Anne Gracie
Sobald er zu Hause war, würde er seiner Tante schreiben.
Bei dem
Gedanken wurde ihm warm ums Herz. Zum ersten Mal im Leben hatte er ein eigenes
Zuhause. Und schon bald würde er eine Ehefrau haben, die es mit Wärme füllte.
Und seinen ... Verstand ... zur Ruhe brachte.
„Das ist ja ein großartiges Anwesen, das du
dir da gekauft hast, Harry, alter Junge!“, rief Ethan begeistert aus.
Sobald sie
die Pferde in den Stallungen untergebracht, die während Harrys Abwesenheit
erledigten Arbeiten überprüft und der neuen Köchin mitgeteilt hatten, dass acht
Männer bekocht werden mussten, hatte Harry Ethan zu einem Rundgang eingeladen.
„Diese
Ställe sind fantastisch. Hier gibt es alles, was ein Mann sich wünschen kann –
und sogar die Reste einer Reitbahn, wenn mich meine Augen nicht trügen.“
„Das tun
sie nicht“, erwiderte Harry und lächelte. „Lady Helens Großeltern
mütterlicherseits – ihnen gehörte nämlich dieser Besitz – waren berühmt für
ihre Araberzucht. Zu ihrer Zeit brachten sie zahlreiche Sieger hervor.“
„Lady
Helen, hm? Ich vermute, sie ist ein sehr nettes, hübsches Mädchen, diese Lady
Helen.“
Harry
zuckte leicht zusammen. „Wie kommst du darauf?“ Ethan grinste anzüglich.
„Weil du sie in den letzten beiden Tagen mindestens ein Dutzend Mal erwähnt
hast.“
Harry
machte ein finsteres Gesicht. „Das ist ganz normal – schließlich habe ich ihr
früheres Zuhause gekauft.“
Ethan
nickte feierlich. „Normal, ja, das wäre genau auch meine Wortwahl
gewesen.“
„Diese
Zäune müssen erneuert werden, bevor der Winter kommt.“ Harry übersah
geflissentlich die Belustigung in Ethans Augen und zeigte auf die schadhaften
Zäune. „Manche Latten und Pfähle sind so verrottet, dass sie splittern, wenn
sich ein Pferd an ihnen reibt.“
„Das
stimmt.“ Ethan wurde wieder ernst. „Gleich morgen früh lasse ich ein paar
Burschen sämtliche Zäune inspizieren und einschätzen, was für Material wir
benötigen.“
„Das habe
ich schon erledigt“, sagte Harry. „Das Holz sollte morgen
eintreffen.“
Ethan stieß
einen anerkennenden Pfiff aus. „Du hast wirklich keine Zeit verschwendet!“
Harry
winkte ab. „Ich will nur so viel wie möglich geschafft bekommen, bevor der
Winter anfängt.“ In Wirklichkeit brannte er lichterloh vor Begehren und
konnte es doch nicht stillen, und über die kalten,
morastigen Felder zu streifen war genau das Richtige, überschüssige ... Energie
abzubauen.
„Was ist
denn das dort?“ Ethan zeigte auf ein kleines Haus ganz am Rande des
Besitzes, nicht weit vom Dorf entfernt. „Es sieht verlassen aus.“
Offensichtlich
wohnte dort wirklich niemand. Es war ein kühler Tag, und aus allen anderen
Schornsteinen im Dorf stieg Rauch auf. Der Garten vor dem Haus war ungepflegt,
Efeu rankte hoch bis zum Strohdach.
Harry rief
einen der Einheimischen herbei, die für ihn tätig waren. Am Tag, als er die
Papiere zum Kauf des Besitzes unterschrieben hatte, war er nach Firmin Court
zurückgekehrt und hatte mit der Hilfe des Vikars und Aggies ein halbes Dutzend
Männer aufgetrieben, die mit den dringendsten Reparaturarbeiten anfangen
sollten. „Was ist das für ein Haus?“, fragte er den Mann. „Wem gehört
es?“
„Ihnen,
Sir“, erwiderte der Mann. „Es war einmal das Verwalterhaus, aber als es
kein Geld mehr gab, ist der Verwalter fortgezogen. Na ja, er war nicht von
hier – ein Fremder, aus Leicester, glaube ich. Jetzt wohnt da niemand mehr,
außer wahrscheinlich Spinnen, nehme ich an.“
Harry
dankte ihm und der Mann machte sich wieder an die Arbeit. Ethan betrachtete
das Haus aus schmalen Augen. „Hast du etwas dagegen, wenn ich es mir einmal
ansehe, Harry?“
„Natürlich
nicht. Obwohl ich nicht
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