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Anne Gracie

Anne Gracie

Titel: Anne Gracie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zarte Küsse der Sehnsucht
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glau­ben, der Va­ter der Frau könn­te das
Kind hier­her ge­bracht ha­ben – tra­gi­scher­wei­se ist er eben­falls ver­stor­ben,
des­halb hat es auch so lan­ge ge­dau­ert, in Er­fah­rung zu brin­gen, was mit dem
Ba­by ge­sche­hen ist. Wir möch­ten es an Kin­des statt zu uns neh­men.“
    Die Frau
führ­te sie in ein klei­nes Bü­ro und nahm ein dickes Buch mit blau­em Ein­band vom
Re­gal. „Wann soll das ge­we­sen sein?“
    Har­ry sah
Nell an. „Um den neun­zehn­ten oder zwan­zigs­ten Ok­to­ber“, er­wi­der­te sie. Vor
sechs Wo­chen.
    Auf­rei­zend
lang­sam blät­ter­te die Frau die Sei­ten durch. „Der neun­zehn­te ...“,
wie­der­hol­te sie. „Wie alt war das Kind zu dem Zeit­punkt?“
    „Fünf
Wo­chen.“
    Die Frau
zog die Au­gen­brau­en hoch. „Un­wahr­schein­lich, dass wir ein so klei­nes Kind
auf­ge­nom­men ha­ben. War es ge­tauft?“
    „Nein.“
    „Aber die
Mut­ter oder der Va­ter wa­ren Ge­mein­de­mit­glie­der, neh­me ich an?“
    „Die Mut­ter
nicht. Was ... was den Va­ter be­trifft, bin ich mir nicht ganz si­cher.“ Sie
glaub­te nicht, dass Sir Ir­win Mit­glied ir­gend­ei­ner
Ge­mein­de war, falls aber doch, dann si­cher nicht ei­ner Lon­do­ner Ge­mein­de,
son­dern eher der bei sich zu Hau­se auf dem Land.
    „Wir neh­men
nur Kin­der die­ser Ge­mein­de auf“, sag­te die Frau. „Wenn das Kind al­so nicht
von hier ist ...“ Sie woll­te das schwe­re Buch zu­klap­pen, doch Har­ry leg­te
blitz­schnell die Hand zwi­schen die auf­ge­schla­ge­nen Sei­ten.
    „Sei­en Sie
so gut und se­hen Sie bit­te trotz­dem nach“, sag­te er mit so sei­den­wei­cher
Stim­me, dass Nell ein Schau­er über­lief. Sei­ne Au­gen glit­zer­ten kalt.
    „Ja,
na­tür­lich, Sir“, er­wi­der­te die Frau has­tig. Sie fuhr mit dem Fin­ger über
die Ein­trä­ge. Nell hielt den Atem an.
    „Die
ein­zi­gen Kin­der, die wir in der be­sag­ten Wo­che auf­ge­nom­men ha­ben, wa­ren ein
zwei­jäh­ri­ger Jun­ge und ein zehn Mo­na­te al­tes Mäd­chen, zu­sam­men mit ih­rer
Mut­ter.“
    Nell wur­de
das Herz schwer. Wie von weit­her hör­te sie Har­ry fra­gen: „Sie sag­ten, Sie
näh­men so klei­ne Kin­der nor­ma­ler­wei­se nicht auf. Wer tut es dann?“
    „Cap­tain
Coram's Fin­del­haus, drau­ßen in Blooms­bu­ry Fields.“
    „Dann ge­hen wir dort
als Nächs­tes hin“, be­schloss er.
    Nell war
schon fast zur Tür hin­aus.
    Cap­tain
Coram's Fin­del­haus war ein im­po­san­tes Back­stein­ge­bäu­de mit zwei Flü­geln, die
sich rechts und links des In­nen­hofs er­streck­ten. Die­ses Mal spra­chen sie mit
dem Lei­ter, ei­nem großen Mann in ei­nem schwar­zen An­zug. „Ja, wir neh­men nur
Kin­der un­ter zwölf Mo­na­ten“, teil­te er ih­nen mit und po­lier­te sei­nen
Knei­fer. „Das Kind Ih­rer Cou­si­ne ist un­ehe­lich, neh­me ich an?“
    Nell
brach­te kei­nen Ton her­aus.
    „Ja“,
be­stä­tig­te Har­ry.
    „Das ers­te
Kind der Mut­ter?“
    „Ja“,
er­wi­der­te er.
    Der Mann
setz­te sich den Knei­fer auf und mus­ter­te Nell durch die Glä­ser. „Von ei­ner
Mut­ter mit gu­tem Cha­rak­ter?“
    „Al­ler­dings“,
sag­te Har­ry mit Nach­druck.
    „Dann
be­steht durch­aus die Chan­ce, dass es bei uns auf­ge­nom­men wur­de. Am neun­zehn­ten
oder zwan­zigs­ten Ok­to­ber, sag­ten Sie.“ Er sah in sei­nen Un­ter­la­gen nach.
    Nell schob
ih­re Hand in Har­rys und war­te­te.
    „Ein paar
Mäd­chen die­ses Al­ters wur­den in der zwei­ten Ok­tober­hälf­te auf­ge­nom­men“,
ver­kün­de­te er schließ­lich. „Wie war der Fa­mi­li­enna­me Ih­rer ver­stor­be­nen
Cou­si­ne?“
    Nell
starr­te ihn rat­los an.
    „Sie ist
sich nicht si­cher, un­ter wel­chem Na­men ihr On­kel das Kind hat ein­tra­gen
las­sen“, er­klär­te Har­ry.“
    „Er woll­te
den Skan­dal ver­tu­schen.“ End­lich fand Nell ih­re Stim­me wie­der. „Es heißt
Vic­to­ria Eli­z­abeth.“
    Der Mann
zog die Brau­en hoch. „Gleich zwei Vor­na­men, ich ver­ste­he.“
Er über­prüf­te die Ein­trä­ge und schüt­tel­te den Kopf.
    „Hier ist
kein Kind die­ses Na­mens ein­ge­tra­gen.“
    „Was für
an­de­re Na­men ha­ben Sie denn?“, er­kun­dig­te Har­ry sich.
    „Ich
fürch­te, die darf ich nicht preis­ge­ben.“
    Nell
drück­te

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