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Annebelle - sTdH 2

Annebelle - sTdH 2

Titel: Annebelle - sTdH 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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Frühstückszimmer im Erdgeschoß, dessen Fenster auf
den hinteren Garten hinausgingen. Ein leichter Sprühregen hatte eingesetzt und
trübte den Ausblick. Der Vikar läutete, bestellte eine Flasche Portwein und
bat, das Kaminfeuer anzuzünden, da der Tag kühl geworden war.
    Squire
Radford ließ sich in einem Sessel vor dem Kamin nieder, der Vikar setzte sich
ihm gegenüber. Der Squire war ein knorriger, kleiner alter Herr mit dürren,
stockähnlichen Beinen, die in Strümpfen mit Zwickeln steckten und in großen
Schnallenschuhen endeten. Seine Füße berührten kaum den Boden. Sein kleiner
Kopf war bedeckt oder vielmehr erdrückt von einer riesigen, sorgfältig
gelockten weißen Perücke. Er war in nüchternes Schwarz gekleidet und trug eine
bescheidene weiße Halsbinde.
    Er sah mehr
wie ein Geistlicher aus als sein Freund, der Vikar, der einen himmelblauen Rock
mit Silberknöpfen von der Größe von Suppentellern
trug.
    »Also«,
sagte der Vikar, nachdem der Portwein gebracht und die beiden ersten Gläser
rasch geleert worden waren, »es ist so, Jimmy. Ich wußte, daß meine Annabelle
keinen Pfifferling für Brabington gab.«
    »Mein
lieber Charles«, rief der Squire aus, »du bist in deinen gesellschaftlichen
Ambitionen allzu gierig geworden. Eine Tochter mit einem Vicomte zu
verheiraten, ist genug ...«
    »Nein,
nein. Ich glaubte, ich täte das Richtige. Brabington ist ein feiner junger
Mann. Jede Frau, die keine Windmühlen im Kopf hat, würde sich in ihn verlieben.
Aber Annabelle hatte nun einmal diese Schwäche für Lord Sylvester, verstehst
du?«
    »Ich
fürchte, nein.«
    »Es ist so.
Alle Mädchen in diesem Alter vergucken sich in jemanden, den sie nicht haben
können. Und Bella war immer tödlich eifersüchtig auf Minerva. Ich dachte
daher, daß Brabington sie schnell zur Räson bringen würde. Er ist Soldat.«
    »Großer
Gott. Und du erwartest, daß er sich ihre Zuneigung erobert?«
    »So ausgedrückt,
hört es sich albern an. Was mich beunruhigt, ist, daß Annabelle mir immer die
Art Mädchen zu sein schien, die früh heiraten sollte. Bei ihr waren zu viele
gefährliche Leidenschaften im Spiel. Nun frage ich mich, ob ich mich geirrt
habe. Wenn ich je eine verschreckte Jungfer gesehen habe, die meint, sie habe
den Fehler ihres Lebens gemacht, dann war es meine Bella, als sie die Kirche
verließ. Und als Sylvester fortging, starrte sie ihm nach wie eine todeswunde
Julia.«
    Der Squire
drehte sein Glas in der Hand und beobachtete, wie die rubinroten Tropfen an der
Seite herunterliefen. Das Feuer zischte und rauchte, während der Sprühregen
draußen in ein stetiges Strömen überging.
    »Ich werde
dir eine Geschichte erzählen, Charles«, sagte er mit seiner kultivierten
Stimme. »Wenn ich mich auch aus der Welt zurückgezogen und sozusagen in
Hopeworth vergraben habe, in meiner Jugend war ich ein wilder junger Mann.
Einige meiner alten Freunde leben noch immer in der Stadt und wollen ihr Alter
nicht wahrhaben. Sie malen sich
an wie die Kurtisanen, riechen wie Zibetkatzen und bekämpfen ihren wachsenden
Embonpoint mit Cumberland-Korsetts. Von Zeit zu Zeit besuchen sie mich und
bringen den Klatsch aus der Stadt mit. Vor einer ganzen Weile hat mir einer
dieser Freunde von einem Gerücht erzählt, das über den Marquis von Brabington
umging.
    Es scheint,
daß er sehr in Miss Cummings verliebt war, vor sechs oder acht Jahren eine
gefeierte Schönheit. Man erwartete, daß sie und Brabington ein Paar werden
würden. Er hatte kein Geld, aber ihre Eltern mochten Brabington und waren
bereit, dem jungen Paar unter die Arme zu greifen. Er machte ihr einen Antrag
und wurde grausam abgewiesen. Eine Woche später verlobte sie sich mit Lord
Alistair Grant, der praktisch schon an Altersschwäche litt. Aber er war reich.
Sehr reich. Und hatte einen Titel, verstehst du?
    Eine Woche
vor der Hochzeit erbte Brabington, der damals einfach Captain Peter Simpson
war, den Titel und ein beträchtliches Vermögen. Da stürzt Miss Cummings
weinend in sein Haus, bittet ihn, sie zu heiraten, und behauptet, sie habe
immer nur ihn geliebt. ›Warum wolltest du mich dann nicht heiraten? Und
warum willst du mich jetzt heiraten?‹ fragte er. Und sie, ganz die hübsche
Unschuld, beteuert, nun sei ja alles anders, weil er nun den Titel habe. Er
setzte sie vor die Tür, ging aus und betrank sich fürchterlich.«
    »Ich bin
überrascht, all das zu hören«, sagte der Vikar. »Brabington erschien mir nicht
als der Typ, der seine Affären

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