Anne Gracie
verstehe, warum du dich so dafür interessierst.“
Ethan
antwortete nicht, er war schon auf dem halben Weg zum Haus. Harry folgte ihm
neugierig. Es gab ein hölzernes Gartentor, das knarrte, als sie es aufstießen.
Das Unkraut im Vorgarten reichte ihnen bis zu den Knien.
Ethan ging
um das Haus herum, spähte durch die Fenster mit Rautenmuster, klopfte an die
Dachrinnen und riss ein paar Efeuranken ab, um den Zustand der Hausmauer zu
überprüfen. „Hast du einen Schlüssel?“, fragte er Harry.
„Ich bin
mir nicht sicher.“ Harry holte einen Schlüsselbund aus seiner Tasche und
inspizierte das Schloss der Haustür, um zu sehen, welcher Schlüssel passen
könnte.
„Nicht
nötig“, sagte Ethan plötzlich. Er hatte die Klinke gedrückt und die Tür
war von allein aufgegangen. Die Freunde traten ein. Überall war es staubig und
voller Spinnweben, doch die Luft roch sauber, nicht feucht oder moderig. Die
Treppe knarrte ein wenig unter dem Gewicht der beiden Männer, aber morsch war
sie eindeutig nicht.
„Das ist
genau das, was ich brauche“, stellte Ethan fest, während er das letzte
der drei Schlafzimmer besichtigte. Wie das Haupthaus war auch das Verwalterhaus
solide gebaut und benötigte nur ein paar oberflächliche Reparaturen.
„Verkaufst du es mir?“
„Natürlich,
wenn du das möchtest“, gab Harry überrascht zurück. „Aber warum willst du
ein Haus kaufen? Du brauchst doch gar keins.“
„Oh
doch.“ Ethan zupfte etwas abblätternde weiße Farbe von der Wand.
„Ich bin
davon ausgegangen, dass du wieder mit im Haupthaus wohnen willst, so wie schon
im Gutshof. Was soll ich sonst mit einem Haus mit zehn Schlafzimmern
anfangen?“
„Mir ist es
völlig gleichgültig, wo ich wohne, wie du sehr wohl weißt“, erwiderte
Ethan. „Aber eine Ehefrau will gern Herrin im eigenen Haus sein.“
„Eine
Ehefrau? Du hast doch gar keine.“
„Richtig,
aber ich habe dir doch schon erzählt, dass ich jemandem ernsthaft den Hof
mache“, erinnerte Ethan ihn. „Wenn ich ein hübsches kleines Häuschen
vorzuweisen hätte, könnte das einen positiven Einfluss auf ihre Entscheidung
haben. Und da du auch vorhast, dir eine Frau zu suchen, brauche ich mein
eigenes Zuhause. Zwei Ehefrauen unter einem Dach? Nie im Leben, mein
Junge!“
„Gut, das
sehe ich ein – doch wer ist diese geheimnisvolle Frau, Ethan?“
Ethan
zwinkerte. „Warte es ab. Kümmere dich nicht um mein Liebesleben, sondern mach
dich lieber selbst ernsthaft auf die Suche nach einer Frau. Was ist denn mit
dieser Lady Helen?“
„Was soll
mit ihr sein?“, verteidigte Harry sich sofort. „Ich sagte dir bereits, ich
habe nur ein paar Stunden mit ihr verbracht. Unsinnig zu
glauben, sie würde mir etwas bedeuten. Warum sollte sie? Ich kenne sie ja kaum.
Ich erwähne sie nur deswegen manchmal, weil ihr Einfluss noch zu spüren ist im
Haus. Die Leute haben mir erzählt, sie hat letztes Jahr, als die Ernten so
katastrophal ausfielen, ganz allein ein halbes Dutzend Familien vor dem
Verhungern bewahrt. Da ist es nicht weiter überraschend, dass ihr Name immer
wieder einmal fällt. Jedenfalls ist sie jetzt in London, liest irgendeiner
alten Dame etwas vor und trinkt mit ihr Tee!“ Seine Heftigkeit
überraschte ihn selbst. Er räusperte sich und sah aus dem Fenster.
Ethan warf
ihm einen langen, vielsagenden Blick zu. „Ja, ja, ich sehe schon, du hast
keinen Gedanken an das Mädchen verschwendet. Nicht einen einzigen.“
„Das ist
richtig“, brummte Harry. „So, jetzt schaue ich mal nach, wie die Männer
zurechtkommen.“ Damit wandte er Ethan und seiner ärgerlich
selbstzufriedenen Miene den Rücken und trat aus dem Haus.
Ethan
verstand ihn einfach nicht. Wegen seines eigenen anstrengenden Werbens bildete
er sich wahrscheinlich ein, dass es allen anderen ebenso
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