Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Antarktis 2020

Antarktis 2020

Titel: Antarktis 2020 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:
ursprünglich anders geplant gewesen.
    Thomas sah über Renés Gesicht einen Anflug von Erstaunen huschen. Dann blickte er zu Pjotr, gespannt, was nun kommen sollte.
    »Aus Dankbarkeit will ich euch, den Bewohnern von Achourat, das hier übergeben.« Mit diesen Worten stellte Pjotr den Koffer vor Maklihs Füße, eine Rolle in einer Hülle dazu, und Beerson legte noch eine Plastebox hin.
    Maklih blickte ein wenig irritiert.
    Thomas kam plötzlich die Erleuchtung. Eine Filmapparatur! In die entstandene Pause hinein sagte er: »Aïfe, die Tochter der Goslah, die unseren Freund gepflegt hat, könnte es allen zeigen.«
    »Was ist es?« fragte Maklih. Er schwankte offenbar zwischen abweisender Würde und Neugier.
    »Es möge eure Feste noch schöner machen, die Menschen in eurem Dorf fröhlicher und die Weisen noch weiser«, sagte Pjotr.
    Alle Wetter, dachte Thomas. Pjotr ist noch vielseitiger, als ich dachte.
    Jack Beerson wies, Pjotrs Worte gleichsam unterstreichend, auf die Kisten und den langen Sack.
    Maklih machte eine unsagbar huldvolle Handbewegung, die keinen Zweifel an der Gnade ließ, mit der die Bitte gewährt wurde. Doch dann fragte er erneut: »Was ist es?«
    »Eine Stereofilmapparatur«, sagte Beerson beiläufig, und schnell fügte er hinzu, mit einer Armbewegung zum Fernseher hin: »Es ist das Neueste und Beste. Eindrucksvoller als Fernsehen.«
    Maklihs Blick wurde abweisend: »Für alle ist das?« fragte er. »Ja«, antwortete Beerson. »Wenn du gestattest, führen wir dir das Gerät vor. Wir geben dann dem Mädchen gern die Unterweisung.«
    In dem Tuareg ging etwas vor. Offenbar kämpfte er um einen Entschluß. Dann sagte er: »Der Fernseher ist nur für die Königsfamilie.«
    »Der neue Apparat ist anders. Du kannst den Leuten zeigen, was du ausgewählt hast. Du kennst doch ein Kino?«
    Als der Tuareg würdig nickte, sagte Beesson etwas unpassend: »Na also.« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Sollen wir beginnen?«
    Ein hartnäckiger Bursche, dachte Pjotr Sokolov. »War der Apparat als Geschenk gedacht?« fragte Thomas leise.
    »Ach wo«, sagte Pjotr, »aber wenn es nützt. Laß Jack nur machen.«
    René war nervös. Er hielt sich immer in der Nähe des Eingangs auf und ließ sich keine Gelegenheit entgehen, hinaus auf den Dorfplatz zu äugen. Jetzt stellte er sich sehr bereitwillig mit zur Verfügung, die Apparatur aufzustellen.
    Abdel Kadam Maklih rief etwas in den Hof. Ein Mädchen tauchte auf, lief scheu an den Männern vorbei nach draußen. Wenig später tönte ein Kindhi, jemand rief einen längeren Text.
    Jack Beerson und seine Kollegen überquerten den Dorfplatz. Endlich hatten sie eine Stelle gefunden, einen überdachten Lagerschuppen, der dämmrig genug war. Dort stellten sie die Projektionswand auf.
    Die Menschen kamen zögernd.



Thomas staunte über die Unterschiedlichkeit der Bewohner von Achourat. Die meisten schienen südlichen Völkern Zentralafrikas anzugehören. Ehemalige Sklaven oder Hörige der Tuareg? Ehemalig? Wie weit war das Neue in dieses Dorf gedrungen? Verschleierte Männer kamen nur wenige. Thomas zählte fünf oder sechs. Die herrschende Schicht?
    René Tours lief aufgeregt hin und her, obwohl dazu keine Veranlassung bestand. Projektionsapparat und Wand standen, der Film war eingelegt.
    Thomas beobachtete René. Plötzlich blieb dieser wie angewurzelt stehen und ging dann einem Mädchen, das mit ihren Eltern auf den Platz kam, steif entgegen. Er verbeugte sich vor der Mutter, dann hielt er das Mädchen an beiden Händen und sah ihr glückstrahlend ins Gesicht.
    In Thomas stieg eine eigenartige Rührung hoch. Was soll das nur werden? fragte er sich.
    Die Situation war eigenartig. Offensichtlich brachte das Verhalten Renés die Eltern des Mädchens in Verlegenheit. Sie wandten sich ab in der Annahme, daß die Tochter ihnen folgen würde. Doch sie dachte nicht daran. Thomas war es, als wechselten der Vater des Mädchens und Maklih über die blauen Schleier hinweg einen Blick. Jedenfalls nahm danach der Vater das Mädchen an der Hand und zog es von René mit sanfter Gewalt weg. René machte einen Schritt hinterher, blieb dann unentschlossen stehen und ging niedergeschlagen zum Projektor.
    Thomas fühlte Wut aufsteigen. Es war das Unwürdigste, was er je gesehen hatte. Hier schien sich ein mittelalterliches Drama anzubahnen, geboren aus Rückständigkeit, falschem Stolz und bewußter Manipulation, ja Manipulation. Hinter der Mauer tuckerte ein Benzinmotor, im

Weitere Kostenlose Bücher