Anruf vom Partner

Titel: Anruf vom Partner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin

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sie. Es war ein Kommentar, der zu erfreulicheren Themen überleiten sollte.
    »Ich habe den ungeheuerlichsten Fehler gemacht«, sagte ich.
    »Wo liegt das Problem?«
    »Ich habe es Jerry Miller erzählt.«
    Am anderen Ende der Leitung entstand ein langes Schweigen.
    »Ich habe ihm gesagt, ich wüßte etwas über die Scum Front.«
    »O Al«, sagte meine Flamme.



49
    Wie blöd kann man eigentlich sein?
    Die Leute mit der verschwundenen Bombe hatten das Gebäude auf der Ohio Street gesprengt. Die Scummies hatten die Bombe nur deshalb ›wiedergefunden‹, weil sie von demjenigen, der sie gestohlen hatte, gezündet worden war.
    Ein logischer Fehler der elementarsten Art.
    Wie konnte mir das passieren? In einer so wichtigen Angelegenheit?
    Weil ein Bulle es mir erzählt hatte und ich es als Tatsache akzeptiert hatte.
    Ein Bulle!
    Und weil ich total ausgepowert war.
    Und weil mein Leben sich überall um mich herum veränderte. Mordparties und Werbespots und zu viele Klienten.
    Weil ich alles in Eile tun mußte.
    Weil es einfach zu viel war.
    Und weil ich schlicht und einfach verdammt noch mal weltklasse-megatödlich blöd, blöd, blöd war.



50
    Ich ließ mir Zeit.
    Ich versuchte mir zurechtzulegen, was ich sagen würde.
    Es war nicht leicht. Ich wollte gar nichts sagen. Aber wenn ich nicht zu Miller ging, würde er zu mir kommen.
    Er würde vielleicht nicht leibhaftig kommen, aber, o ja, kommen würde er. In Gestalt hundert anderer, alle in Blau, alle bewaffnet.
    Wenn Schwierigkeiten kommen, kommen sie nicht in Gestalt einzelner Spione, sondern als Bataillon.
    Ich schlenderte langsam durch meine Zimmer. Ich suchte eine Inspiration.
    Das einzige, was mir einfiel, war eine Form eines absoluten Dementis. »Ach, war nur 'n kleiner Scherz, Jerry. Tut mir leid, daß du es nicht komisch finden kannst.«
    Das würde einschlagen wie eine Bombe.
    Weil ich befürchtete, daß er eine Durchsuchung meines Büros anordnen würde, sammelte ich alle greifbaren Beweise ein, die mich mit der Scum Front in Verbindung brachten. Die heutige Botschaft und die Bandaufnahme, die ich von unserem Gespräch gemacht hatte, waren besonders erdrückend. Ich steckte sie in einen Umschlag. Ich legte das Taschentuch dazu.
    Auf den Umschlag schrieb ich: »Zur sicheren Aufbewahrung. Nur an Albert Samson oder seine Erben auszuhändigen.« Ich unterzeichnete. Ich versiegelte den Umschlag mit Zellophanband.
    Dann steckte ich diesen Umschlag in einen größeren.
    Ich suchte ein paar Briefmarken.
    Und die Adresse meines Anwalts.
    Und ich ließ die Postleitzahl weg. Die Leute von der Post bestrafen einen dafür. Sie lassen sich bei der Auslieferung einen Tag länger Zeit. Oder vielleicht eine Woche.
    Bevor ich ging, klingelte das Telefon.
    Ich ging nicht ran, aber nachdem das Bimmeln aufgehört hatte, stellte ich meinen Anrufbeantworter an.
    *
    Miller hatte unten die Nachricht hinterlassen, daß man mich bei meiner Ankunft gleich durchlassen solle.
    Ich kannte den Weg. Ich war oft genug in seinem Büro gewesen. In all seinen Büros. Sogar an seinem Schreibtisch, als er seinerzeit zum Detective befördert wurde und zu unwichtig war für ein eigenes Büro.
    Wir hatten einen langen Weg zusammen zurückgelegt, Miller und ich. High-School-Jungs, die nicht in die Gruppen hineinwuchsen, an deren Maßstäben wir uns hätten orientieren sollen. Jungs, die sich zueinander hingezogen fühlten, obwohl damals Schwarz und Weiß noch weniger Berührungspunkte in unserer Stadt hatten als heute. Miller und ich waren die einsilbigen Außenseiter, die zusammen Autos für kurze, wahrhaft fröhliche Ausflüge klauten.
    Bis wir einmal eine Kurve zu schnell nahmen. Ich saß am Steuer, aber es hätte genausogut er sein können.
    Wir gingen einfach zu Fuß weiter.
    Aber wir begriffen, daß es uns nicht egal war, ob wir lebten oder starben.
    Dieses sichere Wissen entfernte uns noch weiter von den Gruppen - heutzutage sind sie zu Banden organisiert -, mit denen wir hätten herumhängen sollen.
    Und dieser Zwischenfall enthüllte uns beiden auch die Macht der Worte. Gemeinsame Erinnerungen an Spritztouren mit geklauten Autos sind auf jeden Fall sicherer und zuletzt sogar besser, als es die Spritztouren selbst waren.
    Ja, ich kannte Miller schon ewig.
    *
    Es waren nicht die Beine, die mir den Dienst versagten. Es war der Bauch. Als ich aus dem Aufzug stieg, machte ich kehrt und rannte zur Herrentoilette.
    Ich kam durch die Tür, aber nicht bis zu einem Becken.
    Das erste