Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Annebelle - sTdH 2

Annebelle - sTdH 2

Titel: Annebelle - sTdH 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
Vom Netzwerk:
schaffen könnte. Doch nachdem sie darüber
nachgedacht hatte, kam sie zu dem Schluß, daß sie ihn einerseits nicht belügen
wollte, daß aber andererseits die Wahrheit zu schockierend wäre. Sie mußte ihm
also irgendwie zeigen, daß er nun ihre ganze Liebe besaß.
    Und das,
dachte Annabelle überrascht, war die Wahrheit!
    Sie liebte
ihn.
    Sie wollte
ihn nicht nur, weil er ihr Ehemann war, ihr Eigentum. Sie wollte auch von ihm
wiedergeliebt werden.
    Vielleicht
sollte sie ihm sagen, daß sie ihn liebte. Einfach so. Ehe sie zum Palast
der Königin aufbrachen.
    Doch sie
hatte Angst, zurückgewiesen zu werden.
    Sie fühlte
sich sehr fremd und schwer in ihrer Hoftoilette mit den Federn, die auf ihrem
Kopf wippten, und dem enormen Gewicht der Juwelen, die sie überall an sich
trug. Die ängstliche Holden und zwei Lakaien halfen ihr die Treppe hinunter
trotz ihrer Einwände, wenn sie erst dort sei, werde sie ja auch allein
zurechtkommen müssen.
    Der Marquis
erwartete sie am Fuß der Treppe. Auch er war in voller Hoftoilette, und
Annabelle dachte, er habe nie großartiger ausgesehen.
    Er hatte
einen purpurroten Samtfrack an, verziert mit silberner Stickerei. Seine
Kniehosen waren aus feiner Seide, gesäumt mit Silberlitze, und er trug
schwarze Schuhe mit Diamantspangen. Das Paradeschwert hing in einer
juwelenbesetzten Scheide an seiner Seite. Unter dem Arm trug er seinen
Galahut. Sein schwarzes Haar war unter einer weißen Perücke verborgen, und
überall an seiner Kleidung funkelten Diamanten.
    Er
betrachtete sie schweigend und lächelte dann. »Sie sehen aus, als seien Sie
einem Blumenstrauß entstiegen«, sagte er.
    Er beugte
sich vor und küßte sie leicht auf die Nase. »Es kommt mir vor, als lehnte ich
mich über einen Blumenkasten, um ein Mädchen im Fenster eines Landhauses zu
küssen«, lachte er.
    »Was Sie
zweifellos viele Male getan haben, Sir«, sagte Annabelle. »Wenn es so war, dann
habe ich es vergessen. Ich kann nur Sie sehen«, antwortete er. Seine Augen
waren ernst geworden.
    Annabelle
wollte ihm sagen, daß sie ihn liebte, doch die Dienerschaft wartete, und
irgendwie blieben ihr die Worte im Hals stecken.
    Das Haus
der Königin, der frühere Sitz des Herzogs von Buckingham, stand am Ende der
Mall. Obwohl sie in einer langen Reihe von Kutschen warten mußten, gab es viel
zu sehen. Alle Kutschen glänzten in neuem Lack, hatten neue Kutschbockdecken
und hinten standen zwei oder drei livrierte Lakaien. Die Pferde, sämtlich in
bestem Zustand, bewegten sich stolz in den reichverzierten Geschirren.
    Trompeten
erklangen, die Kanonen von Park und Tower schossen Salut.
    Die Mall
war gesäumt von Reihen von Kavallerie in Scharlachrot mit hellen Helmen auf
tiefschwarzen Pferden; die Handschuhe aus weißem Rehleder waren so versteift,
daß die Stulpen fast bis zum Ellbogen reichten.
    Nachdem sie
den Palast oder das Haus der Königin, wie es genannt wurde, erreicht hatten,
mußten sie wieder warten.
    Hunderte
kamen gleichzeitig mit Annabelle und dem Marquis an, und Hunderte, die bereits
ihre Reverenz erwiesen hatten, versuchten sich zu entfernen.
    Auf dem
ersten Absatz in der Eingangshalle teilte sich die Treppe in zwei Flügel; der
eine wurde von denen benutzt, die nach oben gingen, der andere von denen, die
herunterkamen. Beide waren ein Meer von wogenden Federbüschen, einige waren
himmelblau, andere rot, violett, gelb oder in verschiedenen Schattierungen von
Grün eingefärbt. In der Mehrzahl aber waren die Federn schneeweiß wie die, die
Annabelle trug. Juwelen aller Art glitzerten und funkelten im Licht, wenn die
Damen sich in der einen oder anderen Richtung bewegten, um mit ihren Reifröcken
zu manövrieren.
    Die Herren
gaben sich alle Mühe, die Damen an Pracht zu überbieten. Einer sah aus wie das
Schaufenster eines Juweliers, so viele Schmuckstücke bedeckten seine beleibte
Gestalt.
    Nach der
allerletzten Mode gekleidete Stutzer strömten herbei mit Kragen, die dem
Geschirr der Leitpferde von Viergespannen glichen, geschnürten Wespentaillen,
Schwanenhälsen und Halsbinden, groß wie Tischtücher. Etliche von ihnen trugen
Rouge, ein älterer Mann sogar Schönheitspflästerchen. Einige der jüngeren,
graziöseren Elegants hatten sich die Handflächen scharlachrot gefärbt und die
Handrücken mit weißer Schminke behandelt.
    Ein junger
Stutzer fiel Annabelle besonders auf. Er war stark parfümiert und trug
Perücke, Korsett und Schminke; unwillkürlich fragte sie sich, ob von ihm wohl
noch irgend etwas

Weitere Kostenlose Bücher