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Antarktis 2020

Antarktis 2020

Titel: Antarktis 2020 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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würde. »Ihr denkt, ihr seid human – wie weiland die rettenden Engel –, weil ihr die Abrüstung erzwungen habt. Noch jahrzehntelang werdet ihr Probleme damit haben.« Jetzt lachte er bitter auf. »Noch jahrelang werdet ihr euch mit solchem Abschaum wie mir auseinanderzusetzen haben. Oder meint ihr…«, höhnte er, »… daß sich die Millionen Amerikaner, die noch vor kurzem durch die Armee einen Job hatten, so schnell in unsere überzüchtete rationalisierte Wirtschaft eingliedern lassen? Schau dir einen Idioten wie mich an. Was hatte ich in der Armee auszustehen? Und jetzt? Jeder Hergelaufene darf mich schurigeln, wie er will, anschließend liege ich auf der Straße. Ihr habt ja keine Ahnung, wie es bei uns wirklich aussieht – trotz der mit euch paktierenden sogenannten Volksregierung.«
    Thomas hätte zu Delands Ausbruch schon einiges sagen können. Vieles hatte ihn zum Widerspruch gereizt. Aber er befürchtete, daß Deland dann wieder verstockt schweigen würde.
    Deland war auf sein Lager zurückgesunken. Er sprach gleichsam zu sich selbst, den Blick zur Iglukuppel gerichtet. Thomas fiel ein, daß sie wieder die meteorologischen Daten ablesen mußten, da der Orkan vorüber war. Auf eine Ablesung mehr oder weniger kam es aber nun auch nicht mehr an.
    Deland sprach weiter. Er sprach leise, aber voll bitteren Hohns: »Schau dir Richard an, den stets fröhlichen Mammutfahrer. Er treibt sich schon das dritte Jahr hier herum. Er war einer der ersten. Denkst du, der ist noch hier, weil es ihm in der gottverlassenen Gegend gefällt? Nachdem er entlassen war, kam er nach einem Vierteljahr heruntergewirtschaftet wieder. Seine liebe Frau war mit einem lukrativeren Herrn durchgebrannt. Richard hatte bereits einiges auf dem Kerbholz. Nur weil er Spezialist für eure Mammuts war, haben sie ihn wieder genommen.«
    »Aber er macht doch einen so optimistischen Eindruck«, warf Thomas ein.
    »Eben, Eindruck«, sagte Deland. »Du mußt ihn mal erleben, wenn er angetrunken ist.«
    »Aber ihr könnt doch alle hier bleiben«, sagte Thomas, den schüchternen Versuch, ein richtiges Gespräch in Gang zu bringen, fortsetzend.
    »Ihr denkt wohl, daß jeder so fortschrittlich ist wie ihr, daß er diese Handschinderei bei so irrsinnigen Bedingungen noch als Auszeichnung empfindet. Schau dich doch an: Wühlst unten im Eis herum, Tag und Nacht, machst einen Fehler…«, hier lachte Deland kurz auf, »… und zur Bewährung schickt man dich in den Orkan. Und du muckst nicht, bist noch dankbar dafür.«
    Der Mensch begann an wunde Stellen zu rühren. Außerdem ging er wirklich zu weit. Thomas sagte: »Ich glaube, das verstehst du noch nicht. Dazu muß man bei uns groß geworden sein. Ja, ich bin stolz darauf, an so einem Objekt mitzuwirken. Hier muß man zeigen, was man kann, hier kommt es noch auf den einzelnen an, noch mehr auf das Kollektiv – anders als in den vollautomatisierten Betrieben der Wohngebiete. Einer muß sich auf den anderen verlassen können – aber das begreifst du sicher noch nicht.« Es ging Thomas gut über die Lippen. Und im Grunde genommen war er sogar überzeugt davon, daß es so war, nur so sein konnte. Daß nach seiner Meinung mit ihm selbst eine bedauerliche Ausnahme geschah, ging niemanden etwas an.
    »Ach, hört doch mit dem Gequatsche auf!« Deland richtete sich wieder auf und sah Thomas geringschätzig an. »Ihr redet und redet. Und wenn mal einer anders ist, nicht in euer Bild vom fortschrittlichen Menschen paßt, dann ist er ein Dummkopf, ein Querulant, so wie ich, dann versteht er euch nicht.«
    Deland näherte sich einer Grenze, jenseits der er die Beherrschung zu verlieren drohte.
    Thomas winkte beschwichtigend ab, dachte gleichzeitig an seinen hinkenden Geysir-Vergleich und meinte, daß jetzt der Zeitpunkt gekommen sei, zu dem man von der aufschießenden Wassersäule zurücktreten mußte. Deland war aufgesprungen, stand mit nervös auf dem Rücken verschränkten Fingern vor dem blinden Iglufenster. Dann drehte er sich jäh um und rief: »Ich will meine Ruhe haben, verstehst du, meine Ruhe.« Er schlug sich mit der Faust auf die Brust. »Meine paar Dollars verdienen und Ruhe haben und nicht immer nur, Tag und Nacht, das machen müssen, was andere sagen, verstehst du das?« Deland schrie jetzt. Auf seiner Stirn und seinem Hals traten die Adern hervor. Seine gelben Wangen bekamen einen rötlichen Schimmer. »Ich habe das satt, euch alle habe ich satt – das Leben hier, überhaupt alles!«
    Plötzlich

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