimmer geworden. Nun saß sie hier,
ohne Geld und ohne ein Zuhause, und Torie war auch verschwunden ...
Bald bin
ich in London, redete sie sich ein. Der Vikar hatte die Annonce in der Zeitung
entdeckt. Sie hatte sich sofort um die Stelle beworben und sie auch bekommen.
Gesellschaftsdame einer verwitweten Dame, die zum ersten Mal nach London zu
reisen wünschte.
Mitten in
ihrer Verzweiflung war ihr das wie ein gutes Zeichen vorgekommen.
Entschlossen
zog sie sich aus. Es gab nichts Besseres als kaltes
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