Anne Gracie
hatte
doch sonst alles andere verkauft, was er in die Finger bekommen hatte.
Dem vierten
Earl of Denton war es gelungen, einen großen, blühenden Besitz
herunterzuwirtschaften. Er hatte ihn bis zum Anschlag mit Hypotheken belastet,
alles verkauft, was verkauft werden konnte, und trotzdem hatte das noch nicht
gereicht, um seine Schulden begleichen zu können. Und dann, als er schon mit
einem Fuß im Schuldgefängnis gestanden hatte, war er einem Herzinfarkt
erlegen. Mitten auf einer Straße, wie Harry gehört hatte.
Danach
waren die Aasgeier eingezogen; die Gerichtsvollzieher und die, denen der Earl
Geld geschuldet hatte. Sie hatten sich einverleibt, was von dem einst so
prachtvollen Besitz noch übrig war. Pedlington vertrat die Londoner Kanzlei,
deren Aufgabe darin bestand, das zu retten, was noch zu retten war.
Harry hatte
in Bath alles darüber erfahren – und daraufhin seinen gesellschaftlichen
Verpflichtungen den Rücken gekehrt, sehr zum Leidwesen seiner Tante. Es hatte
ohnehin keinen Sinn gehabt. Die Mittelschicht-Väter der Mädchen, die seine
Tante für ihn ausgesucht hatte, hatten ihm unmissverständlich klargemacht,
dass sie für ihre Töchter eine bessere Partie anstrebten.
Also war
Harry hierher geritten, um sich das Anwesen anzusehen. Ehe der verstorbene
Earl Firmin Court übernommen hatte, war der Besitz berühmt für seine Pferde
gewesen.
„Ich kann
mir nicht vorstellen, dass der fünfte Earl besonders begeistert ist über die
Aufgaben, die jetzt vor ihm liegen“, vermutete Harry. Der arme Kerl.
Pedlington
schüttelte den Kopf. „Nein, das ist er in der Tat nicht. Er ist ein Cousin
zweiten Grades des verstorbenen Earls – er lebt in Irland – und er hatte keine
Ahnung, wie es um diesen Besitz bestellt ist. Der Ärmste erlitt einen
ziemlichen Schock, als er von der Höhe der Schulden erfuhr. Er fiel sogar in
Ohnmacht, sagte man mir. Was nützt einem ein Titel, wenn er einhergeht mit
einem Erbe, das zum Großteil unveräußerlich und hoch verschuldet ist?“ Er
warf Harry einen hoffnungsvollen Blick zu. „Wenigstens kann dieser Teil des
Besitzes verkauft werden.“
Harry
ignorierte ihn. Das Haus war vollkommen leer geräumt worden, und das nicht erst
in letzter Zeit. In den Räumen roch es nach Staub, weil sie lange nicht bewohnt
gewesen waren, aber nicht nach Schimmel und Fäulnis. Die beiden Männer gingen
weiter von Zimmer zu Zimmer, und Harry bestand darauf, dass ihm alles gezeigt
wurde, obwohl ihn das Haus im Grunde gar nicht interessierte.
„Was zum
...“, murmelte der Anwalt. Eins der Schlafzimmer war abgeschlossen. Mit
zunehmendem Ärger probierte er einen Schlüssel nach dem anderen aus. „Es ist
nur ein Schlafzimmer, Sir, nicht weiter interessant. Es ist im selben Zustand
wie der Rest des Hauses.“
Harry zog
eine Augenbraue hoch. „Und Sie haben keinen Schlüssel dafür?“
„Nein, aber
ich versichere Ihnen, ich werde umgehend einen besorgen“, erwiderte
Pedlington gepresst.
Der
fehlende Schlüssel war Harry ziemlich gleichgültig, daher machte er auf dem
Flur kehrt und schlenderte wieder zurück.
„Möchten
Sie sich vielleicht noch die Küche ansehen? Oder den Dachboden und den
Bedienstetentrakt?“ Pedlingtons Tonfall verriet, dass er bereits mit einer
Absage rechnete.
Harry
machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ich bin mir nicht sicher, ob das
überhaupt einen Sinn hat. Hier ist alles entsetzlich verwahrlost. Nun ja,
vielleicht doch die Küche, obwohl sie bestimmt nur äußerst unzureichend
ausgestattet ist. Und da ich eigens den ganzen Weg bis hierher auf mich
genommen habe, kann ich mir genauso gut auch noch die Außengebäude
ansehen.“
Pedlington
war inzwischen davon
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