Anne Gracie
runzelte die Stirn. Der
Hut sah genauso aus wie ... ein Geräusch lenkte ihn ab. Was zum Teufel war das?
Es klang nach einem Pferd, das Schmerzen hatte. Jemand murmelte leise.
Er lief den
Hauptgang hinunter und sah im Vorbeieilen in jede Box. Sie waren alle leer –
bis auf die letzte. Der untere Teil der Boxentür war geschlossen, aber der
obere stand offen. Er sah hinein.
In der mit
Heu ausgestreuten Box lag eine Stute, offensichtlich in Geburtswehen. Ihre
mageren Flanken waren nass von Schweiß. Sie quälte sich sichtlich und warf sich
von einer Seite auf die andere. Kein gutes Zeichen. Eine junge Frau kauerte
neben der Stute, in gefährlicher Nähe zu den ausschlagenden Hufen. Ihr Gesicht
konnte Harry nicht sehen.
Er zog
seinen Mantel aus. „Wann haben die Wehen begonnen?“
„Etwa
fünfzehn Minuten nachdem das Fruchtwasser abgegangen ist.“ Die Stimme
klang grimmig und die Frau drehte sich nicht einmal zu ihm um. Aus einer
kleinen Flasche goss sie sich etwas Öl auf die Handfläche.
„Das kommt
mir zu lange vor.“
„Ich
weiß.“ Sie verkorkte die Flasche wieder und stellte sie beiseite. „Das
Fohlen liegt falsch.“
Jetzt sah
Harry es auch. Der Schwanz der Stute war in ein Tuch gewickelt worden, sodass
man die schon austretende Fruchtblase erkennen konnte. Darin zeichnete sich der
Umriss eines einzelnen winzigen Hufs ab. Es hätten zwei kleine Hufe sein
müssen, denen kurz darauf der Kopf folgen würde. „Das Fohlen muss im Mutterleib
gedreht werden“, stellte Harry fest und krempelte seine Ärmel hoch.
Sie war mit
dem Einölen ihrer Hände und des rechten Unterarms fertig. „Ich weiß. Genau das
will ich jetzt versuchen.“
„Ich helfe
Ihnen.“ Harry entriegelte die untere Boxentür.
„Nein!
Kommen Sie nicht herein – Sie regen sie nur auf!“ Die Frau wandte ihm
flüchtig das Gesicht zu.
Sie war es.
Die junge Frau auf dem Fuhrwerk. Er konnte nicht viel von ihr erkennen, nur ein
flüchtiges Aufschimmern blasser Haut und große, besorgte Augen, aber er war
sich ganz sicher.
„Bleiben
Sie zurück! Männer machen sie nervös!“
Harry
ignorierte sie. „Wollen Sie sich wirklich einen Huftritt gegen den Kopf
einfangen? Sie können ihr nicht helfen, solange sie in diesem Zustand
ist!“ Als er die Box betrat, warf die Stute den Kopf zurück und verdrehte
die Augen, bis nur noch das Weiße darin zu sehen war. Sie legte die Ohren flach
an, entblößte die Zähne und unternahm einen verzweifelten Versuch aufzustehen.
Die Frau
fluchte und warf Harry einen aufgebrachten Blick zu, als wollte sie sagen:
Sehen Sie, was Sie angerichtet haben!
Das sah
Harry in der Tat, doch er ließ sich nicht davon beirren. Sie brauchte Hilfe,
und er hatte viel Erfahrung mit nervösen Stuten.
Die Frau
drehte sich wieder um und begann, tröstend auf das Tier einzureden. Sie
streichelte es und sprach gleichzeitig in einem leisen, melodischen Tonfall.
Hypnotisierend, dachte Harry. Jedes Lebewesen musste davon in den Bann gezogen
werden. Er kam leise näher und stimmte in ihre sanfte Beschwörung ein.
„Ganz
ruhig, mein Mädchen“, murmelte er sanft. „Du kennst mich zwar nicht, aber
ich werde dir nicht wehtun. Dir geht es schlecht, ich weiß, und du hast Angst,
aber das werden wir bald ändern.“ Er nahm das Halfter und streichelte
beruhigend ihre Nüstern.
Die Stute
verdrehte noch ein-, zweimal die Augen, doch dann schien sie seine Gegenwart zu
akzeptieren und wurde etwas ruhiger.
„Vielen
Dank“, sagte die Frau über ihre Schulter hinweg, noch immer in diesem
hypnotisierenden Tonfall. „Ich muss sagen, ich bin überrascht. Toffee hat
normalerweise Angst vor Männern.“
Dazu hat
sie zweifellos allen Grund, dachte Harry grimmig, als er die verblassten Narben
auf den schmalen Flanken des
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