Anständig essen
halbherzig damit einverstanden ist. Wenn er einen in Grund und Boden trampelt, ist er eher nicht damit einverstanden. Eigentlich das ideale Haustier für einen Veganer. Ich muss zugeben, dass es nicht nur die Hitze, die Insekten und mein antispeziesistisches Feingefühl sind, die mir die Entscheidung, ihn nicht zu reiten, leicht machen. Obwohl ich inzwischen schon mal wieder auf ihm gesessen habe und alles gut gegangen ist, reiße ich mich nicht gerade darum.
In der Nähe des Pferdestalls treffe ich Kater Simbo, der im Gras merkwürdige hohe Sprünge mit gewölbtem Buckel vollführt. Er hat eine Maus am Wickel. Schließlich lässt er sie ins Gras fallen und verpasst ihr mit der Pfote kleine, sanfte Ohrfeigen.
»Simbo«, brülle ich.
Er schaut zu mir hoch, und sein Blick sagt: Du hast ja keine Ahnung, was für ein Kick das ist. Jiminy würde jetzt wieder behaupten, da könne er nichts dafür, das sei schließlich seine Veranlagung, aber das Gleiche lässt sich natürlich auch von einem Serienmörder sagen.
Ich ziehe einen veganen Stiefel aus und werfe ihn nach dem Kater. Er flüchtet, und ich kann mir die Bescherung ansehen. Die Maus ist nicht tot. Simbo hat ihr nach Katzenart bloß die Wirbelsäule im Lendenbereich durchgebissen, sodass die hinteren Gliedmaßen gelähmt sind, damit er sie foltern kann, ohne dass die Maus eine Chance hat zu fliehen. Interessiert kommen jetzt die Hühner angerannt. Hühner zerreißen auch gern mal eine Maus. Mit schief gelegten Köpfen fixieren sie das Opfer, ohne ihr Tempo zu drosseln. Sie sehen aus wie diese fiesen, zweibeinigen Raptoren in den Dinosaurierfilmen – gierig, zielstrebig und völlig mitleidlos.
»Haut ab«, schreie ich sie an. »Mörder! Schweine! Ihr gehört doch alle in die Bratröhre.«
Aber das einzige Tier, das sich von meinem Geschrei einschüchtern lässt, ist Torino, das Sensibelchen. Schnaubend und die Augen rollend, trabt er durch seinen Auslauf. Die Hühner weichen keinen Zentimeter. Ich stülpe einen leeren Blumenkasten über die Maus, locke die Hühner mit Futter ins Hühnerhaus und sperre sie ein. Meine Wut über Simbo oder die Hühner ist natürlich eine einzige Heuchelei. Pferdefutter zieht Mäuse an. In Wirklichkeit profitierte ich davon, dass die beiden Kater so fleißige Mörder sind. Sonst müsste ich wahrscheinlich Fallen aufstellen und mir selber die Hände blutig machen. Ich wünschte nur, sie würden es auf eine weniger grausame Art erledigen. Ehrlich gesagt, finde ich Mäuse viel sympathischer als Katzen, aber das ist natürlich Geschmackssache. Was für ein schreckliches Leben sie haben: ein paar Wochen oder im besten Fall Monate voller Angst, und dann ein Tod wie aus einem Horrorfilm.
Jetzt sitze ich mit der halb gelähmten Maus da. Bis zur Körpermitte wirkt sie noch quicklebendig, nur äußerst gestresst. Alle dreißig Sekunden fängt sie an, sich zu putzen.
»Ist doch jetzt völlig egal, wie du aussiehst«, sage ich. Die Maus glättet ihr Brustfell. Ich kratze mich hinter dem Ohr. Dadurch, dass ich Simbo seinen Folterspaß verdorben habe, muss ich die Sache nun selber zu Ende bringen. Aber wie? An Autoabgasen zu ersticken soll ja angeblich schmerzlos sein. Man schläft einfach ein. Also starte ich den Ford, halte eine Plastiktüte an den Auspuff und fülle sie mit Abgasen. Dann setze ich die Maus hinein, halte die Tüte noch mal an den Auspuff und reiße sie gleich wieder herunter. Verdammt, werden die Abgase schnell heiß! Jetzt noch ein Gummiband.
Jiminy sitzt im Wohnzimmer und schaut Fußball. Quer über den Fernseher hat sie einen roten Wollfaden und an den Wollfaden die Sammelkarten von den Spielern der deutschen Nationalmannschaft gehängt, die es bei Rewe zu jedem Einkauf dazugab.
»Na endlich«, sagt Jiminy, »das Spiel ist gleich wieder vorbei. Ich dachte schon, ich müsste mir das allein ansehen.«
Ich setze mich zu ihr aufs Sofa. Neben mir, in einer roten Plastiktüte der Firma Esprit, stirbt langsam eine kleine Maus.
»Jogi Löw hat wieder seinen blauen Glückspulli an«, sagt Jiminy und grinst ironisch, aber doch auch etwas hoffnungsvoll.
»Jedes Mal wenn er den blauen Pulli anhatte, haben wir vier Tore geschossen. Jetzt darf er ihn nicht einmal mehr waschen.«
»Aha. Und warum haben dann ständig die anderen den Ball?«
»Es läuft nicht gut«, sagt Jiminy bedrückt, »wenn wir Glück haben, bleibt es 0:0 und wir gewinnen beim Elfmeterschießen.« Dann schreit sie auf – ein deutscher Spieler hat beinahe ein
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