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Anruf vom Partner

Anruf vom Partner

Titel: Anruf vom Partner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin
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sie. Sie sah das Bild noch einmal an. »Es ist also einigermaßen wichtig, diese Frau zu finden?«
    »Genau.«
    »Ist sie… in Gefahr?«
    »Könnte sein.« 
    »Und die Gefahr sind Sie?«
    »Nein.«
    »Wer dann? Oder was?«
    »Ich befürchte, ich kann nicht…«
    »Sie können mir nicht viel erzählen, oder, Mr. Samson? Aber Sie erwarten verdammt noch mal, daß ich Ihnen jede Kleinigkeit erzähle, die Sie wissen wollen.«
    »Es ist wirklich wichtig, Mrs. Vivien. Deshalb war ich ja so drauf erpicht, mich heute abend noch mit Ihnen zu treffen.«
    Charlotte Vivien sagte: »Es ist eine hübsche Zeichnung, aber ich bin mir überhaupt nicht sicher, daß es sich hier um ein Kleid handelt, das ich einmal besessen habe.«
    »Einmal besessen habe?«
    »Genau. Ich besitze das Kleidungsstück, an das Ihre anonyme Quelle sich erinnert, nicht mehr.«
    »Wo ist es?«
    »Wo ist es?« äffte sie mich nach. »Wie wär's mit: ›Wo ist es, bitte?‹«
    »Das ist kein Spiel, Mrs. Vivien. Aber wenn Sie so freundlich und gütig sein wollten, wäre ich überaus dankbar für die Information, wo sich das in Frage stehende Kleid möglicherweise befinden könnte, bitte.«
    »Es tut mir leid. Es tut mir leid.« Sie stellte ihr Glas weg und nahm einen langen Schluck aus der Bierflasche. »Das Leben war für mich in letzter Zeit auf die eine oder andere Weise sehr kompliziert. In Augenblicken der Begeisterung stelle ich mich als eine bestimmte Art von Mensch dar, und dann schwindet die Begeisterung, und ich stelle fest, daß ich hinter der Fassade, die ich geschaffen habe, gefangen sitze, und sehne mich danach, frei zu sein. Also treffe ich ein paar widersprüchliche Entscheidungen, und die führen dann zu Entwicklungen, die mich erbeben lassen, wenn ich am Morgen aufwache und darüber nachdenke.«
    Ich war in einen ihrer Begeisterungsanfälle verwickelt gewesen. Aber davon sprach Charlotte Vivien jetzt nicht. Wovon dann? Vom Kopf eines Fremden auf ihrem Kissen?
    Ich sagte: »Die Verantwortung für das eigene Schicksal ist sowohl das größte Hoch wie auch das größte Tief der Daseinsbewältigung.«
    »Ja«, sagte sie. Dann sah sie mich an. »Wer hat das gesagt?«
    »Ich.«
    »Oh. Hm.« Sie musterte die Bierflasche und klickte dann ein halbes Dutzend Mal mit dem Nagel ihres Zeigefingers dagegen. »Wenn ich das Gefühl habe, daß die Dinge mir entgleiten, werde ich reizbar. Ich weiß nicht, Mr. Samson. Was soll ich tun?«
    »In welcher Hinsicht?«
    »In Hinsicht auf…« Sie sah mich abermals prüfend an. Dann atmete sie tief durch und sagte etwas in der Art wie: »Ha.« Und dann: »Aber Sie sind nicht hergekommen, um sich meine Sorgen anzuhören.«
    »Ich würde mir nur allzu gern Ihre Sorgen anhören. Die wären sicher mal eine Abwechslung anstelle meiner eigenen.«
    Aber ihre geständige Stimmung war schon verstrichen, und sie verwies mich wieder auf den mir geziemenden Platz in ihrem Universum. Sie sagte: »Worüber haben wir noch geredet?«
    »Ich habe versucht rauszufinden, was aus dem Kleid geworden ist.«
    »Ich behalte keine Kleider, für die ich keine Verwendung mehr habe.«
    »Was tun Sie dann damit? Wegwerfen?«
    »Nein, nein. Die meisten gehen an einen wohltätigen Second-Hand-Laden, aber manchmal gebe ich die Sachen auch den Leuten, die für mich arbeiten.«
    Sie wußte ganz genau, was ich als nächstes fragen würde, aber sie ließ es mich trotzdem aussprechen. »Und erinnern Sie sich noch daran, was Sie mit diesem speziellen Kleid getan haben.«
    Sie dachte nach. »Wahrscheinlich Second-Hand-Laden. Aber Sie wissen ja, wie solche Dinge sind. Manchmal hat man ein klares visuelles Bild von etwas, das man getan hat, und manchmal eben nicht. Ich weiß es nicht mehr genau.«
    »Wissen Sie, wie lange es her ist, daß Sie das Kleid weggegeben haben?«
    »Ich erinnere mich jedenfalls an die letzte Gelegenheit, zu der ich es getragen habe.«
    »Und welche war das?«
    »Eine Party im Januar. Daran erinnere ich mich ganz deutlich, weil der Mann, mit dem ich dort war, ein Glas Wein über mich verschüttete und die Sache dann noch verschlimmerte, indem er versuchte, den Wein abzuwischen.«
    »Und meinen Sie, daß Sie das Kleid kurz darauf weggegeben haben?«
    »Ich denke schon. Aber ich erinnere mich nicht daran. Tut mir leid.«
    »Wenn Sie es einer bestimmten Person gegeben haben, wer könnte es dann gewesen sein?«
    Aus irgendeinem Grund entlockte ich ihr mit dieser Frage eine gewisse Reaktion. Aber nach kurzem Nachdenken sagte sie: »Nun,

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