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Antarktis 2020

Antarktis 2020

Titel: Antarktis 2020 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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siechenden Brunnen kärglich das Leben fristen. Auch heute noch, aus falschem Stolz, aus Tradition und sicher auch deshalb, weil die Regierungen noch nicht die Mittel haben, ihnen echt zu helfen… Es war für einzelne Staaten ohnehin unmöglich, ein solches Objekt in Angriff zu nehmen. Thomas setzte sich auf eine Bank. Segensreiche Abrüstung, dachte er.
    Ihm fiel ein Gespräch mit Jack Beerson ein, der die Abrüstung als notwendig, aber für die Menschheit als Stagnation verursachendes Übel hinstellte. »Man hätte sie so umfassend erst durchführen dürfen, wenn es kein Privateigentum an Grundmitteln mehr gibt, verstehst du? Damit nicht die kapitalistische Ökonomie den Beschäftigungsgrad bestimmt, sondern, wie bei euch, ein Recht auf Arbeit besteht.«
    »Die Menschen brauchen die Gewißheit«, hatte Thomas geantwortet, »daß morgen nicht zerstört wird, was sie heute aufbauen. Das Vertrauen zur neuen Ordnung wächst mit ihren Taten. Und die Abrüstung ist eine solche Tat. – Neues und Altes überlappen sich häufig, die Geschichte hat es bewiesen.«
    Jack Beerson hatte dieses Gespräch nachdenklich gemacht, aber noch nicht überzeugt. Trotz solcher Meinungen, das fühlte Thomas jetzt wieder, trotz Harry Deland, trotz Neuber, Ann und Mike Paterthik, trotz der kurzarbeitenden Tochter des Bohrarbeiters Jack Beerson und trotz der vielen anderen Betroffenen – nein, gerade auch ihretwegen, auch der Leute von Achourat wegen – war sie notwendig, die Abrüstung.
    Unten kräuselte der Wüstenwind die Wasser des Kanals, Nigerwasser, alle drei Kilometer gespeist von halbentsalztem Grundwasser. Noch war er ein See, ein schmaler, sehr langgestreckter See, von Timbuktu vierhundert Kilometer nach Norden. Bei Achourat wird er wenden, wird nach Süden umbiegen und sich schließlich, nach abermals fünfhundert Kilometern Wüste, in seinem ursprünglichen Bett wiederfinden, sich in Burem mit seinen eigenen, in Timbuktu abgezweigten Wassern wiedervereinigen. Ein Projekt, das ein Gebiet von neunzigtausend Quadratkilometern völlig umgestaltet. Aber fließen muß sein Wasser im Kanal, überlegte Thomas, sonst wird er zum Salzsee, zum Schott, wie sie hier sagen. Verdunstung und das nur halbentsalzte Grundwasser würden dazu führen.
    Hinter den Pflanzungen lastete der Glast, der Wüstendunst, glühend jetzt, da die Sonne bald im Zenit stand. Thomas empfand die frische Kühle unter den Wedeln der Palmen, im Wasserstaub der Fontänen.
    Ich bin mit dabei, dachte er, und es erfüllte ihn mit Stolz. Vielleicht kamen ihm solche Gedanken, weil er allein war auf der Bank, auf der Lichtung. Sonst war dazu wenig Zeit. Er erinnerte sich an New Maori, an die harte Tätigkeit, in die ihn die Chefin eingespannt hatte. Und wie man gebraucht wird! Jeder, wenn er nur will, wird gebraucht.
    Einen Augenblick fiel Thomas sein Geziere in TITANGORA ein, wie kleinlich er damals dachte. Dabei war das noch keine vierzehn Monate her.
    Selbst solche wie Mike Paterthik werden wieder gebraucht. Er hat nicht mehr so gut, so überlegen ausgesehen, als sie ihn hereinbrachten nach seinen Hilferufen; beinahe zu spät für ihn… Bewähren wird er sich müssen!
    Thomas strich sich über den Körper. Er war eckiger geworden, die Unterarme gebräunt; er fühlte sich wohl. Es war schön gewesen in New Maori, beinahe schmerzlich der Abschied. Es blieb soviel unerledigt für einen. Die Flut von Aufgaben, die noch zu dämmen war! Thomas dachte an das Moholbohrloch, das bei 11560 Meter Tiefe endlich in flüssiges Magma gestoßen war. Wenn es gelang, die Gewalten zu bändigen, wird es die ozeanische Energiequelle…
    Aber auch hier ist es schön! Wieder ging Thomas’ Blick über das Camp. Auf dem Kanal zog ein Flügelboot einen Keil. Es sah wie ein Spielzeug aus und machte so das Menschenwerk in seinem gigantischen Ausmaß begreiflich.
    Ja, ich glaube, in diesem Kombinat bin ich richtig!
    Er sog die Luft tief ein. Ist das Glück? fragte er sich. Und plötzlich wollte er das alles nicht allein empfinden, jemand sollte dasein, der seine Empfindungen teilte, der ihn liebte. Das wäre vollkommen! Evelyn müßte…
    Thomas sprang auf. Aber sie ist doch! Und ich sitze hier herum.
    Er schüttelte, wie ein Hund das Wasser, alle Zweifel, daß der Besuch etwa nicht Evelyn sein könnte, von sich, warf noch einen Blick auf das Camp unten, auf die Fontänen und schritt dann auf dem Pfad weit aus.
    In wenigen Minuten stand er vor dem Gästehaus, einem Montagehaus im Stil der ersten

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