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Anne in Avonlea

Anne in Avonlea

Titel: Anne in Avonlea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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... aber mir hat man auch mal gesagt, ich würde schon auf den Geschmack von Bananen kommen, wenn ich sie nur weiter äße«, knurrte Mr Harrison. »Und ich mag bis heute keine Bananen. Verständnis hin oder her, so viel steht fest: Überall muss sie ihre Finger drinhaben und das habe ich ihr auch gesagt.«
    »Das muss sie sehr getroffen haben«, sagte Anne vorwurfsvoll. »Wie konnten Sie das nur sagen! Ich habe vor langer Zeit auch einmal so hässliche Dinge zu Mrs Lynde gesagt, aber da war ich wütend. Ich konnte gar nicht überlegen, was ich sagte.«
    »Es war die Wahrheit. Ich halte es nun einmal für richtig, jedem die Wahrheit ins Gesicht zu sagen.«
    »Aber Sie sagen nicht die ganze Wahrheit«, wandte Anne ein. »Sie sagen nur das Unangenehme. Mir haben Sie schon ein dutzendmal gesagt, dass ich rote Haare habe, aber nicht ein einziges Mal, dass ich eine schöne Nase habe.«
    »Das wissen Sie selbst, also muss ich es nicht extra noch betonen«, lachte Mr Harrison.
    »Ich weiß auch, dass ich rote Haare habe — obwohl es schon viel dunkler ist als früher -, also brauchen Sie das auch nicht zu betonen.«
    »Hm, schon gut, ich werde mich bemühen und es nicht noch mal erwähnen, wenn Sie so empfindlich sind. Sie müssen entschuldigen, Anne. Ich habe nun mal die Angewohnheit und nehme kein Blatt vor den Mund. Man darf sich eben nichts daraus machen.«
    »Aber man macht sich etwas daraus. Ich glaube auch nicht, dass es etwas nützt, wenn man weiß, dass das eine Angewohnheit von Ihnen ist. Was würden Sie von jemand halten, der den Leuten unablässig Nadeln ins Fleisch bohrt und sagt: Entschuldigen Sie, Sie müssen sich nichts daraus machen - es ist nur so eine Angewohnheit von mir.< Sie würden so jemand für verrückt halten, nicht wahr? Was Mrs Lynde und ihre Betriebsamkeit angeht - vielleicht haben Sie Recht. Aber haben Sie ihr auch gesagt, dass sie ein weites Herz hat und immer den Armen hilft? Dass sie auch nie ein Wort darüber verloren hat, als Timothy Cotton ein Fass Butter aus ihrer Milchkammer gestohlen und seiner Frau erzählt hat, er hätte die Butter von Mrs Lynde gekauft? Mrs Cotton hat ihr das nächste Mal, als sie sich trafen, sogar vorgeworfen, die Butter schmecke nach Steckrüben. Mrs Lynde hat nur gesagt, es täte ihr Leid, dass die Butter verdorben gewesen wäre.«
    »Mag schon sein, dass sie ein paar gute Eigenschaften hat«, räumte Mr Harrison widerstrebend ein. »Haben die meisten. Ich selbst auch, auch wenn Sie das nie vermutet hätten. Trotzdem, für diesen Teppich gebe ich nichts. Ständig wird man von den Leuten hier um Geld angebettelt, so kommt es mir jedenfalls vor. Wie geht es mit Ihrem Plan, den Saal zu streichen, voran?«
    »Prächtig. Letzten Freitagabend hatten wir ein Treffen vom D.V.V. und haben festgestellt, dass wir genügend Geld zusammen haben, um den Saal streichen und das Dach decken zu lassen. Die meisten Leute haben sehr großzügig gespendet, Mr Harrison.«
    Anne war ein entzückendes Mädchen, aber wenn die Gelegenheit es forderte, konnte sie mit der unschuldigsten Miene giftig sein. »Welche Farbe soll er bekommen?«
    »Wir haben uns für ein sehr hübsches Grün entschieden. Das Dach wird natürlich dunkelrot. Mr Roger Pye besorgt die Farbe heute in der Stadt.«
    »An wen wurde die Arbeit vergeben?«
    »An Mr Joshua Pye aus Carmody. Das Dach ist schon fast fertig. Wir mussten die Arbeit an ihn vergeben, weil sämtliche Pyes - bekanntlich gibt es vier davon - sagten, sie würden nicht einen Cent spenden, wenn nicht Joshua den Auftrag bekäme. Sie hatten sich untereinander auf eine Spende von zwölf Dollar geeinigt und so viel Geld wollten wir nicht aufs Spiel setzen, obwohl manche Leute meinen, wir hätten den Pyes nicht nachgeben sollen. Mrs Lynde sagt, sie würden sich alles unter den Nagel reißen.«
    »Hauptsache, dieser Joshua macht seine Arbeit gut. Wenn ja, weiß ich nicht, was es zur Sache tut, ob er nun Pye oder Pudding heißt.«
    »Angeblich leistet er gute Arbeit, auch wenn die Leute sagen, er sei sehr merkwürdig. Er ist nicht sehr gesprächig.«
    »Dann ist er allerdings merkwürdig«, sagte Mr Harrison trocken. »Zumindest in den Augen der Leute hier. Ich war auch nie sonderlich gesprächig, bis ich nach Avonlea kam. Hier musste ich mich mit Händen und Füßen zur Wehr setzen, sonst hätte Mrs Lynde behauptet, ich sei stumm, und eine Spendenaktion gestartet, um mir die Zeichensprache beizubringen. Sie gehen doch noch nicht, Anne?«
    »Doch. Ich muss

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