Anne Gracie
und trug Breeches darunter, trotzdem war Papa
schockiert, als er es herausfand. Ich musste ihm versprechen, es nie wieder zu
tun.“
„Und Sie
haben es wirklich nie wieder getan?“
„Nein, ich
hatte es ja versprochen. Papa wusste, dass ich meine Versprechen halte.“
Harry fiel
auf, dass sie das Wort „ich“ betont hatte, als ob Papas Versprechen
weniger verlässlich gewesen wären. Wahrscheinlich war das auch so, schließlich
hatte der Mann seinen ganzen Besitz verspielt. „Sie sind immer noch jung“,
erinnerte er sie.
Wieder
verzog sie das Gesicht. „Nein. Nein, das bin ich nicht. Als junges Mädchen war
ich so unschuldig und so naiv. Ich dachte, alles würde immer so weitergehen,
wie es war.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich lebte in einer kindischen
Traumwelt, wissen Sie, in einer wunderschönen, rosafarbenen Seifenblase.“
Die dann
wohl gründlich geplatzt war, dachte er.
Sie
seufzte. „Ich muss umkehren. Mrs Beasley hat sich mal wieder mit einem ihrer
Köpfe ins Bett gelegt, aber sie wird schon bald wieder aufstehen.“ Sie
lachte leise. „So nennt sie ihre Kopfschmerzen – ‚einen meiner Köpfe‘. Jedes
Mal, wenn sie das sagt, stelle ich mir vor, wie sie eine Truhe öffnet und sich
einen von einer ganzen Anzahl abgetrennter Köpfe aussucht.“ Sie warf ihm
einen verschmitzten Blick zu. „Albern, ich weiß.“
Harry
schüttelte nur den Kopf, er fand keine Worte. Wenn sie ihn so ansah, mit
lachendem Mund und funkelnden Augen, wollte er nur
eins: über die Mauer springen und sie küssen, bis ihr Hören und Sehen verging.
Sie wandte
den Blick ab. „Sabre ist ein wunderschönes Tier. Darf ich ihm eine kleine
Leckerei geben?“
„Ja,
natürlich, aber seien Sie vorsichtig, wenn es ums Essen geht, benimmt er sich
nicht immer wie ein Gentleman.“
Sie zog ein
leicht bräunliches Apfelgehäuse aus ihrer Rocktasche. Auf seinen Blick hin
erklärte sie: „Ich fürchte, das ist eine uralte Angewohnheit von mir. Ich hebe
meine Apfelgehäuse immer auf. Manchmal vergesse ich ganz, dass ich keine Pferde
mehr habe.“ Sie streckte die Hand flach aus und redete beruhigend auf das
Tier ein. „Sabre, du hübscher Kerl, sieh mal, was ich hier für dich habe!“
Bei ihren
Worten reagierte Harrys Körper sofort. Ein Glück, dass sich eine Mauer zwischen
ihm und ihr befand. Sabre reckte den Hals und schnupperte gierig an dem Leckerbissen.
Zur Sicherheit hielt Harry ihn am Zaumzeug fest, doch Sabre nahm das
Apfelgehäuse ganz sanft von ihrer Hand.
„Von wegen
kein Gentleman! Du hast wundervolle Manieren!“, raunte sie dem Pferd zu.
Mit einer Hand streichelte sie seine weiche Nase, mit der anderen kraulte sie
seine Ohren. „Das magst du, nicht wahr, mein Schatz?“
Harry war
versucht, sie darauf hinzuweisen, dass er so etwas ebenfalls mochte, aber damit
hätte er sie ganz sicher in die Flucht geschlagen. „Diese wundervollen Manieren
sind das Ergebnis vieler langer Stunden der Erziehung, um ihm sein eigentliches
Naturell abzugewöhnen. Diese Rasse ist nämlich so gezüchtet worden, dass die
Tiere alle anderen Menschen beißen, außer den eigenen Herren.“
Sie sah auf
und runzelte die Stirn. „Diese Rasse? Die einzigen Pferde, von denen ich gehört
habe, dass sie immer noch für den Kampf gezüchtet werden, sind die
Kriegerpferde aus Zindaria, und die sollen angeblich ein Mythos sein.“
„Dann hat
soeben ein Mythos Ihr Apfelgehäuse verspeist“, erklärte er.
Ihre
schönen Augen weiteten sich. „Sie meinen ...“ Sie betrachtete Sabre
genauer. „Er sieht anders aus als alle Pferde, die ich kenne – ich habe ihn
schon damals im Wald bewundert. Ist er wirklich ein Kriegerpferd aus
Zindaria?“
„Ja, und in
den Stallungen von Firmin Court stehen noch sieben weitere
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