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Anruf vom Partner

Anruf vom Partner

Titel: Anruf vom Partner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin
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eine Stippvisite in dem Schnapsladen gegenüber von meinem Büro und deponierte meinen Einkauf in meinem Kofferraum, bevor ich meine Treppe hinaufstieg. Ich hätte wachsamer sein sollen. Dann hätte ich die Wagentür zuschlagen hören.
    Was ich hörte, waren Schritte am Fuß der Treppe, während ich gerade den Schlüssel in meine Tür steckte. Ich blickte hinunter. Im Licht der Straßenlaterne sah ich die Umrisse eines Umhangs und eines breitkrempigen Huts. Beide steuerten auf die Treppe zu. Die Schritte verrieten ein gewisses Maß an Unsicherheit.
    Es war jedenfalls niemand, den ich kannte, und als mein Besucher näherkam, sah ich, daß es sich um eine Frau handelte. Die Hoffnung, daß sie sich nur irrtümlicherweise meine Treppe hinaufquälte, zerschlug sich, als sie vier Schritte unter mir sagte: »Mr. Samson? Mr. Samson?«
    Ich dachte kurz darüber nach, mich zu verleugnen, handelte aber typischerweise nicht schnell genug.
    Sie sagte: »Ich wußte, daß Sie es sein mußten. Ich wußte es einfach!«
    Ich sagte: »Ach.«
    Wir standen nun auf gleicher Höhe. Ich sah, daß sie extrem hohe Absätze trug, und das war Erklärung genug für das Gewackel auf der Treppe.
    »Entschuldigen Sie bitte«, sagte ich. »Kenne ich Sie?«
    »Nein, nein«, sagte sie. »Können wir reingehen?«
    »Was?«
    »Rein. Können wir jetzt reingehen? Es ist nicht sehr bequem hier draußen, oder? Und ich habe auf Sie gewartet. Es waren zwar nur zwanzig Minuten, aber ich hätte auch die ganze Nacht gewartet, wenn es nötig gewesen wäre. Sehen Sie, ich wußte, daß Sie nicht zu Hause waren. Das war die einzige menschliche Erklärung, und wenn es eines gibt, wessen ich mir sicher bin, dann die Tatsache, daß Sie menschlich sind.«  
    Ich sagte: »Ich will nicht ungastlich sein, aber was wollen Sie eigentlich von mir?«
    »Ich habe Ihnen einige Nachrichten auf Ihrem Anrufbeantworter hinterlassen. Aber Sie haben sie nicht bekommen, weil Sie außer Haus waren! Natürlich habe ich am Telefon nichts erklärt. Ich finde, ich kann meine Seele keinem Anrufbeantworter entblößen. Aber ich habe dreimal angerufen.«
    Aha.
    »Aha«, sagte ich. 
    »Bitte. Können wir reingehen?«
    Wir gingen rein.
    »Es ist genauso, wie ich es mir vorgestellt habe«, sagte sie sofort.
    Ich zeigte auf meinen Klientenstuhl. »Nehmen Sie Platz«, sagte ich. »Miss…?«
    »Seals«, sagte sie. »Monique Seals. Monique ist natürlich nicht der Name, den meine Eltern mir gegeben haben.«
    »Natürlich nicht«, sagte ich.
    Ich sah auf meine Uhr. Dann sah ich Monique Seals an. Ich setzte mich. Ich sagte: »Also, in welcher Angelegenheit kann ich für Sie tätig werden, Miss Seals?«
    »Mrs. Ashworth.«
    »Wie bitte?«
    »Ich bin verheiratet. Mein Name lautet jetzt Ashworth, aber ich sehe mich immer noch als Monique Seals.«
    »Verstehe.«
    »Nein, das tun Sie nicht«, sagte sie, »aber ich verstehe, und zwar ganz genau.« Sie beugte sich vor.
    »Wie bitte?«
    »Was ich jetzt sagen werde, wird Ihnen peinlich sein«, sagte sie.
    »Dann sagen Sie es bitte nicht.«
    »Nein, ehrlich. Das wird es!«
    »Miss Seals. Mrs. Ashworth. Ich finde…«
    »Ich habe Sie im Fernsehen gesehen«, sagte sie. »Und ich wußte es, ich wußte es einfach, daß Sie anders sind.«
    »In welcher Hinsicht anders, Ma'am?«
    »Ich konnte es an den Augen sehen. Und an der Art, wie Sie Ihren kleinen Kopf bewegt haben, wenn Sie sich unwohl zu fühlen schienen. Sie sind nicht wie andere Männer, oder?«
    »Ahm, ich bin mir nicht sicher, ob ich genau…«
    »Und so attraktiv! Aber Sie haben Frauen, die Ihnen das sagen, sicher schon über, da möchte ich wetten.« Sie grinste mich an.
    Mir fiel nichts ein, was ich darauf erwidern konnte.
    »Was glauben Sie, wie alt ich bin?«
    »Wie bitte?«
    »Wie alt sehe ich denn aus? Schätzen Sie mal. Seien Sie nicht schüchtern.«
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung…«
    »Neununddreißig Jahre alt. Aber sehe ich nicht mehr wie achtundzwanzig oder neunundzwanzig aus, hm? Hm?«
    »Ah…«
    »Nein, ich weiß, das stimmt nicht. Das liegt daran, daß ich gut auf mich achtgebe, habe ich immer getan. Selbst als ich noch klitzeklein war, habe ich die Sonne gemieden und immer mein Gemüse aufgegessen. Ich habe einen Instinkt für solche Sachen.«
    »Hören Sie…«
    »Als ich dann also Ihretwegen so eine Ahnung hatte, wußte ich einfach, daß ich damit richtig lag! Ich habe Sie nämlich im Fernsehen gesehen. So menschlich und verwundbar und doch so überwältigend tüchtig und

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