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Anständig essen

Anständig essen

Titel: Anständig essen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Duve
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Jiminy.
    »Wieso nicht«, rufe ich. »Haustiere spielen zum Beispiel viel mehr als Wildtiere – immer vorausgesetzt, dass sie anständig gehalten werden. Einfach weil sie nicht so unter Stress stehen.«
    »Oder weil ihnen langweilig ist. Falls sie überhaupt spielen. Meinst du nicht, dass du die Bio-Tierhaltung etwas zu rosarot siehst?«
    Leider weiß ich nur zu gut, dass Jiminy recht hat. Schließlich lese ich jede Woche zwei Bücher zum Thema. Seit mit Bio-Produkten dicke Profite einzufahren sind, interessieren sich nicht nur vollbärtige Idealisten für ökologische Landwirtschaft, sondern auch Menschen, denen es vor allem ums Geld geht. Natürlich gibt es auch noch die kleinen Familienbetriebe, die sich oft sogar strengere Vorschriften auferlegt haben, als es das Bio-Siegel der EG -Öko-Verordnung vorschreibt, und bei denen 20 Rinder auf der Weide stehen und eine Hühnerschar mit Hahn über den Hof läuft. Aber Eier aus solcher Haltung findet man allenfalls im angeschlossenen Hofladen, auf dem Wochenmarkt und in kleinen Bio-Läden vor Ort. Auch das durchschnittliche Bio-Huhn ist ein Massentier, es hat es nur nicht ganz so schlimm wie seine unökologisch gehaltenen Schwestern. Die Bio-Eier, die man im Discounter kaufen kann, stammen aus agrarindustriellen Betrieben, die durchschnittlich 17 500 Legehennen halten. Bis zu 3000 Hennen dürfen in einem Stallabschnitt zusammengepfercht werden – mit Auslauf natürlich. Aber bei Gruppenhaltungen mit mehr als 500 Tieren nutzen viele Hennen den angeschlossenen Auslauf gar nicht mehr, weil es für siezu beängstigend ist, an so vielen Hennen vorbeizumarschieren. Auch 300 Rinder in Ställen von Bio-Fleisch-Produzenten sind keine Seltenheit mehr. Es gibt sogar Agrarunternehmer, die in der einen Halle arme Kreaturen für den Fleischbedarf des herkömmlichen Marktes mästen und in einer zweiten Halle, gleich nebenan, Bio-Tiere mit Auslauf halten – was die Kontrolle über die Herkunft eines Steaks nicht gerade erleichtert.
    Natürlich ist es erst einmal erfreulich, dass Bio-Produkte so beliebt und normal geworden sind, dass man sie auch in den großen Supermärkten findet. Und bei Obst, Gemüse und Getreide mit dem Bio-Siegel kann man sich wohl auch darauf verlassen, dass es tatsächlich ohne chemische Gifte und künstlichen Dünger hergestellt worden ist. Nur werden über die Konzentration auf die chemiefreie Ackerpflege andere, ebenso wichtige Aspekte wie Regionalität und Tierschutz gern vergessen. Das oberste Gebot der Discounter ist – wie schon der Name sagt –, alles so billig wie möglich anzubieten. Also wird auch stets die billigste Bio-Ware eingekauft – und wenn man sie quer durch Europa herbeikarren muss.
    Ein Bio-Schweinemäster, der den Teufelspakt mit einem Discounter eingehen will, muss unterbieten können, wenn billiges Bio-Fleisch auf dem Markt ist. Oder er bleibt auf seinen Koteletts sitzen. Also ist er gezwungen, die Vorgehensweise der herkömmlichen Fleischerzeuger nachzuahmen und nach immer rationelleren Produktionsmethoden zu suchen. Die Sorge um das Wohlergehen der Tiere steht dann erst einmal hintenan. Wenn in der Bio-Schweinehaltung maximal 50 % der Stallfläche aus dem für die Schweine unangenehmen, aber für den Landwirt äußerst praktischen Spaltenboden bestehen dürfen, dann werden auch mindestens 50 % des Stallbodens so gestaltet. Und wenn man den Ausgang zur Freilandanlage für die Hühner so legt, dass direkt der Wind darauf steht, dann gehen die Hühner gar nicht erst nach draußen, wo sie sich womöglich einen Schnupfen holen oder vom Habicht gefressen werden. Und das Freiland braucht dann auch nicht mehr instand gehalten werden. Das spart alles Geld. Der Öko-Lobby-Verband Agöl sorgt in der EU dafür, dass die Bedürfnisse der Tiere einer Profitmaximierung nicht im Weg stehen. Müssen Kühe wirklich auf die Weide, damit ihr Fleisch das Bio-Zertifikat bekommt? Reicht es nicht, wenn sie Bio-Futter bekommen? Und wenn sie schon im Stall stehen, kann man einem Betrieb nicht auch erlauben, sie nebeneinander anzubinden? Weil Gewinnstreben à la Discounter und das Wohl der Tiere nur schwer miteinander vereinbar sind, habe ich zu Jiminys Freude beschlossen, meine Bio-Lebensmittel wenn irgend möglich nur noch in reinen Bio-Läden wie der Bio-Company oder dem kleinen Eine-Welt-Laden in Strausberg zu kaufen.
    Der Strausberger Eine-Welt-Laden liegt in einer kopfsteingepflasterten Einkaufsstraße der Altstadt, wo die Parkgebühren zehn Cent für

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