Antarktis 2020
Tom?« fragte er, »ich brauche ja heute Direktverbindung mit euch. Haben sich Kamelreiter anders besonnen, wie? – Also – was gibt’s?«
»Pjotr, paß auf«, begann Thomas, darauf bedacht, möglichst klar und einfach zu formulieren, »du bist nicht mein Vorgesetzter, aber mit dem komme ich nicht klar. Wir befinden uns in der Nähe unseres Einsatzortes – im Augenblick noch. In wenigen Minuten wollen wir nach Norden starten…« Er erläuterte, warum und wohin.
Pjotr hörte ohne Unterbrechung zu. Als Thomas zu Ende gesprochen hatte, sagte er in gewöhnlichem Tonfall: »Ihr seid verrückt geworden, wie? Ist euch klar, ja? Ihr wißt, daß es Konsequenzen gibt! Ich frage mich, was ihr erreichen wollt? Daß sie das Mädchen mit euch ziehen lassen, gut! Und wenn nicht? Na was? Weißt du auch nicht, siehst du! Wenn ich dein Chef wär, ich gäbe Erlaubnis auch nicht.«
chelte. »Billigen oder gar dich decken kann ich nicht, aber flieg in Allahs Namen!«
Thomas atmete auf.
»Wenn ihr weg seid, werd ich mit Direktorin sprechen«, redete Pjotr weiter, »sie kommen wegen Kamelreiter sowieso heute hierher. Denk nicht, daß einer zustimmt, aber wissen müssen sie, wo ihr euch herumtreibt. Also – macht’s gut!«
Thomas hielt nachdenklich den Finger auf dem Kippschalter, dann sagte er: »Na, fliegen wir los! Worauf wartet ihr? Vielleicht fällt uns unterwegs etwas ein.«
René zeigte sich freudig erregt, obwohl dazu keinerlei Grund vorlag. Thomas glaubte auch, die Erwartungen dämpfen zu müssen, damit eine Enttäuschung später nicht so weh tat. Er wandte sich an René: »Bist du dir über die Chancen im klaren, die wir haben? Es wird schon schwer sein, sie zu finden…«
So war es dann auch. Nach einer guten halben Stunde hatten sie das in Frage kommende Gebiet erreicht. Wie ein erstarrter Ozean lag das Terrain unter dem LUMO, geschummerte Dünen, Sand, so weit das Auge reichte. Selbst die für die Sahara typischen Felsbrocken fehlten in diesem Abschnitt. Unvorstellbar, daß sich hier Menschen längere Zeit aufhalten konnten. Natürlich waren keinerlei Spuren von irgendwelchen Lebewesen auszumachen.
Renés Gesicht drückte Enttäuschung aus.
»Na«, sagte Deland ein wenig zu forsch, »was hast du gedacht? Kam, sah, siegte? Nein, mein Lieber, das wird ein mühsames Geschäft.«
Nachdem sie eine weitere halbe Stunde kreuz und quer über Dünen, Sand und dann auch wieder Geröll geflogen waren, sagte Thomas: »Wir handeln falsch, zu unsystematisch. Richtige Anfänger. Wahrscheinlich sind sie gar nicht schnurstracks nach Norden geritten.«
»Also – erst mal zurück«, bemerkte Deland. Er hatte verstanden. »Ja, zurück nach Achourat«, bestätigte Monig.
René Tours schien nicht einverstanden. Er verkniff sich jedoch jede Bemerkung.
Deland flog Höchstgeschwindigkeit. Unten verschmolz alles zu einem endlosen, schwindelerregenden graugelben Band.
In weniger als dreißig Minuten hatten sie den Ort erreicht. Es war wohltuend, wieder Grün zu erblicken; aber es zeigte sich aus der Luft so recht deutlich, wie dürftig und klein diese Wasserstelle Achourat in Wirklichkeit war…
Nachdem sie das Dorf einigemal in geringer Höhe und mit niedriger Geschwindigkeit umkreist hatten, mit einer Schar johlender, winkender, rennender Kinder im Gefolge, ergab sich: Neben etlichen Einzelspuren zeichneten sich drei bedeutendere ab. Eine nach Nordosten, wahrscheinlich verursacht von der ersten Gruppe der Tuareg, die mit dem König waren. Die zweite, kleinere Fährte, sehr scharf gekennzeichnet, hatten vermutlich die Reiter gezogen, die sie am Morgen getroffen hatten. Die Richtung zeigte deutlich nach Süden, zum Wadi.
Die dritte Spur führte genau nordwärts. Es mußte die gesuchte sein.
Das LUMO landete etwa einen Kilometer vom Dorf entfernt, um der Kinderschar zu entgehen. Sie stiegen aus und betrachteten die Spur näher. »Haben wir ein Glück«, bemerkte Deland.
Tours und Monig wußten, was er damit meinte. Eine breite Mulde und an deren Rändern flache, in den Sand gedrückte Kegelstümpfe zogen sich nordwärts. Hätte der Samum nur mäßig geblasen…
Die Spuren ließen auf die Anzahl der Kamele keinen Schluß zu. Sie waren hintereinander gelaufen, in Karawanenformation.
Thomas lächelte. Ihm war eingefallen, wie er als Fünfjähriger alte, vom Vater auf Videoplatten gespeicherte Indianerfilme mit den Augen gleichsam verschlungen hatte, serienweise. Der Indianerheld suchte und las ebenfalls Spuren, freilich mit
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