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Anruf vom Partner

Anruf vom Partner

Titel: Anruf vom Partner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin
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Mal erbrach ich mich noch im Laufen. Dann immer noch stehend, dann kniend.
    Alles in meinem Leben kam mir hoch. Der Druck. Mein Ehrgeiz. Es lag alles da auf den Fliesen.
    Ich zitterte. Ich fing an zu frieren.
    Ein Mann mit abgestoßenen braunen Schuhen und grünkarierten Socken und Hosenbeinen ohne Aufschläge stand irgendwo in meiner Nähe.
    Er sagte: »Im Schrank neben den Papiertüchern finden Sie einen Putzlappen und Eimer.«
    Ich versuchte »Danke« zu sagen.
    Er sagte: »Erstaunlich! Keine Karotten.«
    Dann ging er.
    Und während ich am Boden kniete, wurde mein Kopf langsam klar.
    Miller war nicht nur ein Bulle, der zwischen mir und meiner Freiheit stand. Er war ein Mann, dessen Hoffnungen und Träume ich genauso gut kannte wie meine eigenen.
    Ja. Ja.
    Ich stand auf. Ich säuberte mich und das Chaos, das ich angerichtet hatte, nach bestem Vermögen. Und dann ging ich zu meinem Kumpel.
     
     

51
    Miller stand an seiner Tür und wartete. Er lächelte nicht. Er hielt mir auch nicht die Hand hin. Er war Captain Miller. Er schloß die Tür hinter uns. »Keinen Parkplatz gefunden?« sagte er. »Hm, aber das ist nicht der Grund, warum ich so spät dran bin.«
    Er sah mein Hemd an. »Warum bist du so spät dran?«
    »Weil ich einen schrecklichen Fehler gemacht habe.« Er sagte nichts und bewegte sich auch nicht. Ich sagte: »Hast du einen Kassettenrekorder laufen?«
    »Nein. Willst du einen?«
    »Nein, ich will keinen. Und ich weiß nicht, ob ich dir glauben soll.«
    »Ich werde dich nicht belügen.«
    »Würdest du doch.«
    Er lächelte leicht. Und öffnete eine Schreibtischschublade. Ich sah nach.
    Ein Kassettenrekorder lief. Auf dem handgeschriebenen Etikett auf der Kassette stand: »Albert Samson: Scum Front« und dann noch das Datum. »Stell's ab«, sagte ich. Er schaltete den Apparat ab. »Das Band«, sagte ich. Ich streckte die Hand aus. 
    »Warum?«
    »Für den Fall, daß der Apparat durch Stimmen aktiviert wird.«
    »Ah.« 
    Er nahm das Band aus dem Apparat und reichte es mir.
    »Schwörst du bei der Bibel deiner Mutter und Wendys Leben, daß hier keine anderen wie auch immer gearteten Aufzeichnungen gemacht werden?«
    »Ich schwöre. Du hast mir nicht genug Zeit gegeben, um was Raffinierteres aufzubauen. Und außerdem«, sagte er, »bist du ein Freund. Warum sollte ich mehr als einen Rekorder brauchen?«
    Ich zog mir einen Stuhl an das Fenster hinter seinem Schreibtisch. Ich setzte mich und legte die Füße aufs Fensterbrett.
    Miller drehte seinen eigenen Stuhl um, und wir genossen gemeinsam die Aussicht auf den Market-Square-Arena-Parkplatz.
    »Ich habe darüber nachgedacht, ob ich nicht versuchen soll, dich zu bescheißen«, sagte ich.
    »Ach ja?« Er wartete ab.
    »Sie sind zu mir gekommen, Jerry. Ich saß einfach zu Hause, kümmerte mich um meine eigenen Sachen, und da standen sie plötzlich.«
    »Warum?«
    »Wegen der Bombe, die sie in der Handelsbank hinterlegt hatten.«
    »Die, die nicht da war?«
    »Jemand hat sie gestohlen. Sie wollten, daß ich sie zurückhole.«
    »Warum du, Al?«
    Meine Herzdame hatte dieselbe Frage gestellt. Ich wiederholte, was man mir gesagt hatte: »Weil ich allein arbeite.«
    »Also, was ist passiert?«
    »Sie sagten, wenn ich nicht nach ihrer Bombe suchen würde, würde es niemand tun.«
    »Ach ja?«
    »Sie sagten, ich sei die einzige Chance, denjenigen, der die Bombe gestohlen hat, davon abzuhalten, sie zu benutzen und vielleicht jemanden zu töten.« Ich drehte mich zu ihm um. »Ich höre, bei der Explosion wurde jemand verletzt.«
    »Ja. Die Ärzte glauben aber nicht, daß er sterben wird.«
    »Na, immerhin etwas.«
    »Also, warum bist du nicht gleich zu mir gekommen?« fragte er.
    »Sie waren sehr nervös. Sie haben mit Argusaugen aufgepaßt, ob ich zu den Bullen ginge. Sie sind mir gefolgt und haben mich bedroht. Sie haben viel zu verlieren, wenn man sie schnappt, und sie mußten sich davon überzeugen, daß sie mir trauen konnten. Ich weiß nicht. Ja, ich hätte zu dir kommen und sie auffliegen lassen können. Aber es schien mir wichtiger, die verschwundene Bombe zu finden. Also hab ich es nicht getan. Statt dessen habe ich sie versprechen lassen, daß sie, solange ich an dem Fall arbeitete, keine neuen Bomben legen würden.«
    »Und?«
    »Ich bekam heute morgen die Nachricht, daß sie ihr verschwundenes Päckchen ›gefunden‹ hätten und meine Dienste nicht mehr benötigten. Ich dachte, sie hätten die Bombe gefunden und gezündet.«
    Wir saßen einen Augenblick

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