Antarktis 2020
Benzinmotor. »Ein Motor!« bemerkte Thomas überflüssigerweise.
Pjotr zuckte die Schultern, er wußte mit einem Motor in Achourat auch nichts anzufangen.
Dann standen sie vor dem Haus des Königs. Es unterschied sich lediglich in der Länge von anderen, seine Mauern waren nicht sehr lotrecht, nach hinten schlossen sich weitere Bauten an, so daß ein hofähnliches Gebilde entstanden war.
stand ein Mann, der dem Tuareg, der mit der Gruppe kam, aufs Haar glich. Pjotr tauschte einen Blick mit ihrem Begleiter, worauf dieser vortrat. Er hob grüßend die Hand und begann schnell in einer sehr kehllautigen Sprache zu sprechen.
Der in der Tür hörte aufmerksam zu, dann verneigte er sich und gab den Eingang frei.
»Wir können hineingehen«, sagte Pjotrs Tuareg auf englisch. »Danke, Mulud«, sagte Pjotr. »Ist das – Amajah?«
Die Augen unter dem Schleier schienen zu lächeln. »Nein«, sagte Mulud, »Abdel Kadam Maklih, sein Sohn. Wir werden Glück haben, wenn wir den König zu sehen bekommen.«
Pjotr zuckte abermals die Schultern, dann gingen sie zögernd hinein.
In dem dämmrigen Raum hielt sich niemand auf. Der Tuareg, der sie empfangen hatte, betrat nach ihnen die Hütte. Er lud mit einer Handbewegung zum Sitzen ein. Sie ließen sich im Halbkreis auf die ausgebreiteten Felle nieder.
Beinahe hätte Thomas einen Ruf des Erstaunens ausgestoßen. In seinem Blickfeld befand sich, auf einer mit Fell behangenen Kiste, ein Fernsehapparat.
Pjotr Sokolow überlegte. Der kühle Empfang, der Fernsehapparat brachten sein Konzept durcheinander. Wie beginnen?
»Mulud, sage ihm genauer, wer wir sind, und sage ihm auch, daß wir gekommen sind, den König zu bitten, den Bau des Kanals zu gestatten.«
Mulud winkte ab. »Das ist hier nicht Sitte, gleich mit der Tür ins Haus zu fallen. Ich werde ihm erst sagen, daß uns das Dorf gefällt, daß sie großartige Kamele haben, und werde in deinem Namen wünschen, Allah möge seinen Segen nicht von den Tuareg nehmen.«
Pjotr Sokolov hatte bei diesen Worten Muluds Maklih beobachtet. Er glaubte gesehen zu haben, wie sich um die Augen des Mannes winzige Fältchen gebildet hatten, als lache er unter seinem Schleier.
Mulud begann zu sprechen. Seine Worte waren offensichtlich sehr ausdrucksstark, jedenfalls deuteten das Pathos seiner Stimme und die Gesten darauf hin, freilich ohne den geringsten Eindruck bei Maklih hervorzurufen.
Pjotr bemerkte, daß sich die Fältchen um dessen Augen vertieften.
Plötzlich unterbrach er Mulud. Er sagte, gebrochen, aber sehr verständlich in englisch: »Gebt euch keine Mühe, sagt, was ihr wollt. Wir können die Einleitung sparen.«
Mulud schwieg bestürzt. Pjotr wurde ein wenig rot. »Wir sind gekommen, um euch zu bitten, uns beim Bau des Kanals nicht zu behindern, sondern auf die Vorschläge der Regierung in Bamako einzugehen. Ihr wißt, daß es euer Nachteil nicht ist.« Es war vielleicht zu vordergründig, wie Pjotr in einem Atemzug die Mission der Gruppe, aber auch seinen Standpunkt darlegte. Wahrscheinlich wirkte die Überraschung nachhaltig, einen englisch sprechenden Tuareg zu treffen, der noch dazu einen Fernsehapparat besaß.
Nach Pjotrs Worten entstand eine Pause. Dann sagte Maklih: »Hast du einen neuen Gesichtspunkt? Das, was du sagst, haben die anderen vor dir auch schon gesagt.«
Pjotr wurde zusehends verlegen. Wie es schien, scheiterte ihre Mission, noch ehe sie richtig begonnen hatte.
»Sie bieten nichts an, stellen uns auch nicht die Familie vor«, raunte René. »Das bedeutet nichts Gutes!« Er hatte deutsch gesprochen. Schließlich war nicht anzunehmen, daß der Tuareg auch noch diese Sprache beherrschte.
»Das Leben wird schöner, leichter für euch durch den Kanal!« Pjotr flüchtete sich in Gemeinplätze.
»Allah hat uns diesen fruchtbaren Flecken geschenkt, wir haben zu essen, sind zufrieden«, sagte Maklih abweisend. Er erhob sich. Anscheinend war das ein Zeichen, daß er die Unterredung für beendet hielt.
Mulud stand ebenfalls auf. Die anderen folgten zögernd. Jack Beerson war unruhig geworden. Er klopfte unauffällig an den kleinen mitgebrachten Koffer, der neben ihm stand, und versuchte, Pjotrs Aufmerksamkeit zu erregen. Sie wechselten einen Blick. »Gestatte, Abdel Kadam Maklih«, beeilte sich Pjotr zu sagen. »Unser Freund René Tours genoß eure Gastfreundschaft. Ihr habt ihm das Leben gerettet.«
Pjotr gebrauchte offenbar eine List. Wahrscheinlich war die Sache mit Beersons »trojanischem Gaul«
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