Anne Gracie
verschenkt, wie? War das nicht sogar dein
Lieblingshut?“ Sein Blick fiel auf Harrys bloße Hände. „Und ... nein, sag
bloß nicht, auch noch deine polnischen pelzgefütterten Handschuhe! Um diese
Handschuhe habe ich dich jahrelang beneidet!“
Harry
zuckte mit den Schultern. „Sie hat so gefroren und war völlig durchnässt.“
Er konnte sich selbst nicht so recht erklären, was in ihn gefahren war.
Ethan
schnaubte. „Ich friere auch und bin durchnässt, verdammt. Und zwar durch und
durch, wegen des Schneckentempos, in dem du plötzlich neben diesem Fuhrwerk
hergeritten bist. Ich habe übrigens schon oft erbärmlich gefroren, seit ich
dich kenne, und ich bin dein Freund! Wenn du diese Handschuhe unbedingt
loswerden wolltest, hättest du sie auch mir schenken können!“
Harry
schwieg. Ethan machte die absurde Situation ohnehin schon viel zu viel Spaß, da
brauchte er nicht auch noch Öl ins Feuer zu gießen, indem er versuchte, ihm das
Unerklärliche zu erklären.
Doch Ethan
ließ nicht locker. Sein wissendes Lächeln war wirklich ärgerlich. „Harry
Morant, wir sind jahrelang kreuz und quer über die Iberische Halbinsel gereist,
bei Eis und Schnee, im Kampfgetümmel und bei sengender Hitze, doch noch nie
hast du ein gutes Paar Handschuhe oder gar deinen Lieblingshut
verschenkt.“
„Das war
etwas anderes. Damals brauchte ich sie.“
Ethan warf
ihm einen ungläubigen Blick zu. „Und jetzt brauchst du sie etwa nicht? Mann, es
gießt in Strömen, falls du das noch nicht bemerkt hast!“
Harry hatte
es bemerkt. Er schlug seinen Kragen hoch und ritt weiter.
„Also“,
fragte Ethan nach einer Weile, „wie heißt sie?“
Harry
zuckte erneut mit den Schultern.
„Wollte sie
es dir nicht sagen?“
Harry
schüttelte den Kopf. „Ich habe sie gar nicht gefragt.“
„Und wo
wohnt sie?“
„Das hat
sie mir auch nicht gesagt.“
„Was hat sie denn gesagt?“
„Nichts.“
„Nichts?“
„Nichts.“
„Gott stehe
mir bei. Und was hast du gesagt – nein, erzähl es mir nicht, wahrscheinlich
auch nichts.“
„Nicht
jeder ist so geschwätzig wie du, Delaney.“
„Nein,
Harry, aber selbst ein maulfauler Baumstumpf muss irgendetwas von sich geben,
wenn er eine Frau finden will.“
„Meine
Tante ist gerade dabei, eine Frau für mich zu finden“, gab Harry steif
zurück. Er selbst suchte gar keine Frau. Das Mädchen auf dem Fuhrwerk hatte
mitleiderregend ausgesehen, das war alles. Und er ... er hatte ihr nur seinen
Hut gegeben.
„Deine
Tante“, sagte Ethan verächtlich. „Was für ein Mann überlässt es seiner
Tante, eine Braut für ihn zu finden?“
„Ein
vorsichtiger Mann.“
Ethan
fluchte. „Ausgerechnet du mit deinem hübschen Gesicht – Mann, die Frauen
stehen deinetwegen Schlange!“
Harry
schnaubte nur.
„Ich habe
sie doch gesehen, auf dem Hochzeitsball deines Bruders – sie haben dich
umschwirrt wie Motten das Licht. Ginge es um mich mit meiner hässlichen Visage,
dann könnte ich das mit der Tante ja noch verstehen, aber du ...“ Er
schüttelte den Kopf.
„Sie waren
mir ungefähr genauso willkommen wie Motten, das kannst du mir glauben“,
behauptete Harry.
Ethan
lachte schallend auf. „Erzähl mir doch keine Märchen, Junge! Ich habe dich
jeden Morgen ins Haus schleichen sehen, du hast immer nach irgendeinem Parfüm
geduftet – und es war jedes Mal ein anderes Parfüm!“
„Das war ja
das Problem“, murmelte Harry.
„Gott, so
ein Problem hätte ich auch gern!“
„Sie
wollten nicht mich“, führte Harry aus.
„Nein,
natürlich nicht“, spottete Ethan.
„Sie waren
nicht einmal daran interessiert, mit mir zu reden.“ Harry hatte sich
gefühlt wie ein – wie nannten die Italiener das? – wie ein gigolo. Ins
Bett der Dame zitiert, wo er deren Wünsche zu erfüllen hatte, doch niemals
eingeladen zu einem Dinner oder
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