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Antarktis 2020

Antarktis 2020

Titel: Antarktis 2020 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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nicht…«
    »Das ist doch nicht unsere Aufgabe, Harry«, gab Thomas zu bedenken.
    »Natürlich nicht«, bekräftigte Pjotr. »Und es wäre auch mehr als seltsam, wenn wir vier – oder meinetwegen noch ein paar mehr – hier eine Lösung finden.«
    Thomas sah im Halbdunkel, daß sich Pjotr aufgerichtet hatte. »Verstehe, ehrlich, die Objekt-Direktion nicht. Ich glaube, sie unterschätzt das Problem. Warum tut sich nichts?«
    »Ich denke, die Bohrmannschaft bagatellisiert die Vorfälle«, antwortete Thomas, »und die Kombinatsleitung hat sicher andere Sorgen…«, überlegte er.
    »Es gab schon Versuche«, sagte René leise, »aber wohl mehr aus Routine. Und wen oder was sollte man jetzt noch hinschicken? Panzer? Wir haben genug hier. Etwas anderes kann ich mir nicht mehr vorstellen. Wir mit unserem gesamten Kombinat sind hilflos, versteht ihr? Auch die Leitung ist es. Wir machen einen Bogen um Achourat, ihr werdet sehen. Eine andere Lösung gibt es nicht!«
    »Na, na«, sagte Pjotr, »abgesehen von den Kosten, das liegt auf der Hand; aber das gesamte Projekt wird in Frage gestellt, wenn wir das Wadi verlassen und eher nach Süden abbiegen. Wir können dann die Flüsse nicht einbinden, die während der Regenzeit Wasser führen. Damit geht die Wasserbilanz nicht auf.«
    »Müssen wir eben weiter ausholen, im Norden um Achourat herum.« René beharrte auf seinem Standpunkt.
    »Damit kämen wir in die Ausläufer der nordwestlichen Hügelketten. Was das für einen Aufwand erfordern würde! Nein, im Wadi müssen wir schon bleiben.«
    »Und einen Schlenker?« fragte Thomas.
    »Natürlich wäre ein Schlenker möglich«, sagte Pjotr. »Möglich ist prinzipiell alles. Es fragt sich nur, wie teuer solche Möglichkeit erkauft wird.«
    »Langsam!« Der Einwand Renés klang beinahe ärgerlich. »Ganz davon abgesehen, daß die Kosten gar keine Kosten im Sinne von Geld sind, das ist zum Glück passe, da hast du natürlich recht. Es ist mir klar, daß auch bei einem Schlenker die Uferfelsen des Wadi durchbrochen werden müssen, daß zusätzliche Verfestigungsarbeiten anfallen. Der Kanal wird länger, ein Kurvenausbau ist schon wegen der späteren Schiffahrt schwieriger, das übriggebliebene Dorf wäre uns bei allen Folgemaßnahmen immer im Wege und, und, und… Aber daß es um Menschen geht, um ihre Ansichten, Gefühle, um ihre Sphäre, das versteht ihr nicht. Manchmal denke ich, ihr seid Teile eurer Maschinen… Und was soll das schon mehr kosten, ich bitte euch! Es ist ein Milliardenobjekt, im hergebrachten Sinne gerechnet. Ein Schlenker macht vielleicht einige Millionen mehr… Beinahe lächerlich! Sollte uns das nicht der Friede mit den Leuten aus Achourat wert sein?«
    Eine Weile blieb es still. Dann sagte Deland, und Thomas war glücklich, daß gerade er es sagte: »Es wäre ein Pseudofriede, ein Vogel-Strauß-Verhalten. Schau, über kurz oder lang kommt auch der stolzeste Tuareg zu uns, verschwindet der letzte Anachronismus. Der Schlenker im Kanal aber bleibt. Sie halten uns auf im Vorwärtsgehen, verstehst du? Wir müssen die richtigen Worte, ihre Sprache finden, sie mitnehmen, so wie ihr mich mitgenommen habt…
    Ich weiß, das ist nicht leicht. Und wie es zu machen wäre, weiß ich nicht. Aber einen Kompromiß – nein!«
    »Die meisten von den ehemals adligen Tuareg auf dem Ahagah sind moderne Algerier geworden, sind in allen Bereichen der Volkswirtschaft tätig. Was dort vor fünfzig Jahren bereits begann und heute nun abgeschlossen ist, müßte doch hier auch möglich sein«, bemerkte Thomas.
    »Ich würde euch doch empfehlen, einmal hinzugehen«, sagte René heftig. »Ihr redet hier nur herum!« Etwas ruhiger fuhr er fort: »In Achourat leben Nachkommen des Dagralih-Stammes, sie sind damals aus Algerien gekommen, der neuen Macht ausgewichen. Freilich haben auch sie sich bereits angepaßt. Früher zogen sie durch die Sahara, zu stolz, um etwas anderes zu tun als zu kämpfen, hatten Leibeigene und Sklaven. Aber ihre angemaßte Existenzgrundlage, Karawanentribute, Abgaben von ihren Vasallen und Oasenbauern, gab es nicht mehr.
    Sie sind unter Achmed Kadam Amajah, einem Nachkommen des ehemaligen Königsgeschlechts, in ihre Oase Achourat, einen Stützpunkt des Sklavenhandels auf der Trasse vom Niger zum Ahagah, gezogen und selbst Bauern geworden.
    Vielleicht ist es nur ein Zeitproblem. Achmed Kadam Amajah müßte so um die achtzig Jahre alt sein. Wenn er einmal stirbt…«
    »Wir werden in den nächsten Tagen hinfahren«,

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